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StGB NRW-Mitteilung 551/2003 vom 02.07.2003

Sicherheitsmerkmale bei Schutzausrüstung für Feuerwehrleute

Der EuGH hat durch Urteil vom 22.05.03 einer Klage der Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland stattgegeben. Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 1 und 4 der Richtlinie 89/686/EWG des Rates vom 21.12.89 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für persönliche Schutzausrüstungen (PSA) verstoßen, dass in den Vorschriften einzelner Bundesländer an persönliche Schutzausrüstungen für Feuerwehren, die den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen und mit der CE - Kennzeichnung versehen sind, zusätzliche Anforderungen gestellt werden.

Hintergrund ist, dass die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Bestimmungen für die PSA erlassen haben, die über die Bestimmungen der Richtlinie hinausgehen. So verlangt das Land Niedersachsen in einer technischen Weisung, dass die Sicherheitsgurte der DIN 14926 entsprechen, in Nordrhein-Westfalen müssen die Helme von einer dort niedergelassenen Stelle zertifiziert werden.

Vorab stellt der EuGH ausdrücklich fest, dass es den Mitgliedstaaten nach der PSA-Richtlinie nicht verwehrt ist, zu verlangen, dass die Feuerwehren mit Rettungsgeräten auszurüsten sind, die sämtlich den gleichen Bau- und Sicherheitsvorgaben entsprechen, um so deren Kompatibilität zu gewährleisten.

Streitig war aber, ob die PSA der Feuerwehr unter die PSA-Richtlinie fällt. Unstreitig ergibt sich aus Artikel 1 Abs. 4 der PSA-Richtlinie, dass von der Feuerwehr verwendete PSA dann nicht unter die Richtlinie fallen kann, wenn sie unter die Ausnahmebestimmung des Anhang I Nr. 1 fällt , also speziell für Ordnungskräfte entwickelt wurde.

Die Bundesrepublik Deutschland vertrat die Auffassung, dass die Feuerwehren Ordnungskräfte seien, denn ihre Aufgaben seien durch Landesrecht bestimmt und somit hoheitliche Aufgaben. Insbesondere seien die Feuerwehren zur Erfüllung ihrer Aufgaben mit Vollstreckungsbefugnissen ausgestattet und könnten gegebenenfalls Gewalt gegen Sachen und Personen anwenden. Da der Sicherheitsgurt und der Helm für die Feuerwehr entwickelt worden sei, sei er somit speziell für Ordnungskräfte entwickelt und hergestellt.

Der EuGH nähert sich der Streitfrage differenzierter. Der Begriff der Ordnungskräfte sei vor dem Hintergrund zu bestimmen, dass die Ausnahmebestimmung vom Grundsatz des freien Warenverkehrs eng auszulegen sei und die Begriffe der Gemeinschaftsordnung nicht in Anlehnung an eine oder mehrere nationale Rechtsordnungen zu definieren sind. Die Aufgaben der Feuerwehren sei die Rettung von Menschen und Sachen bei Bränden, Verkehrsunfällen, Explosionen, Überschwemmungen oder anderen Katastrophen. Sie unterscheiden sich von den Aufgaben derjenigen Einsatzkräfte, deren Hauptauftrag die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ist. Auf die Zuweisung dieser Aufgaben durch öffentliches Recht komme es nicht an. Folglich seien die Feuerwehren bei der Ausübung ihrer Haupttätigkeit keine Ordnungskräfte. Da der Sicherheitsgurt und der Helm aber gerade der Erfüllung der Hauptaufgaben dienen, seien sie nicht speziell für Ordnungskräfte entwickelte und hergestellte PSA und fielen dadurch nicht unter die Ausnahmevorschrift der Richtlinie. Dies könne nur anders beurteilt werden, wenn die Feuerwehr im Rahmen einer Aufgabe zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung tätig würde und hierbei speziell hierfür entwickelte PSA benutzen würde.

Laut EuGH steht diesem Schluss auch nicht der Vortrag der Bundesrepublik Deutschland entgegen, dass es nach den Richtlinien 89/391/EWG des Rates vom 12.06.89 und 89/656/EWG des Rates vom 30.11.89, die die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit regeln und Mindestnormen zu Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung von PSA durch Arbeitnehmer festlegen, zulässig sei, für die Feuerwehrausrüstung zusätzliche oder abweichende Anforderungen zu stellen und daher die Auslegung der PSA-Richtlinie vor diesem Hintergrund erfolgen müsse. Der EuGH ist der Ansicht, dass aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen der einerseits auf Art. 138 EGV (Art. 118a alt) basierenden Richtlinien zum Arbeitnehmerschutz und andererseits der auf Art 95 EGV (Art. 100a alt) basierenden PSA-Richtlinie eine Auslegung im Lichte der jeweils anderen nicht zulässig sei.

Ferner sei keine Verletzung des Grundsatzes der Subsidiarität gegeben. Die PSA-Richtlinie sei das einzige Mittel, um einer Behinderung des Handels durch die mannigfaltigen Bestimmungen der Einzelstaaten auf diesem Sektor entgegenzuwirken. Die Harmonisierung dieser Bestimmungen könne wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen nur durch den Gemeinschaftsgesetzgeber erfolgen.

Die Einbeziehung der für den Schutz der Feuerwehrleute bestimmten PSA in den Anwendungsbereich der PSA-Richtlinie ist laut EuGH auch verhältnismäßig. Die Richtlinie sei geeignet, das Ziel des freien Warenverkehrs zu gewährleisten und regelt nur, was zur Erreichung dieses Ziels auch notwendig ist.

Der EuGH ist somit weitgehend der Argumentation in den Schlussanträgen des Generalanwalts gefolgt (dazu bereits DStGB-Aktuell vom 5002-17 vom 13.12.02)

Dieses Urteil führt dazu, dass die Bundesländer ihre Rechtsvorschriften mit Regelungen über die PSA der Feuerwehren dahingehend zu berichtigen haben, als dass keine über die in der PSA-Richtlinie festgelegten Anforderungen hinausgehenden Anforderungen an die PSA gestellt werden. Außerdem droht der Bundesrepublik Deutschland ein Bußgeldverfahren gem. Art. 228 EGV.


Az.: I 131-03

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