Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 240/1996 vom 20.05.1996

Teilnahmerecht von Ratsmitgliedern an Aufsichtsratssitzungen einer gemeindlichen GmbH

Um allen Ratsmitgliedern ein unbeschränktes Anwesenheitsrecht an den Aufsichtsratssitzungen einer gemeindlichen GmbH zu ermöglichen, hatte der Rat einer Mitgliedsstadt beschlossen, in dem Gesellschaftsvertrag des kommunalen Unternehmens folgende Bestimmung zu verankern:

"Die Mitglieder des Rates der Stadt haben das Recht, als Zuhörer an den Aufsichtsratssitzungen teilzunehmen".

Insbesondere mit Rücksicht auf die Funktion des Aufsichtsrates einer GmbH, die insoweit erforderliche strikte Vertraulichkeit und auch die hiermit verbundene Einschränkung des Öffentlichkeitsprinzips hat das OVG NW mit Beschluß vom 21.12.1995 (15 B 3199/95) festgestellt, daß die vorbezeichnete Bestimmung des Gesellschaftsvertrages gesellschaftsrechtlich und kommunalrechtlich unzulässig ist. Zur Begründung führt das Gericht u.a. folgendes aus:

"Die Rechtswidrigkeit der mit dem aufgehobenen Ratsbeschluß angestrebten Änderung des Gesellschaftsvertrages ergibt sich aber daraus, daß die vorgesehene Öffnung der Aufsichtsratssitzungen für eine Teilnahme der Ratsmitglieder als Zuhörer sich sowohl gesellschaftsrechtlich als auch kommunalrechtlich als unzulässig erweist.

Insoweit bedarf es hier keiner Klärung, ob § 109 des Aktiengesetzes (AktG), nach dessen Abs. 1 an den Sitzungen des Aufsichtsrats Personen, die weder dem Aufsichtsrat noch dem Vorstand angehören, nicht teilnehmen sollen, trotz der fehlenden Inbezugnahme dieser Regelung in § 52 Abs. 1 des GmbH-Gesetzes für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH entsprechend gilt. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, daß § 109 AktG keine zwingende Vorgabe dafür ist, wie der Gesellschaftsvertrag der GmbH die Teilnahme an Sitzungen des Aufsichtsrats regeln kann, so ist damit jedenfalls nicht die Möglichkeit eröffnet, allen Mitgliedern des Rates im Wege des hier vom Rat der Antragstellerin vorgesehenen Gesellschaftsvertrages der Stadtwerke ein Recht zur Teilnahme an den Aufsichtsratssitzungen als Zuhörer zuzusprechen. Die Ausgestaltung eines Gesellschaftsvertrages unterliegt nämlich - ungeachtet der grundsätzlich bestehenden Gestaltungsfreiheit - insoweit Einschränkungen.

- Siehe allgemein zu den Grenzen der Satzungsautonomie im Gesellschaftsrecht Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 15. Aufl., § 45 Rdnr. 5 ff . -

So darf Dritten ein Recht auf Teilnahme an den Sitzungen des Aufsichtsrats im Gesellschaftsvertrag nur insoweit zugesprochen werden, als dies mit der Stellung und den Aufgaben des Aufsichtsrats vereinbar ist.

- Siehe Baumbach/Hueck, a.a.O., § 52 Rdnr. 130 m.w.N. -

Der aufgehobene Ratsbeschluß mißachtet diese gesellschaftsrechtliche Vorgabe. Eine Ausweitung des Rechts zur Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen auf alle Ratsmitglieder - wenn auch lediglich als Zuhörer - birgt nämlich offenkundig die Gefahr in sich, die Ausübung der mit dem Aufsichtsrat obliegenden Überwachungsaufgaben wie auch die gebotene vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat zu erschweren, wenn nicht gar unmöglich zu machen. Sie ist darüber hinaus ersichtlich geeignet, die Effizienz des wirtschaftlichen Handelns der genannten Gesellschaftsorgane nachhaltig zu beeinträchtigen. Dies hat das Verwaltungsgericht im einzelnen zutreffend dargelegt, so daß zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hierauf bezogenen Ausführungen in dem angefochtenen Beschluß verwiesen wird.

Eine in diesem Sinne gegenüber den Interessen des Aufsichtsrats und der Gesellschaft rücksichtslose Einräumung eines Rechts zur Teilnahme an den Aufsichtsratssitzungen für alle Ratsmitglieder überschreitet aber nicht nur die bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages einzuhaltenden Grenzen der gesellschaftsrechtlichen Satzungsautonomie. Sie verletzt zugleich § 113 GO NW. Die dortigen Regelungen zielen einerseits auf eine mögliche effektive Wahrnehmung der gemeindlichen Interessen in den Unternehmen und Einrichtungen, konkretisieren andererseits aber auch die Schranken, die der Ausgestaltung der Vertretung und Beteiligung der Gemeinden in den Unternehmen in deren Interesse gesetzt sind. So sind die Vertreter der Gemeinde im Aufsichtsrat nach § 113 Abs. 5 GO NW verpflichtet, den Rat über alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung frühzeitig zu unterrichten. Für ein die Interessen der Gesellschaft vernachlässigendes Teilnahmerecht aller Ratsmitglieder an den Aufsichtsratssitzungen läßt diese Regelung keinen Raum. Insoweit erweist sie sich - wie das Verwaltungsgericht zutreffend formuliert hat - als Schutznorm, gegen die der beanstandete Ratsbeschluß verstößt."

Mit dieser Entscheidung bestätigt das OVG NW mittelbar auch die geschäftsstellenseitig in der Vergangenheit eingenommene Rechtsauffassung, daß GmbH-Aufsichtsratssitzungen kommunaler Unternehmen - auch im Falle einer fakultativen Aufsichtsratsbestellung - grundsätzlich nichtöffentlich durchzuführen sind (vgl. hierzu: Mitt.NWStGB 1994, S. 114).

Az.: V/2-810-05

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