Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 618/2004 vom 26.07.2004

Stabilitätspakt: Urteil des EuGH im Defizitstreit

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 13. Juli 2004 im Streit um die Auslegung des EU-Stabilitätspakts ein Urteil gefällt. Er entschied, dass die Entscheidung der EU-Finanzminister vom November 2003, die Defizit-Strafverfahren gegen Deutschland und Frankreich auszusetzen, nicht mit dem EU-Recht vereinbar sei. Damit stärkt er die Rolle der Kommission, die durch den Beschluss des Ministerrats im laufenden Defizitverfahren faktisch entmachtet worden war. Gleichzeitig stärkt er aber auch den Rat, indem er diesem das Recht einräumt, die von der Kommission empfohlenen Rechtsakte zu ändern. Damit steht es den EU-Finanzministern frei, die Sparauflagen der Kommission nicht anzunehmen, weil sich keine Mehrheit für sie findet und so das Defizit-Strafverfahren auf Eis zu legen.

In seiner Begründung führt der EuGH aus, dass der Rat die Aussetzung des Defizitverfahrens nicht - wie geschehen - unter den Vorbehalt stellen darf, dass der jeweils betroffene Mitgliedsstaat seine Verpflichtungen einhält. Denn durch dieses Vorgehen schränke der Rat seine eigene Befugnis ein, den Mitgliedsstaat nach Art. 104 Abs. 9 EG-Vertrag auf der Grundlage der früheren Empfehlung der Kommission in Verzug zu setzen, solange die Verpflichtungen als eingehalten angesehen werden.

Mit seiner Entscheidung stärkt der EuGH sowohl die Rechte des Rates als auch der Kommission. Das Gericht weist darauf hin, dass dem Rat ein Ermessen zukommt, die von der Kommission empfohlenen Rechtsakte auf der jeweiligen Verfahrensstufe zu ändern. Bei seinen Entscheidungen muss der Rat jedoch immer die jeweilige Verfahrensstufe und die auf ihr maßgeblichen Vorraussetzungen beachten.

Der Rat bedarf bei Entscheidungen im Defizitverfahren der Mitwirkung der Kommission. Die Kommission ist berechtigt, aber auch verpflichtet, dem Rat Beschlussvorschläge zu unterbreiten.

Aus rechtlicher Sicht befindet sich das Defizitverfahren nun wieder auf dem Stand des 24. November 2003, an dem die Ecofin-Entscheidung gefällt wurde. In einer Stellungnahme des Ecofin-Rates begrüßt dieser die mit dem Urteil erreichte Stärkung der Rollen von Kommission und Rat. Gleichzeitig betont er, dass Deutschland und Frankreich aus seiner Sicht bereits starke Anstrengungen unternommen haben, um ihre Haushaltsdefizite zu reduzieren.

Wie in ersten Stellungnahmen von EU-Finanzkommissar Joaquin Almunia und dem deutschen Finanzminister Hans Eichel verlautete, ist mit keiner weiteren Konfrontation im Defizitverfahren zu rechnen. Vielmehr wurde vereinbart, den konstruktiven Dialog über Anwendung und Auslegung des Stabilitätspakts fortzusetzen. Es bleibt daher letztlich eine politische Entscheidung, ob Deutschland und Frankreich in absehbarer Zeit mit Sanktionen oder sogar Geldbußen rechnen müssen.

Az.: IV/1 960-00/9

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