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StGB NRW-Mitteilung 789/2003 vom 23.10.2003

Sozialversicherungspflicht von Betreuungskräften

Das Sozialgericht Köln hat zur Sozialversicherungspflicht von Betreuungskräften am 27.06.2003 ein Urteil (Az.: S 6 RA 258/99) gefällt, dem im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde liegt: Zur Betreuung von Schülerinnen und Schülern in Grundschulen vor und nach dem Unterricht stellte die Klägerin, eine Stadt, ab dem Schuljahr 1992/93 im Rahmen des Betreuungsprogramms „Schule von acht bis eins“ ausgebildete Erzieherinnen und Hausfrauen ein, mit denen sie Honorarverträge abschloß, die in § 5 zum Inhalt hatten, daß es sich bei der Betreuung um eine selbständige Tätigkeit handele. Im Rahmen einer Beitragsüberwachung ist die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) jedoch zu dem Ergebnis gekommen, daß eine abhängige Beschäftigung ausgeübt werde und die Betreuungskräfte demzufolge Arbeitnehmerinnen im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung seien. Gegen einen Bescheid der BfA wandte sich die Klägerin. Sie vertrat die Auffassung, daß es sich bei den Betreuern um versicherungsfreie Honorarkräfte handele. Dabei stützte sie sich auf eine Broschüre des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 1990, mit dem das Projekt „von acht bis eins“ unterstützt worden sei, in der Information und Materialien für die Einrichtung, Durchführung und Weiterentwicklung von Betreuungsmaßnahmen dargestellt worden seien. In dieser Broschüre habe das Ministerium deutlich gemacht, daß Kommunen die Möglichkeit hätten, freie Mitarbeiterverhältnisse mit den Betreuungspersonen zu vereinbaren. Nach den abgeschlossenen Honorarverträgen hätten die Betreuerinnen ihre Tätigkeit völlig selbständig und individuell gestalten können. Seitens der Stadt seien keinerlei methodische oder didaktische Anweisungen hinsichtlich der Betreuungstätigkeit erteilt worden. Daher sei eine persönliche Abhängigkeit der Betreuerin gegenüber der Klägerin nicht gegeben.

Das Sozialgericht Köln kommt zu dem Ergebnis, daß die beklagte BfA die Beigeladenen zu Recht als abhängige Arbeitnehmer angesehen habe, die in dem Zeitraum von September 1992 bis Juli 1998 im Rahmen ihrer insoweit ausgeübten Tätigkeit der Gesamtsozialversicherungspflicht unterlägen. Nach § 7 des Sozialgesetzbuches Teil 4 (SGB IV) bedeutet Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Eine solche liege hier vor. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes unterliege die Beurteilung der Abgrenzung des Abhängigenbeschäftigungsverhältnisses von der selbständigen Tätigkeit nicht der Verfügungsgewalt der Beteiligten. Ausschlaggebend hierfür sei vielmehr die tatsächliche Ausgestaltung des Verhältnisses. Lägen Indizien in beiden Richtungen vor, so sei die Beurteilung ausschlaggebend, welche Indizien im einzelnen überwiegen.

Im vorliegenden Fall würden eindeutig die Indizien überwiegen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen. Es liege zunächst im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin eine betriebliche Eingliederung vor. Diese liege einmal örtlich im Schulbereich und sachlich darin, daß die Betreuung nach § 1 der Honorarkräfte nach Unterrichtsende zu erfolgen hatte und somit in zeitlicher Abhängigkeit vom Unterrichtsbetrieb stand. Die Betreuerinnen stünden aber auch zur Verfügung, wenn durch Lehrerausflug, Elternsprechtag oder Krankheit Unterrichtsausfall erkennbar war, um Lücken betreuend auszufüllen. Ebenso sei im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin von einem Direktionsrecht der Klägerin gegenüber den Betreuungskräften auszugehen. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Runderlaß des Kultusministeriums vom 07.09.1994. Darin heißt es unter Ziffer 1, Betreuungsangebote für Grundschulkinder könnten entweder in Tageseinrichtungen für Kinder als nichtschulische Einrichtungen oder in der Verantwortung der Schule als schulische Veranstaltung durchgeführt werden. Betreuungsangebote, die als schulische Veranstaltung in der Verantwortung und unter Aufsicht der Schule durchgeführt würden, unterständen ausschließlich der Schulaufsicht. Ergänzend heißt es dazu in Ziffer 2, die Schule erfülle einen eigenständigen, von der Landesverfassung und den Schulgesetzen vorgegebenen Bildungs- und Erziehungsauftrag, der über den Unterricht hinaus gehe. Ein derartiges Betreuungsangebot sei eine sonstige Schulveranstaltung im Sinne des § 12 Allgemeine Schulordnung unter Aufsicht der Schule.

Das Gericht folgte nicht der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Betreuungseinrichtungen um eine von der Schule getrennten Einrichtung, die lediglich aufgrund der Tatsache, daß das Betreuungsangebote entsprechende Freistunden im Schulbetrieb voraussetze, mit diesen organisatorisch harmonieren müsse. Die Betreuungskräfte trügen auch kein eigenes Unternehmensrisiko, setzten keine Eigenmittel mit ungewissen Gewinnerfolg ein, hätten keine eigenen Mitarbeiter und hätten ihre Tätigkeit in eigener Person zu erbringen, wobei die Verpflichtung bestand, bei Erkrankung oder sonstiger Verhinderung den Rektor der Grundschule unverzüglich zu benachrichtigen. Dementsprechend würden eindeutig die Merkmale für abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen, wobei die Indizien für eine Selbständigkeit sehr marginal seien. Die bloße Vereinbarung oder die Bezeichnung im Vertrag als Honorarkraft ändere daran nichts, weil die Beteiligten nicht über die Sozialversicherungspflicht frei verfügen könnten. Soweit die Klägerin sich unter Hinweis auf die Informationen des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 1990 von der Beitragspflicht freizeichnen wolle, vermöge die Kammer dem nicht zu folgen. Die Handreichungen beschäftigten sich nicht mit der sozialversicherungsrechtlichen Seite der Beschäftigungsverhältnisse.

Die Entscheidung kann von den Mitgliedskommunen bei Bedarf bei der Geschäftsstelle angefordert werden.


Az.: IV/2 211-13

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