Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 335/2018 vom 24.05.2018

Spitzenverbände besorgt wegen Verpackungsverordnung

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag und Deutscher Städte- und Gemeindebund) hat gemeinsam mit dem Verband kommunaler Unternehmen auf der Bundesebene (VKU) ein Schreiben an die Vorsitzende der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), Dr. Monika Kratzer, gerichtet. 


Anlass des Schreibens ist, dass die ELS Europäische Lizenzierungssysteme GmbH am 15. März einen Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung gestellt hat. Diesem Antrag ist das zuständige Amtsgericht Bonn am 19. März 2018 gefolgt. Die ELS GmbH ist seit dem Jahr 2015 als einer der 10  Systembetreiber im Rahmen der Verpackungsverordnung tätig (Erfassung, Sortierung und Verwertung von gebrauchten Einwegverpackungen).

Die kommunalen Spitzenverbände und der VKU empfehlen, die von den Dualen Systemen zu erbringenden Sicherheitsleistungen neu zu bewerten, um für die Zukunft der Belastung von Gebührenzahlern und kommunalen Haushalten durch eine mögliche Insolvenz vorzubeugen. Das Anschreiben hat folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrte Frau Dr. Kratzer,

die kommunalen Spitzenverbände und der Verband kommunaler Unternehmen haben mit großer Besorgnis Berichte darüber zur Kenntnis genommen, dass die Europäische LizenzierungsSysteme GmbH (ELS) für das erste Halbjahr 2018 keine Nebenentgelte (§ 6 Abs. 4 Satz 8 VerpackV) an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zahlen wolle. Diese seien — angeblich — für die Feststellung der Flächendeckung durch ELS nicht relevant. Dem Vernehmen nach haben die von ELS vor Ort beauftragten Entsorgungsunternehmen zwischenzeitlich Zahlungen erhalten, sodass die Entsorgung der gesammelten Verpackungen in den Gebieten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zumindest kurzfristig sichergestellt sein dürfte. Gleichwohl sehen sich die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in Bezug auf die von ELS zu entrichtenden Nebenentgelte einem nicht unerheblichen Zahlungsrisiko in Höhe von knapp 4 Mio. Euro gegenüber. Ob die anderen dualen Systeme sich — wie in der Vergangenheit angekündigt — in dieser konkreten Situation solidarisch zeigen und für die Zahlungen der ELS einstehen, ist nicht abzusehen.

Mit Blick auf die von den Ländern vorzunehmende Prüfung, ob eine flächendeckende Entsorgung durch ELS sichergestellt ist, erlauben wir uns folgenden Hinweis: Die Nichtzahlung der vereinbarten Nebenentgelte kann nach unserer Auffassung durchaus dazu führen, dass die flächendeckende Verpackungsentsorgung nicht mehr sichergestellt ist. Mit den Nebenentgelten werden u. a. Infrastruktureinrichtungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Standplätze für Depotcontainer, Wertstoffhöfe) bezahlt, die diese den dualen Systemen zur Verfügung stellen. Es obliegt den Entscheidungsträgern bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern vor Ort, wie sie auf die Nichtzahlung der Nebenentgelte reagieren. Als Reaktionen kommen u. a. die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts oder sogar die Kündigung der zugrundeliegenden Vereinbarung mit dem säumigen System in Betracht. Eine flächendeckende Entsorgung wäre dann mangels Zugriff auf die Infrastruktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht mehr gewährleistet. Wenn als Reaktion auf die Nichtzahlung von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern solche berechtigten Maßnahmen ergriffen werden, muss dies nach unserer Auffassung Eingang in die Prüfung der Flächendeckung durch die Länder finden. Wir hoffen, dass auch entsprechende Hinweise seitens der Länder dazu beitragen können, dass die von ELS zu entrichtenden Nebenentgelte für das erste Halbjahr 2018 doch noch an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gezahlt werden. Die Gemeinsame Stelle der dualen Systeme erhält dieses Schreiben nachrichtlich zur Kenntnis.

Über die konkrete Prüfung der Flächendeckung hinaus ist im Zusammenhang mit der aktuellen wirtschaftlichen Situation von ELS offenkundig geworden, dass die von den Ländern in der Vergangenheit geforderten Sicherheitsleistungen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 VerpackV) regelmäßig kaum ausreichend sind, um Leistungsausfälle im Systembetrieb mittels Ersatzvornahmen durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger aufzufangen. Einige Länder haben wohl auch vollständig davon abgesehen, entsprechende Sicherheiten zu fordern.

Aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände und des Verbandes kommunaler Unternehmen besteht daher dringender Anlass, die von den dualen Systemen zu erbringenden Sicherheitsleistungen neu zu bewerten, um zumindest für die Zukunft der Belastung von Gebührenzahlern und kommunalen Haushalten durch eine mögliche Insolvenz vorzubeugen. Hierfür schafft nach unserer Auffassung die Neuregelung in § 18 Abs. 4 VerpackG eine gute Basis. Diese Regelung erweitert gegenüber der aktuellen Rechtslage deutlich den Kreis der abzusichernden Systempflichten und umfasst nunmehr explizit auch Zahlungsansprüche der zuständigen Behörden und der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Danach sind künftig also auch kommunale Mitbenutzungs- und Nebenentgeltansprüche durch Sicherheitsleistungen der dualen Systeme abzusichern.

Vor diesem Hintergrund würden wir es sehr begrüßen, wenn sich die Länder auf ein einheitliches Berechnungsverfahren für die künftig zu leistenden Sicherheiten verständigen könnten und dieses zeitnah mit Inkrafttreten des VerpackG am 01.01.2019 umsetzen würden. Hierzu wären dann auch die Höhen der kommunalen Zahlungsansprüche in den jeweiligen Entsorgungsgebieten sowie die entsprechenden Zahlungstermine /-fristen abzufragen. Umgekehrt werden auch wir unsere Mitglieder bitten, den zuständigen Genehmigungsbehörden ihre Zahlungsansprüche zum Zwecke der Ermittlung der erforderlichen Sicherheitsleistungen mitzuteilen.

Hilfreich kann bei der Neuberechnung der Sicherheitsleistungen der dualen Systeme unseres Erachtens die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stuttgart zur Berechnungsweise des Landes Baden-Württemberg sein (VG Stuttgart, Urteile v. 14.12.2017, Az. 14 K 2834/15 u. a.). Auch wenn diese Entscheidungen noch nicht rechtskräftig sind, geben sie wichtige Anhaltpunkte auch für die künftige Neuberechnung auf Basis von § 18 Abs. 4 VerpackG. Besonders hinzuweisen ist auf die Argumentation des Gerichts, dass es sich bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung um eine Prognoseentscheidung handelt, die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist, sowie darauf, dass die Behörde zum Schutz der Gebührenzahler zulässigerweise auf ein worst-case-Szenario abstellen darf, d. h. auf das Risiko einer vollständigen Einstellung des Systembetriebs für einen Monat zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 %.

Im Übrigen merken wir an, dass das von den dualen Systemen praktizierte Modell der Ausschreibungsführerschaft mit Hauptkostenverantwortung dazu führt, dass die Berechnung der Sicherheitsleistungen allein nach Marktanteilen regelmäßig zu einer Untersicherung führt, sofern auf die Sicherheiten nicht gesamtschuldnerisch zugegriffen werden kann. Auch diese Frage einer gesamtschuldnerischen Haftung der dualen Systeme für Leistungs- und Zahlungsausfälle jedenfalls im Wege der Sicherheitsleistungen sollte daher geprüft werden. Wir würden uns freuen, wenn Sie die angesprochenen Themen z. B. auf der kommenden Sitzung des Ausschusses für Produktverantwortung der LAGA aufrufen würden. Für Gespräche und Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen“

Es wird über das Antwortschreiben berichtet werden, sobald dieses vorliegt.

Az.: 25.0.8 qu

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search