Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 502/2002 vom 05.08.2002

Stellungnahme des DStGB zur Klärschlammverwertung

In zwei gleichlautenden Schreiben an den Staatssekretär im Bundesumweltministerium (Bmu), Herrn Baake, sowie an den Staatssekretär im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL), Dr. Wille, hat sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) gegen eine übereilte Umsetzung des Anfang Juni 2002 vorgestellten gemeinsamen Konzepts der beiden Häuser zum Düngemitteleinsatz in der Landwirtschaft ausgesprochen. Im wesentlichen haben die Schreiben folgenden Inhalt:

"Der Deutsche Städte- und Gemeindebund möchte das Anfang Juni 2002 vorgestellte gemeinsame Konzept des Bundesumweltministeriums sowie des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zum Düngemitteleinsatz in der Landwirtschaft ("Gute Qualität und sichere Erträge") zum Anlass nehmen, Ihnen noch einmal die aus kommunaler Sicht wesentlichen Aspekte zur Zukunft der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung darzulegen. Die mit der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung verbundenen Fragestellungen sind für den Deutschen Städte- und Gemeindebund nicht zuletzt deshalb von besonderem Interesse, weil der DStGB als kommunaler Spitzenverband ca. 13000 kreisangehörige Städte und Gemeinden vertritt, welche einerseits die flächendeckende öffentliche Abwasserentsorgung sicherstellen sowie andererseits aufgrund ihrer häufig landwirtschaftlich geprägten Strukturen von einer Verwertung von Klärschlämmen in der Landwirtschaft unmittelbar betroffen sind.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund teilt die Auffassung, dass aufgrund der besonderen Bedeutung der landwirtschaftlichen Böden für eine Produktion gesunder Nahrungsmittel aus Vorsorgegründen sicherzustellen ist, dass es durch die Aufbringung von Klärschlämmen zu keiner unvertretbaren Anreicherung von Schadstoffen im Boden kommen darf. Um das Vertrauen der Verbraucher und damit die gesellschaftliche Akzeptanz in eine landwirtschaftliche Klärschlammverwertung wieder herzustellen bzw. zu verbessern gilt es daher, eine lückenlose Kontrolle aller Klärschlämme sowie strenge Qualitätsanforderungen für einen nachhaltigen Verbraucher- und Bodenschutz zu gewährleisten. Das von Ihrem Hause sowie dem BMVEL vorgestellte Konzept "Gute Qualität und sichere Erträge" geht bedauerlicherweise weit über den vorgenannten Ansatz hinaus. Entgegen der Entschließung des Bundesrates vom 26. April 2002, der sich klar gegen ein pauschales Verbot der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung ausgesprochen hat, hätte das Konzept "Gute Qualität und sichere Erträge" ein faktisches Verwertungsverbot für Klärschlämme zur Folge.

Die in dem Konzeptpapier vorgeschlagenen Grenzwerte für verschiedene Düngemittel hätten zur Folge, dass künftig bei allen Düngemitteln eine erhebliche Schadstoffreduzierung erfolgen müsste, damit diese auf längere Sicht weiterhin als Düngemittel eingesetzt werden könnten. Insbesondere die für den Klärschlammbereich vorgesehenen drastischen Grenzwertabsenkungen würden in der Praxis bundesweit zu einem vollständigen Ausbringungsverbot führen. Derart drastische Grenzwertverschärfungen für Klärschlämme sind nach Auffassung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes weder nachvollziehbar noch erforderlich, da es nach wie vor an gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen fehlt, welche eine derart gravierende Absenkung von Grenzwerten indizieren. Wir fordern Sie daher auf, unter Beteiligung aller Fachkreise die in dem vorgenannten Konzept niedergelegten Grenzwerte für verschiedene Düngemittel erneut zu überprüfen und eine den tatsächlichen Anforderungen entsprechende Anpassung vorzunehmen, die jedenfalls sicherstellt, dass die Verwertung von Klärschlämmen guter Qualität auch zukünftig im Einklang mit dem Bodenschutz möglich bleibt. Grenzwertverschärfungen dürfen ausschließlich auf der Grundlage nachweisbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu evtl. Risiken vorgenommen werden. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund steht Ihnen diesbezüglich für weitere Gespräche und Diskussionen jederzeit zur Verfügung.

Das Konzept zum Düngemitteleinsatz hätte nicht nur zur Folge, dass zukünftig keine Klärschlämme mehr landwirtschaftlich verwertet werden könnten, sondern würde auch für große Teile von Wirtschaftsdüngern und Biokomposten ein faktisches Verwertungsverbot manifestieren. Insbesondere die aus kleineren Kläranlagen anfallenden, regelmäßig deutlich geringer belasteten Klärschlämme sollten aber weiterhin im Wesentlichen ortsnah, d. h. auf regional angrenzenden Feldern, verwertet werden können. Darüber hinaus steht das von Ihnen vorgestellte Konzept den Zielen einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft entgegen. Klärschlamm ist als Nährstoffdünger insbesondere ein Phosphor- und Stickstoffdünger mit humusbildenden Eigenschaften. In dieser Eigenschaft schont der Einsatz von Klärschlamm die begrenzten natürlichen Phosphatvorkommen, welche nach Fachinformationen nur noch 50 bis 130 Jahre weltweit reichen werden. Damit ist die Klärschlammverwertung unter Beachtung strengster Kontrollen und Qualitätskriterien Teil eines umweltgerechten und nachhaltigen Entsorgungssystems mit den wesentlichen Vorteilen, die eine Verwendung organischer Stoffe für die Nährstoffversorgung der Pflanzen und die Verbesserung der Bodenstruktur bietet.

Ein Totalausstieg aus der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung hätte zudem erhebliche organisatorische wie finanzielle Auswirkungen, da derzeit eine umfassende thermische Beseitigung von Klärschlämmen mangels Verbrennungskapazitäten in Ausschuss gar nicht sichergestellt ist. Vor diesem Hintergrund sind Bund und Länder im Falle einer Novellierung der Klärschlammverordnung aufgefordert, ausreichende Ersatzkapazitäten für eine alternative Entsorgung des Klärschlamms, insbesondere der thermischen Verwertung, bereitzustellen. Ein Ausstieg aus der Klärschlammverwertung ohne gesicherte alternative Entsorgung ist kein verantwortbares Handeln gegenüber den kommunalen Abwasserentsorgern.

Die nunmehr vorgeschlagene drastische Grenzwertverschärfung hätte schließlich aufgrund des damit verbundenen faktischen Verwertungsverbots auch erhebliche finanzielle Folgewirkungen. Ein drastischer Anstieg der Abwassergebühren, insbesondere im ländlichen Raum, wäre die Folge. Neben höheren Kosten der thermischen Beseitigung sind die Ausgaben für Vorbehandlungsmaßnahmen, wie z. B. Entwässerung und Trocknung, zu berücksichtigen. Die Höhe der jeweiligen Kostenssteigerungen wäre von unterschiedlichen Randbedingungen, wie der vorhandenen Technik, der Entfernung zu Entsorgungsanlagen etc. abhängig und müsste im Einzelfall ermittelt werden. Ungeachtet dessen ist mit Abwassergebührenerhöhungen für den Endverbraucher je nach Größe der Kläranlage zwischen 0,10 und 0,80 Euro pro Kubikmeter zu rechnen."

Az.: II/2 24-091 qu/g

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