Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 453/1999 vom 20.07.1999

Strombezug der Stadtwerke Waldshut-Thiengen

Nach einer Entscheidung des Landgerichts Mannheim sind die Stadtwerke Waldshut-Thiengen nicht mehr an einen im Jahre 1996 auf zehn Jahre geschlossenen Stromliefervertrag mit der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) gebunden. Ausgelöst wurde der Rechtsstreit durch die Absicht der grenznah zur Schweiz gelegenen Stadtwerke, sich künftig von dem Schweizer Versorgungsunternehmen Aare Tessin AG versorgen zu lassen. Hiergegen war die EnBW mit einer Klage vorgegangen, in deren Rahmen die Weitergeltung des Liefervertrages festgestellt werden sollte.

Zwischen EnBW und den Stadtwerken waren getrennte Lieferverträge für die Ortsteile Waldshut und Thiengen abgeschlossen worden. Diese enthielten u.a. Versorgungsgebietsabgrenzungen, Kundenschutzvereinbarungen und sog. salvatorische Klauseln. Regelungen über Strommengen- und Preise wurden gesondert vereinbart. Diese Zusatzvereinbarungen hatten die Stadtwerke gekündigt und sich hierbei auf die durch das neue Energiewirtschaftsgesetz geschaffene Rechtslage, insbesondere den Wegfall der Freistellung von Demarkationsabsprachen vom Wettbewerbsbeschränkungsverbot berufen. Hiergegen wandte sich die EnBW, da nach ihrer Ansicht die Demarkations- und Gesamtbezugsvereinbarungen lediglich zulässige Teile eines Austauschverhältnisses sind.

Das von der EnBW angerufene Landgericht Mannheim hat die Rechtsauffassung der Stadtwerke bestätigt. Diese enthielten horizontale Vereinbarungen darüber, mit wem und in welchen Gebieten die Parteien Geschäftsabschlüsse tätigen dürfen. Es handele sich hierbei nicht um zulässige Teile eines Austauschverhältnisses, sondern Abreden, die in erster Linie dazu dienten, Dritte daran zu hindern, im Gebiet der Streitparteien als Stromversorger tätig zu werden. Die Kammer zeigte sich überzeugt, daß hierdurch die vollständige Aufteilung des Marktes nach sachlichen und räumlichen Kriterien zum Nachteil aller Letztverbraucher bewirkt werden sollte. Die somit aus § 1 GWB folgende Nichtigkeit der wettbewerbsbeschränkenden Abreden habe die Gesamtnichtigkeit der Verträge zu Folge. Dies folge allerdings nicht schon aus § 139 BGB, demzufolge die Teilnichtigkeit im Zweifel die Gesamtnichtigkeit eines Vertrages bewirkt, wenn nicht anzunehmen ist, daß dieser auch ohne die nichtigen Teile geschlossen worden wäre. Vielmehr hätten die Parteien durch eine salvatorische Klausel eine eigenständige Regelung geschaffen. Nach Wegfall der wettbewerbsbeschränkenden Klauseln über Gebietsaufteilung, Kundenschutz und Gesamtbedarfsdeckung verbleibe jedoch für die Stromversorgungsverträge - auch als Rahmenverträge - kein sinnvoller Inhalt mehr.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die EnBW hat bekanntgegeben, Berufung einzulegen. Dennoch hat sie die Durchleitung mittlerweile freigegeben. Neben den Stadtwerken Waldshut–Thiengen hatten auch die Stadtwerke Buchen, Gaggenau und Konstanz ihre mit der EnBW bestehenden langfristigen Bezugsverträge gekündigt. Auch gegen diese Maßnahmen geht die EnBW mit Feststellungsklagen vor.

Nach Ansicht des VKU sollte das bemerkenswerte Urteil nicht verallgemeinert werden. Jeder Vertrag sei einzeln zu beurteilen. Insbesondere aus Lieferbeziehungen, die im durch das neue Energiewirtschaftsgesetz geschaffenen Wettbewerbsrahmen eingegangen wurden, werde man sich wohl nicht lösen können. Insgesamt ist jedoch nicht zu bezweifeln, daß in Fällen, die ähnlich dem oben dargestellten gelagert sind, das mit einem Lieferantenwechsel verbundene Risiko durch die Entscheidung des Landgerichts Mannheim deutlich geringer geworden ist.

Az.: G/3 811-00

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