Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 439/2009 vom 29.06.2009

Stellungnahme zum Entwurf eines NRW-Abfallwirtschaftsplans

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände in Nordrhein-Westfalen hat mit Datum vom 25.6.2009 zu dem Entwurf eines landeseinheitlichen Abfallwirtschaftsplans gegenüber dem Umweltministerium NRW wie folgt Stellung genommen:

„Sehr geehrter Herr Dr. Schink,

am 11.05.2009 hat Ihr Haus der Öffentlichkeit den Entwurf eines landesweiten Abfallwirtschaftsplans NRW, Teilplan Siedlungsabfälle, mit dem Jahr 2019 als Planungshorizont vorgelegt, der drei Kernziele verfolgt:

1. Beseitigung nordrhein-westfälischer Abfälle ausschließlich in Nordrhein-Westfalen;
2. Zulassung von Abfallimporten nach Nordrhein-Westfalen nur im Rahmen freier
Kapazitäten;
3. Verstärkung des Marktgeschehens.

Der Aufforderung, zu diesem Entwurf Stellung zu nehmen, kommt die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände gerne nach und bittet Ihr Haus nachdrücklich, die folgenden Punkte bei einer notwendigen Überarbeitung des Entwurfes zu berücksichtigen:

A. Zum formellen Rahmen der Aufstellung des künftigen Abfallwirtschaftsplans NRW 2019, Teilplan Siedlungsabfälle

Was den formellen Rahmen angeht, wird die seitens Ihres Hauses vorgeschlagene Vorgehensweise, die grundsätzlich in § 16 Abs. 1 LAbfG NRW vorgesehene Möglichkeit, den Abfallwirtschaftsplan sukzessiv in räumlichen Teilabschnitten aufzustellen, nicht zu nutzen, von uns befürwortet. Dieser landesweit greifende, synchrone Schritt stellt eine grundsätzlich sachgerechte Form der Umsetzung der in § 29 Abs. 10 Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz vorgesehenen Verpflichtung dar, innerhalb eines 5-Jahreszeitraums die Abfallwirtschaftsplanung fortzuschreiben: Der Begriff des Fortschreibens beinhaltet jedoch nur die Pflicht, den Abfallwirtschaftsplan in Zeitabständen von fünf Jahren auf ggf. notwendige Anpassungen an tatsächliche Entwicklungen zu überprüfen. Die Frist besagt nicht, dass die Überprüfung nach exakt jeweils fünf Jahren abgeschlossen sein müsste. Zeigt sich, dass die Verhältnisse stabil sind und mutmaßlich auch bleiben werden, kann sich eine Fortschreibung zudem auf die Feststellung beschränken, dass zu einer Änderung oder Ergänzung der Planung kein Anlass besteht.

Insbesondere in Anbetracht der bevorstehenden Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie 2008/60/EG und der dadurch bedingten Notwendigkeit einer grundlegenden Änderung des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes (Umsetzungsfrist für das nationale Recht: 12.12.2010) wäre es daher rechtlich möglich und planerisch sinnvoll, die fünf bestehenden Abfallwirtschaftspläne in den landeseinheitlichen Abfallwirtschaftsplan zu übernehmen und etwaige Änderungen erst dann vorzunehmen, wenn das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung und Anpassung des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes an die EU-Abfallrahmenrichtlinie Ende 2010 abgeschlossen sein wird, denn erst zu diesem Zeitpunkt kann abschließend beurteilt werden, welche neuen Maßgaben für die Abfallwirtschaftsplanung selbst und die ihr zugrundeliegenden Abfallströme – orientiert an der künftig fünfstufigen Abfallhierarchie – durch den Bundesgesetzgeber vorgegeben werden.
Dies gilt zumal deswegen, weil nicht auszuschließen ist, dass das Zusammenspiel zwischen Abfallwirtschaftsplan und kommunalem Abfallwirtschaftskonzept durch den Bundesgesetzgeber in Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie neu justiert wird bzw. werden muss, um die kommunale Steuerungsverantwortung zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang gewinnt dann vor allem die Frage an Bedeutung, für welche Abfallströme die kommunale Verantwortung greift. Auch dieses bestimmt letztlich, wie ein kommunales Abfallwirtschaftskonzept aussieht. Wir gehen davon aus, dass das Land für den Fall, dass hier gravierende Veränderungen aus der Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie in nationales Recht auf die lokale Ebene zukommen, geeignete Vorsorgemaßnahmen ergreift und zusätzliche (gebührenwirksame) Risiken ausschließt. Auch unter diesem Gesichtspunkt empfiehlt es sich, zunächst die bestehenden Abfallwirtschaftspläne in einen landeseinheitlichen Abfallwirtschaftsplan zu überführen.

B. Zum materiellen Gehalt des künftigen Abfallwirtschaftsplans NRW 2019, Teilplan Siedlungsabfälle

Was den Inhalt des künftigen Abfallwirtschaftsplans angeht, sind die kommunalen Spitzenverbände der festen Überzeugung, dass die Stabilität der Gebühren bei Einhaltung anspruchsvoller umwelttechnischer Rahmenbedingungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Grundlage und Kernziel des zukünftigen Abfallwirtschaftsplans Nordrhein-Westfalens mit Planungshorizont 2019 sein muss. Die kommunalen Spitzenverbände unterstützen daher die seitens des Landes erwogenen Eckpunkte, soweit sie auf die grundsätzliche Beseitigung nordrhein-westfälischer Abfälle in Nordrhein-Westfalen (Kernziel 1) und die Begrenzung von Abfallimporten auf danach verbleibende freie Kapazitäten (Kernziel 2) abzielen.

Die durch Wegfall der bisherigen Zuweisung von Abfallströmen seitens des Landes beabsichtigte „Verstärkung des Marktgeschehens“ (Kernziel 3) kann jedoch bei zunehmender Konzentration in der Abfallwirtschaft zu einem erheblichen Anstieg der Abfallgebühren führen. Seitens Ihres Hauses wird argumentiert, ein Fortfall der Verbindlichkeit und die damit verbundene Ausweitung der Ausschreibungen würde die Marktmechanismen stärken. Davon würden insbesondere diejenigen Gebietskörperschaften profitieren, die bisher keine Entscheidungsmöglichkeit zwischen verschiedenen Anlagenbetreibern hätten, wodurch die Gebühren im Landesmaßstab sinken würden. Demgegenüber wird teilweise befürchtet, dass die implizierte „Verstärkung des Marktgeschehens“ nur zu vorübergehendem Wettbewerb mit der Folge zunehmender Konzentration bei abschließender Bildung eines landesweiten Angebotsoligopols im Bereich der Beseitigungsanlagen führen könnte. In der Folge könnte es zu einem Anstieg der Abfallgebühren und einem Auseinanderentwickeln der Gebührenschere in Nordrhein-Westfalen kommen. Über die Folgen des von Ihnen vorgeschlagenen Kernziels 3 für die Gebührenentwicklung bestehen damit erhebliche Unsicherheiten. Die seitens Ihres Hauses aufgestellte Vermutung sollte daher überprüft werden.

Diesbezüglich sei an das von den kommunalen Spitzenverbänden bereits mit Schreiben vom 02.03.2009 vorgeschlagene Planspiel als Validierung der abfallwirtschaftlichen Rahmenbedingungen erinnert: Auch die Fachveranstaltung Ihres Hauses am 29.05.2009 in Duisburg hat gezeigt, dass die vorgeschlagenen Änderungen zu einem Anstieg der Abfallgebühren bei einigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern führen können. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, die Auswirkungen auf die Höhe der Abfallgebühren im Vorfeld der Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplanes einer weiteren Prüfung zu unterziehen, damit Verwerfungen vermieden werden können: Nur wenn sich im Ergebnis dieser Prüfung herausstellen sollte, dass die geäußerte Vermutung Ihres Hauses einer begründeten Wahrscheinlichkeitsbetrachtung standhält, sollte der Vorschlag Ihres Hauses insofern weiterverfolgt werden.

Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass Ihr Haus in einem Gespräch am 28.05.2009 zugesagt hat, Gespräche über Kooperationen zwischen öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträgern zu führen, und zur Frage der zu erwartenden Gebührenentwicklung anlässlich einer Erörterungsveranstaltung am 21.08.2009 nähere Ausführungen zu machen. Im Übrigen ist aber festzustellen, dass in Nordrhein-Westfalen insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes und der Vorgaben der EU-Abfallrahmenrichtlinie (Art. 16) die Abfallströme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bereits heute schon so organisiert sind, dass die nächst gelegene geeignete Müllverbrennungsanlage zur Abfallentsorgung genutzt wird (Grundsatz der Entsorgungsnähe). Darüber, ob die nach dem Entwurf Ihres Hauses beabsichtigte Konkretisierung des Grundsatzes der Nähe bei Vornahme von Ausschreibungen mit dem Vergaberecht in Einklang zu bringen ist, bestehen ernsthafte Zweifel: Enge räumliche Begrenzungen sieht das Vergaberecht im Rahmen EU-weiter Ausschreibungen nicht vor. Diesbezüglich sollte seitens Ihres Hauses geprüft werden, in wieweit auf Grundlage des derzeitigen Rechtsrahmens eine entsprechende Eingrenzung, wie z. B. im Tierseuchenrecht, möglich wäre. Insgesamt sind wir deshalb der Auffassung, dass der vorgelegte Entwurf eines landeseinheitlichen Abfallwirtschaftplanes noch einer grundlegenden, allerdings zügig vorzunehmenden Folgenabschätzung bedarf. Erst auf dieser Grundlage wird eine abschließende Beurteilung möglich sein.“

Az.: II/2 31-02 qu-qu

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