Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr

StGB NRW-Mitteilung 439/1999 vom 05.07.1999

Straßenreinigungsgebühren und Grundsteuer

Das Innenministerium des Landes hat sich jetzt auf Anfrage einer Mitgliedsgemeinde zu den Voraussetzungen eines Verzichtes auf die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren bei gleichzeitigem finanziellen Ausgleich über eine Grundsteueranhebung geäußert.

Gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenreinigungsgesetz NW alter Fassung waren die Gemeinden verpflichtet, von den Eigentümern der durch die Straße erschlossenen Grundstücke als Gegenleistung für die Kosten der Straßenreinigung eine Benutzungsgebühr zu erheben. Zum 01.01.1998 wurde die Vorschrift dahingehend geändert, daß die Gemeinden keine Gebühren mehr erheben müssen, dies aber weiterhin können.

In Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Geschäftsstelle - vgl. Mitt.NWStGB vom 05.02.1998, lfd. Nr. 67 - vertritt das Innenministerium die Auffassung, daß diese Kann-Bestimmung im engen Zusammenhang mit § 75 Abs. 3 GO NW zu sehen ist, nachdem der Haushalt der Gemeinde in jedem Jahr ausgeglichen sein muß, und mit § 76 Abs. 2 GO NW nachdem die Gemeinden ihre Einnahmen in erster Linie - soweit vertretbar und geboten - aus speziellen Entgelten für die von ihnen erbrachten Leistungen und erst in zweiter Linie aus Steuern zu beschaffen haben. Wenn den Gemeinden auch bei der Bestimmung des Vertretbaren und Gebotenen grundsätzlich ein Entscheidungsspielraum eröffnet sei, gelte die Verpflichtung zur vollständigen Ausschöpfung der Einnahmen allerdings in besonderem Maße für diejenigen Gemeinden, die bereits über längere Zeit hinweg ihre Haushaltsrechnungen mit einem Fehlbetrag abgeschlossen hätten. Hinter dieser Verpflichtung müßten andere Erwägungen, die ansonsten von einer Abgabenerhebung Abstand nehmen lassen könnten, zurücktreten.

Die Reichweite des Grundsatzes der Subsidiarität der Steuererhebung und des Zwangs "soweit vertretbar und geboten", die notwendigen Einnahmen in den verschiedenen Teilhaushalten aus speziellen Gebühren zu beschaffen bzw. diese auszuschöpfen, sei auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht habe in einem Urteil vom 11.06.1993 die Auffassung vertreten, daß den Gemeinden unter Inanspruchnahme der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz bundesrechtlich eingeräumte Hebesatzrecht nur durch den Bundesgesetzgeber selbst oder mit einer Ermächtigung landesrechtlich eingeschränkt werden könne. Der Bund habe die konkurrierende Gesetzgebung für die Gewerbesteuer in Anspruch genommen und in Erfüllung des bundesverfassungsrechtlichen Regelungsauftrags den Gemeinden gesetzlich das Recht zur Festsetzung der Hebesätze eingeräumt. Das Bundesverwaltungsgericht habe damit das Urteil des OVG Münster vom 07.09.1989 aufgehoben, das den Grundsatz der Subsidiarität der Steuererhebung und des Zwangs, die notwendigen Einnahmen in den verschiedenen Teilhaushalten aus speziellen Gebühren zu beschaffen bzw. dies auszuschöpfen, rigide angewandt habe. Die durch § 16 Abs. 5 GewStG den Ländern eingeräumten Einschränkungsmöglichkeiten des gemeindlichen Hebesatzrechts deckten diese vom OVG Münster bis dahin vorgenommene Auslegung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Die Aufhebungsgründe des Bundesverwaltungsgerichts beträfen damit in erster Linie das bundesgesetzlich geregelte Hebesatzrecht der Gemeinden; d.h., berührt seien somit nur die Grund- und Gewerbesteuern.

Das OVG Münster räumt deshalb (vgl. o.g. Urteil vom 29.09.1995) den Gemeinden bei der Bestimmung des Vertretbaren und Gebotenen in seiner neueren Rechtsprechung grundsätzlich einen Entscheidungsspielraum ein. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts dürfe dieser größer sein, wenn die durch den Gebührenverzicht entstandene Haushaltslücke durch eine Anhebung der Hebesätze über die Grundsteuer oder Gewerbesteuer gedeckt werden solle. Eine solche Entscheidung sei rechtlich insbesondere dann zu rechtfertigen, wenn hinzukomme, daß der Verwaltungsaufwand im Verhältnis zu den Gebühreneinnahmen in einem ungünstigen Verhältnis stehe und/oder der Anteil des Allgemeininteresses an der Straßenreinigung überdurchschnittlich hoch sei.

Az.: III/2 642-33/1

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