Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 362/1996 vom 20.07.1996

Steuerliche Behandlung der Abfall- und Abwasserentsorgung

Ungeachtet des Ausgangs des Revisionsverfahrens V R 122/93 (vgl. Mitt.NWStGB 12/96 vom 20.06.1996, Ziffer 300, S. 214 ff.) ist damit keineswegs die finanzgerichtliche Abklärung der wichtigen Steuerfrage als erledigt zu betrachten, da vor dem BFH zwei weitere Verfahren zum Problem der Steuerpflicht der Abfallentsorgung anhängig sind (I R 1/94 und I R 2/94; Erstinstanz: Niedersächsisches Finanzgericht, Urteile vom 4.8.1993 - VI 513, 515, 517/88 bzw. VI 514, 516, 518/88 -). Gegenstand dieser Verfahren ist die Frage, ob die Zusammenfassung mehrerer Abfallaktivitäten einer Gebietskörperschaft, nämlich Altglas-, Papier- und Schrott-Verkauf, Stromerzeugung und -verkauf aus einem Blockheizkraftwerk sowie Müllsackverkauf, in einem Betrieb gewerblicher Art möglich ist. Streitjahre sind 1984 und 1985, zuständig ist insoweit der I. Senat (Körperschaftsteuer), wobei allerdings wohl davon auszugehen sein dürfte, daß in der Frage der Steuerpflicht der Entsorgung keine unterschiedlichen Auffassungen zwischen dem I. und dem V. Senat bestehen.

Die Hoffnung und Erwartung, daß in dem vorbezeichneten Verfahren eine Entscheidung in der zweiten Jahreshälfte 1996 fallen könnte, hat sich nach der Geschäftsstelle vorliegenden Informationen soeben insoweit konkretisiert, als der BFH wohl bereits am 10.07.1996 einen Gerichtsbescheid erlassen wird. Allerdings ist nicht absehbar, wann dieser Vorbescheid alsdann den Prozeßbeteiligten zugestellt werden wird.

Nicht ausgeschlossen kann selbstverständlich der Fall, daß auch die Klageverfahren I R 1/94 und I R 2/94 im Ergebnis ein gleiches Schicksal wie das soeben beendete BFH-Verfahren erleiden könnten. Der Zustimmung zur Klagerücknahme durch das nordrhein-westfälische Finanzministerium war nämlich Mitte Mai auf einer Sitzung der Steuerabteilungsleiter des Bundes und der Länder eine umfassende Meinungs- und Willensbildung voraufgegangen. Dabei wurde deutlich, daß die große Mehrheit der Bundesländer weiterhin an der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung festhalten will, also gegen eine Steuerpflicht votiert hat; nur vier Bundesländer, davon wohl nur ein altes Bundesland, haben demgegenüber die Steuerpflicht positiv beurteilt. Vor dem Hintergrund dieses eindeutigen Ländervotums kann eine erneute Klagerücknahme nicht ausgeschlossen werden.

Die Situation in der Finanzgerichtsbarkeit abrundend ist noch darauf hinzuweisen, daß in den neuen Bundesländern einige Verfahren bei den Finanzgerichten anhängig sind, in denen kommunale Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform die Investitionszulage begehren (vgl. z.B.: Verfügung der OFD Cottbus vom 4.12.1995, abgedruckt im VKU-ND, Folge 568, S. 3). Auch vor diesem Hintergrund wird das Problem der Steuerpflicht der Entsorgung weiterhin auf der "Tagesordnung" des BFH stehen.

In der politischen Diskussion sieht der Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997 (BR-Drs. 390/96), der im wesentlichen die Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie den Wegfall der Vermögensteuer enthält, - wohl auch dem BFH den Vortritt lassend - keinen neuen gesetzlichen Vorstoß zur Regelung der Steuerpflicht der kommunalen Entsorgungsbetriebe vor. Zwar ist damit zu rechnen, daß der Gesetzentwurf noch um weitere Teile, insbesondere der 3. Stufe der Unternehmensteuerreform, ergänzt werden wird; es ist allerdings wohl nicht davon auszugehen, daß im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens auch noch die Steuerpflicht der Entsorgung in den Gesetzentwurf aufgenommen werden wird. Dagegen dürften wohl politische Erwägungen sprechen: Der Gesetzentwurf enthält bereits eine Reihe grundlegender Streitfragen zwischen dem Bund und der Mehrheit der Länder, die wohl erst im Vermittlungsverfahren ausgeräumt werden dürften. Unter Berücksichtigung dieser Prämisse würde ein Vorstoß zur Normierung der Steuerpflicht der Entsorgung das Gesetzespaket überfrachten. Außerdem ist dem Bund die ablehnende Haltung der deutlichen Mehrheit der Bundesländer aus der Diskussion der letzten Wochen hinlänglich bekannt.

In seiner Antwort auf eine diesbezügliche parlamentarische Anfrage hat soeben Parl. Staatssekretär Hauser (BMF) diese Einschätzung der Geschäftsstelle bestätigt (BT, 109. Sitzung vom 12.6.96, S. 9658, Anlage 12):

"Die Bundesregierung wird den Ausgang zweier weiterer vor dem Bundesfinanzhof anhängiger Verfahren abwarten.

In diesem Verfahren ist ebenfalls über die Frage zu entscheiden, ob kommunale Unternehmen der Abfallentsorgung, Abwasserbeseitigung und Straßenreinigung bereits nach geltendem Recht der Besteuerung unterliegen.

Der Bundesfinanzhof hat angekündigt, daß mit einer Entscheidung in den beiden Verfahren noch in diesem Jahr zu rechnen ist.

Es war stets das Ziel der Bundesregierung, die Besteuerung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen gebührenneutral auszugestalten. Dabei war sich die Bundesregierung bewußt, daß im Einzelfall Gebührenerhöhungen nicht auszuschließen sein werden. In welchem Ausmaß es in derartigen Fällen zu Gebührenerhöhungen kommen wird, hängt von vielen Faktoren ab, insbesondere vom Investitionsverhalten der Kommunen. In zahlreichen Kommunen werden aber auch Gebührensenkungen möglich sein.

Nach Vorlage der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs in den anhängigen Verfahren wird die Bundesregierung die Folgerungen aus den Entscheidungen ziehen und dabei die Möglichkeit einer aufkommens- und gebührenneutralen Lösung zu prüfen haben."

Az.: V/2-810-05

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