Mitteilungen - Jugend, Soziales, Gesundheit

StGB NRW-Mitteilung 331/2002 vom 05.06.2002

Sitzung des Jugend-, Sozial- und Gesundheitsausschusses

Am 24.4.2002 tagte der Jugend-, Sozial- und Gesundheitsausschuß des StGB NRW unter Vorsitz von Erstem Beigeordneten Dr. Weller im Haus Heisterbach in Königswinter. Nach einem Grußwort durch Bürgermeister Wirtz stellte Herr Beuckers, Vorsitzender des Vereins "Bausteine für das Leben e.V." die Arbeit des Vereins vor, der in jahrelanger Arbeit das Hilfs- und Informationszentrum für Schwangere und Alleinerziehende in Notlagen aufgebaut und hierfür das alte Kloster umgebaut hat.

Herr Pompe, Landespfarrer und psychologischer Psychotherapeut bei der Lippischen Landeskirche, berichtete über die Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) als besonderes Beratungssegment in NRW. Zu den institutionellen Strukturen wies er darauf hin, daß lediglich in Deutschland und einigen skandinavischen Ländern ein flächendeckendes Angebot an EFL-Beratung existiere. In der anschließenden Diskussion unterstricht der Ausschuß die Bedeutung der Ehe-, Familien- und Lebensberatung mit ihrer Hilfs- und Unterstützungsfunktion bei der Stabilisierung familiärer Beziehungen, im Umgang mit Paarkonflikten sowie der Verarbeitung von Trennung und Scheidung und der damit verbundenen Stärkung von Partnerschaften und Familien.

Beigeordneter Giesen, Geschäftsstelle, gab einen Zwischenbericht über die Reform der Sozial- und der Arbeitslosenhilfe. Er ging hierbei auf den Beschluß des Präsidiums vom Herbst 1998 ein, welcher das Ziel verfolgte, eine Harmonisierung der Anspruchsysteme der Sozial- und der Arbeitslosenhilfe sowie eine verbindlichere Zusammenarbeit zwischen Arbeits- und Sozialämtern in den sich überschneidenden Aufgabenbereichen zu erreichen.

Inzwischen konkretisiere sich die Forderung nach einem eigenständigen Leistungsbereich in der Verantwortung des Bundes für Personen, bei denen die Perspektive der Arbeitsaufnahme nicht z.B. aufgrund des Alters oder wegen Erwerbsunfähigkeit ausgeschlossen sei. Diese Transferleistungen müßten den Lebensunterhalt sichern und ergänzende Leistungen der Sozialhilfe ausschließen. Sie müßten darüber hinaus als Hilfen aus einer Hand im Rahmen eines integrativ angelegten Hilfeprozesses und unter konsequenter Verwirklichung des Prinzips "Fördern und Fordern" gewährt werden.

Der Ausschuß unterstrich in seiner Diskussion die Notwendigkeit einer Reform von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe mit dem Ziel, die

  • Hilfsbedürftigkeit weiter als bisher zu vermeiden, zu überwinden bzw.
    zu reduzieren,

 

  • Erwerbstätigenquote zu steigern sowie

 

  • Effektivität und Effizienz der Systeme zu erhöhen.

Er lehnt eine einseitige Verschmelzung der Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe zu Lasten der Kommunen nachdrücklich ab und sieht in der angelaufenen Reformdiskussion die greifbare Möglichkeit, die Sozialhilfe wieder stärker auf den grundgesetzlich vorgegebenen Rahmen öffentlicher Fürsorge auszurichten (u.a. Sicherung vorrangiger Leistungssysteme, Stärkung des Nachrangprinzips) und bei darüber hinausgehenden Leistungszielen die bundesstaatliche Verantwortung sowohl in finanzieller Hinsicht als auch zu den wirtschaftspolitischen und rechtlichen Gestaltungsnotwendigkeiten herauszustellen.

Eine denkbare Lösung zur stärkeren Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe sieht der Ausschuß in einer einheitlichen neuen Leistung für alle Personen, bei denen die Perspektive der Arbeitsaufnahme nicht z.B. aufgrund des Alters oder wegen Erwerbsunfähigkeit ausgeschlossen ist. Diese Leistung sollte in der Finanzierungszuständigkeit des Bundes liegen und muß in ihrer Ausgestaltung die derzeitige Ausgleichsfunktion der Arbeitslosenhilfe berücksichtigen. Parallel zur Reform des Leistungssystems ist nach Auffassung des Ausschusses eine spürbare Verbesserung der Organisationsstrukturen anzustreben. Ziel muß die Erbringung integrierter, mit den örtlichen sozialen Dienstleistungen vernetzter Leistungen "aus einer Hand" sein. Orientierung können dabei u.a. die niederländischen"Zentren für Arbeit" oder die nordrhein-westfälischen "JobCenter" und "Sozialagenturen" sein.

Ein weiteres Schwerpunktthema der Ausschußsitzung bildete die Rolle der Jugendhilfe beim Ausbau der Ganztagsbetreuung. Hauptreferent Gerbrand, Geschäftsstelle, ging auf die zu erwartenden Auswirkungen der Pisa-Studie 2000 auf den Elementarbereich ein. So bestehe die Absicht, die Arbeit in Kindertageseinrichtungen dahingehend zu optimieren, daß sie besser als bisher frühkindliche Bildung fördern und kindgerechter auf das weitere Lernen in der Grundschule vorbereiten. Hierzu müsse auch die Aus- und Weiterbildung der Erzieher verbessert werden. Der Ausschuß spricht sich für eine Konkretisierung des im Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK) enthaltenen Erziehungs- und Bildungsauftrags des Kindergartens aus. Insbesondere die Ergebnisse der Pisa-Studie 2000 und die damit einhergehenden Überlegungen zur Verbesserung der Qualität von Bildung im Schulsystem erfordern nach seiner Auffassung eine Schärfung des zu vermittelnden Bildungsprofils sowohl für den Elementar- als auch für den Primarbereich. Der Ausschuß unterstützt das von der Geschäftsstelle bereits vorgetragene Votum zum Abschluß einer Vereinbarung nach § 26 Abs. 2 GTK zwischen der Obersten Landesjugendbehörde, den kommunalen Spitzenverbänden und den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege sowie den Kirchen über die Aufstellung von Grundsätzen über die Bildungsarbeit in Kindergärten. Er fordert die GTK-Steuerungsgruppe auf, hierfür die erforderlichen Schritte einzuleiten.

Der Ausschuß unterstrich in seiner Diskussion ferner die vom Präsidium verabschiedeten Thesen zum Ausbau von Betreuungsangeboten an Schulen. Dies gilt insbesondere für die Forderung eines verstärkten, dauerhaften und gesetzlich abgesicherten Engagements des Landes zur Finanzierung der anwachsenden Aufgaben im Betreuungsbereich.

Zu der aktuell im Schulbereich geführten Diskussion zur Absenkung des Einschulungsalters ist der Ausschuß der Auffassung, daß die Regelungen zur vorgezogenen Einschulung stärker als bisher angewendet werden sollten. Das Einschulungsalter selbst sollte in moderatem Umfang schrittweise sowie unter wissenschaftlicher Begleitung insbesondere der pädagogischen Effekte abgesenkt werden.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau der Ganztagsbetreuung soll die Jugendhilfe die ihr auch bundesgesetzlich zugewiesene Aufgabe zur Erbringung angemessener Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsleistungen in Ergänzung und Kooperation mit der Schule aktiv wahrnehmen. Der Ausschuß verwies insoweit auf die in den StGB-Thesen zur Kooperation Jugendhilfe-Schule formulierte Erwartung, daß auch die Schule ihrerseits gefordert ist, sich partnerschaftlich in den notwendigen konzeptionell-inhaltlichen Diskurs einzubringen. Im übrigen sei das breite und ausdifferenzierte Spektrum der Kinder- und Jugendhilfe in der Verantwortung der öffentlichen und freien Jugendhilfeträger und unter Einbeziehung der Eltern im Rahmen örtlicher bzw. sozialraumorientierter Konzepte zu nutzen.

Zum Grundsicherungsgesetz verwies Hauptreferent Gerbrand auf das laufende Gesetzgebungsvorhaben, welches das Ziel habe, den bisherigen § 4 GSiG dahingehend zu erweitern, daß eine Delegationsregelung geschaffen wird, welche dann über ein Ausführungsgesetz in NRW umzusetzen wäre. Der Ausschuß sprach sich nachdrücklich dafür aus, daß die Länder im laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Grundsicherungsgesetzes ermächtigt werden, den Kreisen die Möglichkeit einzuräumen, die Durchführung der Grundsicherung auf kreisangehörige Städte und Gemeinden zu delegieren. Der Ausschuß forderte die Landesregierung auf, sich für eine entsprechende Delegationsregelung im Bundesrecht einzusetzen und diese dann über ein Ausführungsgesetz in NRW umzusetzen. Die dem Land vom Bund zugewiesenen Finanzmittel für die Grundsicherung müßten uneingeschränkt an die Kommunen weitergeleitet werden. Der Ausschuß erwartet von den Kreisen, daß sie im Anschluß an ein Ausführungsgesetz NRW von der Delegationsmöglichkeit umfassend Gebrauch machen, um eine bürgernahe und bürgerfreundliche Umsetzung des Grundsicherungsgesetzes sicherzustellen.

Az.: III/2 N 11

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