Mitteilungen - Jugend, Soziales, Gesundheit

StGB NRW-Mitteilung 296/2007 vom 04.04.2007

StGB NRW-Leitbild kommunaler Sozialpolitik

Der StGB-Ausschuss für Jugend, Soziales und Gesundheit hat in seiner Sitzung am 14.03.2007 die nachfolgenden Thesen zu einem StGB-Leitbild kommunaler Sozialpolitik verabschiedet. Die Thesen wurden von der Geschäftsstelle gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe aus kommunalen Praktikern entwickelt und bereits kürzlich in der StGB-Fachkonferenz „Soziale Daseinsvorsorge: Neuausrichtung kommunaler Kompetenzen und Handlungsfelder“ vorgestellt.

Aus Sicht des Sozialausschusses und der Geschäftsstelle ist das StGB-Leitbild kommunaler Sozialpolitik nicht statisch zu verstehen, es soll vielmehr einem Diskurs mit den Mitgliedskommunen zugeführt werden. Die Geschäftsstelle ist deshalb an Anregungen zur Weiterentwicklung des Leitbilds interessiert.

1. Im Vordergrund kommunaler Sozialpolitik muss die Stärkung des eigenverantwortlichen Handelns jedes Einzelnen und die Übernahme von Verantwortung für Mitmenschen stehen. Entscheidend für ein funktionierendes Gemeinwesen sind ein bürgerschaftliches – auch finanzielles – Engagement von Privaten und Unternehmen sowie eine volle gesellschaftliche Teilhabe aller Einwohner. Die Erhöhung der Lebensbewältigungskompetenzen zielt darauf ab, künftigen Sozialleistungsbezug oder Beratungsbedarf zu reduzieren bzw. zu vermeiden. Konkret muss sich diese Zielsetzung auch in individuellen Beratungsgesprächen niederschlagen, in denen dem Aufzeigen von vorrangigen Möglichkeiten zur Prävention und Selbsthilfe ein besonderer Stellenwert zukommt.

2. Die tiefgreifenden Reformen der Arbeits- und Sozialpolitik in den letzten Jahren mit erheblichen rechtlichen, finanziellen, organisatorischen und personalwirtschaftlichen Auswirkungen auf die kreisangehörigen Kommunen stellen die Sozialpolitik in den Städten und Gemeinden vor neue Herausforderungen. Den veränderten Rahmenbedingungen gilt es durch eine Neuausrichtung kommunaler Sozialpolitik im kreisangehörigen Raum zu begegnen. Die kommunale Sozialpolitik als Seismographin sozialpolitischer Anforderungen muss auch zukünftig eine bestimmende Größe der Kommunalpolitik bleiben indem sie neue soziale Fragen aufgreift und innovative Lösungen entwickelt. Erst ein gelingender sozialer Ausgleich stellt die Basis für wirtschaftliches Wohlergehen dar. Diese Perspektive muss sich auch bei der zielorientierten Steuerung des Neuen kommunalen Finanzmanagements niederschlagen.

3. Kommunale Sozialpolitik – präventiv ausgerichtet – will vorbeugen statt reaktiv durch Interventionen auf krisenhafte Situationen im Einzelfall zu reagieren. Ziel ist es, bedarfsgerechte Angebote zu initiieren und zu fördern, um die gesellschaftliche Teilhabe aller zu ermöglichen und soziale Disparitäten zu verhindern bzw. zu mildern.

4. Der präventive Ansatz kommunaler Sozialpolitik in kreisangehörigen Kommunen mit der Fokussierung auf die Lebensqualität ihrer Einwohner zwingt zu einer engen Abstimmung bzw. Verzahnung mit anderen Handlungsfeldern der Kommunalpolitik wie z.B. Bildung, Kultur, Wohnumfeld, Stadtentwicklung, Verkehr und Wirtschaft. Zukunftsorientierte Planungsprozesse, etwa die Schaffung bzw. Optimierung der Rahmenbedingungen für ein bedarfsgerechtes Wohnen sowie der Aufbau verbindlicher Frühwarnsysteme gerade auch für ältere Menschen, beugen späteren Fehlentwicklungen vor und vermeiden soziale Schieflagen sowie persönliche Notsituationen.

5. Zur Steuerung der sozialen Infrastruktur und eines wirkungsvollen Mitteleinsatzes sowie zur Vermeidung von Fehlentwicklungen in einzelnen Sozialräumen bedarf es der Weiterentwicklung der sozialfachlichen Instrumente zu einer kontinuierlichen Sozialberichterstattung. Sie liefert die erforderlichen Daten und Prognosen, um qualifizierte politische Entscheidungen zu ermöglichen. Sozialplanung als Querschnittsfunktion leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Stadtentwicklung. Dies bedeutet gleichzeitig, dass die Einbeziehung sozialer Aspekte in alle wesentlichen Planungsprozesse einer Kommune (Stadtentwicklung, Bauleit- bzw. Flächennutzungsplanung etc.) gewährleistet sein muss.

6. Die absehbaren Herausforderungen durch die Bevölkerungsentwicklung, aber auch die erforderlichen Integrationsleistungen für Menschen mit Migrationshintergrund oder die Betreuung und Versorgung behinderter, pflegebedürftiger und alter Menschen werden zukünftig einen besonderen Stellenwert in der kommunalen Sozialpolitik einnehmen. Eine Anlaufstelle „Servicestelle Soziales“ in der Verwaltung kann dazu beitragen, zu den vielfältigen Themen wie z.B. Behinderung, Pflege, Alter, Verschuldung, Wohnen oder ehrenamtliches Engagement zu informieren, auf die zuständige Stelle hinzuweisen oder unmittelbar unbürokratisch Hilfestellungen anzubieten.

7. Die sozialpolitischen Zielsetzungen sind in Kooperation mit den freien Trägern der Wohlfahrtspflege, den Kirchen, Verbänden, Unternehmen und anderen Institutionen an den Versorgungsbedarfen der Bürgerschaft auszurichten, wobei zugleich Prioritäten festgelegt werden sollten. Zwingend ist zudem eine enge interkommunale Abstimmung sowohl mit Nachbarkommunen als auch auf Kreisebene, um eine angemessene Versorgungsdichte und Auslastung sozialer Hilfestrukturen zu erreichen. Insbesondere auch in Bereichen wie Pflege und Gesundheit, bei denen originär die Kreisebene zuständig ist, stellt sich die Notwendigkeit einer stärkeren Verknüpfung mit den gemeindlichen Kompetenzen. Um ein angemessenes wohnortnahes Angebot zu gewährleisten, sind die entsprechenden Planungsprozesse örtlich auszurichten und sollten Handlungskonzepte auch für die Gemeindeebene erarbeitet werden.

8. Über das bürgerschaftliche Engagement hinaus gilt es privates Kapital für die Erbringung individueller Hilfen und öffentlicher Angebote – die angesichts der schwierigen Haushaltslage oft nicht mehr allein öffentlich zu finanzieren sind – zu aktivieren. Die staatliche Grundversorgung kann und muss ergänzt werden durch die Initiative von Einzelpersonen oder die Übernahme sozialer Verantwortung durch Unternehmen.

Az.: III 801

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