Mitteilungen - Verband Intern

StGB NRW-Mitteilung 369/1998 vom 20.07.1998

Schwerpunkte der Regierungserklärung von Ministerpräsident Wolfgang Clement

Ministerpräsident Wolfgang Clement hat am 17. Juni 1998 vor dem Landtag in Düsseldorf seine Regierungserklärung abgegeben. Nachfolgend die Schwerpunkte dieser Regierungserklärung im Wortlaut:

Der Koalitionsvertrag ist unverändert die Grundlage für unsere Zusammenarbeit. Auch für die neue Landesregierung gilt die Regierungserklärung, die Ministerpräsident Johannes Rau am 13. September 1995 vor diesem Landtag abgegeben hat. Daraus ergeben sich für die verbleibenden zwei Jahre der Legislaturperiode politische Schwerpunkte, auf die ich heute näher eingehen will. Zusätzlich stellen uns die Lage der öffentlichen Finanzen und der tiefgreifende wirtschaftliche Strukturwandel vor schwierige und teilweise auch schmerzhafte Entscheidungen. Die Tiefe der Veränderungen ist nach meinem Eindruck noch nicht überall in vollem Umfang erkannt. (...)

Wir werden zeigen, daß Modernität und Gerechtigkeit zusammengehören – auch unter den Bedingungen einer globalen Wirtschaft und der Europäisierung der Politik.Wir wollen Nordrhein-Westfalen zu einer vorbildlichen europäischen Region für ökonomischen und ökologischen Fortschritt und für soziale Verantwortung, für Liberalität und Toleranz machen. (...)

Arbeitslosigkeit abbauen

Wir führen unser Land in das 21. Jahrhundert. Wir gehen den einzigen Weg, der in einer hochentwickelten industriellen Dienstleistungsgesellschaft Erfolg verspricht. Den Weg konsequenter Innovation, erstklassiger Qualifikation, den Weg der Modernisierung unserer Infrastruktur, der Nachhaltigkeit und des vorbildlichen Ressourceneinsatzes. Wir werden Innovation auf allen Ebenen voranbringen, um die Arbeitslosigkeit abzubauen und möglichst viele attraktive Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist unser oberstes Ziel. An der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen wird sich unsere Politik und werde auch ich mich messen lassen. (...)

Von unserem Land müssen starke Impulse für die Welt und die Märkte von morgen ausgehen. Impulse für einen besseren Schutz von Klima und Umwelt, für eine rationelle und sichere Energiegewinnung und –verwendung; Impulse für medizischen Fortschritt und Gesundheitsprävention, Impulse für die Mobilität und den Verkehr von morgen und Impulse für kulturelle Innovation und multimediale Kommunikation. Auf die Märkte von morgen zu setzen, heißt auch: Auf die Unternehmerinnen und Unternehmer von morgen zu setzen. Das tun wir mit unserer Gründungs-Offensive "COI". In den vergangenen beiden Jahren haben die Neugründungen in Nordrhein-Westfalen Rekordhöhen erreicht. Das bedeutet: Mehr Unternehmen, mehr Arbeitsplätze, mehr Ideen und mehr Innovationen. (...)

Ausbildung und Arbeitsplätze für Jugendliche

Auf die Märkte von morgen zu setzen, das heißt vor allem auch, auf Ausbildung und Arbeitsplätze für unsere Jugendlichen zu setzen. Unsere Initiative "Jugend in Arbeit" bietet allen jugendlichen Langzeitarbeitslosen, die arbeitsfähig und arbeitswillig sind, einen Arbeitsplatz in einem Betrieb. Diese gemeinsam mit den Arbeitgebern, den Gewerkschaften, den Städten und Gemeinden und den Wohlfahrtsverbänden gestartete Aktion ist erfolgreich. Sie wird bis zum Ende der Legislaturperiode einen besonderen Akzent setzen im Kampf gegen eines der drängendsten Probleme überhaupt im Kampf gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Mit "Jugend in Arbeit" ist es uns – nach dem Vorbild des Ausbildungskonsens – ein weiteres Mal gelungen, ein gesellschaftliches Problem gemeinsam, in public-private-partnership, anzupacken.

Es ist meine feste Überzeugung, daß es unsere wichtigste Aufgabe ist, allen ausbildungswilligen und –fähigen Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen. Das gilt selbstverständlich auch für die ausländischen Jugendlichen, die hier mit uns leben. Eine gute Berufsausbildung für junge Menschen ist heute mehr als je zuvor das beste Rezept gegen Rückzug, gegen Resignation und gegen politische Radikalisierung. Wir brauchen in Nordrhein-Westfalen in den kommenden Jahren zu allererst deutlich mehr betriebliche Ausbildungsplätze. Ich bitte die Spitzenverbände der Wirtschaft um ihre Unterstützung. Und ich wende mich an jede Unternehmerin, an jeden Unternehmer. Bitte, stellen Sie einen oder mehrere, wenn es geht, zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung! Das ist im Interesse Ihres Betriebes. Das ist im Interesse unserer jungen Generation, für die wir gemeinsam Verantwortung tragen. (...)

Kindergärten

Die Situation der Landesfinanzen zwingt zu Kürzungen und schmerzhaften Einschnitten im Haushalt. Wir müssen mehr Reformen fürs Geld verwirklichen, statt auf mehr Geld für Reformen zu warten. Das gilt selbstverständlich bis in die Spitze der Regierungsarbeit hinein. Nur dann haben wir die Glaubwürdigkeit, Einschränkungen auch von den Bürgerinnen und Bürgern zu verlangen. Im Interesse der Kinder und der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben wir die Versorgung mit Kindergartenplätzen deutlich verbessert und allein in den letzten zwei Jahren rund 50.000 neue Plätze geschaffen. Während wir im Kindergarten den Rechtsanspruch auf Betreuung eingelöst haben, ist die Versorgung mit Krippen- und Hortplätzen noch unzureichend. Deshalb wird es in diesem Bereich trotz der schwierigen Haushaltslage keine Kürzungen geben. (...)

Reform von Regierung und Verwaltung

Wir werden bei der neuen Struktur der Landesregierung, bei der Bündelung und Straffung ihrer Aufgaben, bei der Neuordnung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten nicht stehen bleiben. Sie sind der erste Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Reform von Regierung und Verwaltung in Nordrhein-Westfalen. Dort, wo die öffentliche Hand Aufgaben selbst wahrnimmt, muß das Subsidiaritätsprinzip beachtet werden.

Wir wollen eine starke kommunale Selbstverwaltung. Wir ermuntern die Städte und Gemeinden ausdrücklich zur regionalen Zusammenarbeit. Nur wenn eine Aufgabe von der Kommune oder in kommunaler und regionaler Kooperation nicht zufriedenstellend wahrgenommen werden kann, stellt sich die Frage nach einer Aufgabenerfüllung durch das Land.

Es gibt originär staatliche Aufgaben, die einer Privatisierung nicht zugänglich sind. Wir müssen uns darüber hinaus aber in jedem Fall fragen, was die öffentliche Hand selbst tun muß und was Private besser leisten können. Dort, wo es eine ausreichende Versorgung durch Private und funktionierenden Wettbewerb gibt, werden wir prüfen, ob wir auf die Tätigkeit der öffentlichen Hand ganz verzichten können. Ich habe die Kolleginnen und Kollegen im Kabinett gebeten, mir im Laufe dieses Jahres Vorschläge zu machen für die Privatisierung von Einrichtungen aus dem jeweiligen Geschäftsbereich oder für eine konsequente Straffung und Bündelung von Aufgaben. (...)

Anpassung von Gehältern und Bezügen im Landesdienst

Wir werden auch die Struktur der Gehälter und Vergütungen im Landesdienst der öffentlichen Finanzlage anpassen müssen. Wir werden die Ministerialzulage in mehreren Schritten abbauen und die persönlichen Dienstaufwandsentschädigungen streichen. Zur Verminderung der Beihilfeausgaben werden wir eine sozial gestaffelte Kostendämpfungspauschale einführen. Geringe Einkommen bleiben freigestellt. Mittlere Einkommen werden mit 200 DM im Jahr belastet, und die Belastungen steigen dann weiter stufenweise an. Bei den Spitzenpositionen ab Besoldungsgruppe B 8 soll die pauschale Eigenbeteiligung 1.000 DM im Jahr betragen. Das gilt beispielsweise für Regierungspräsidenten, Staatssekretäre und Minister. Die Bezüge und die Versorgung der Mitglieder der Landesregierung werden erneut kritisch erörtert und parlamentarisch debattiert. Wir werden uns an dieser Debatte in aller Offenheit und Klarheit beteiligen.Wir treten für Regelungen ein, die in allen Aspekten verständlich und transparent sind und die jedem Vergleich mit den entsprechenden Regelungen im Bund und den anderen Ländern Stand halten. Ich habe deshalb die Absicht, bei dem nächsten Zusammentreffen mit den Regierungschefs der Länder am 9. Juli dafür zu werben, diese Frage, die sich nicht nur hier bei uns in Nordrhein-Westfalen stellt, gemeinsam und nach gleichen Maßstäben zu beantworten. Ich werde allerdings Wert darauf legen, daß berechtigtes Vertrauen in erworbene Rechte geschützt wird.

Vermögensmanagement

Konsequent sein heißt auch das Vermögensmanagement des Landes zu überprüfen und stille Reserven zu aktivieren. Der Umzug der Staatskanzlei in das Düsseldorfer "Stadttor" ist ein erster Schritt. Wir werden so rasch wie möglich ein zentrales, betriebswirtschaftlich orientiertes Immobilienmanagement aufbauen. In den nächsten zwei Jahren werden wir die Voraussetzungen dafür schaffen, die Bauverwaltung und das Liegenschaftsvermögen des Landes zu einer flexiblen am Markt arbeitenden Organisation zusammenzufassen. Sie wird als Dienstleister die Unterbringung der Landesverwaltung sicherstellen, nicht mehr benötigte Grundstücke vermarkten und dazu beitragen, den Ressourcenverbrauch zu senken. Wir werden das Beteiligungs- und Liegenschaftsvermögen künftig stärker für die Finanzierung von Investitionen in Sicherheit, Bildung und Gesundheit nutzen, weil dies für die Zukunft unseres Landes wichtig ist. Wir wollen damit auch einen Beitrag zur Entlastung des Landeshaushaltes leisten. (...)

Maßregelvollzug

In diesem Zusammenhang nur wenige Bemerkungen zur Situation im Maßregelvollzug: Es entspricht guter Tradition, die Arbeit eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses nicht von Seiten der Regierung zu kommentieren. Aber die Bürgerinnen und Bürger erwarten, daß wir jetzt handeln. Selbstverständlich ist es richtig, daß erfolgreiche Therapie und Sicherheit korrespondieren. Aber es ist klar: Die Sicherheit der Bevölkerung und des betreuenden Personals dürfen zu keinem Zeitpunkt außer acht gelassen werden. Es darf nicht sein, daß jemand, den die Justiz in den Maßregelvollzug eingewiesen hat, auf freien Fuß gesetzt wird – und das nur, weil Therapieplätze nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Ich sage deshalb: Die Schaffung notwendiger zusätzlicher Plätze wird auch in Zukunft nicht an fehlender finanzieller Unterstützung durch das Land scheitern. Bis zur endgültigen Übernahme muß die Unterbringung der Eingewiesenen notfalls übergangsweise in geeigneten, sicheren Räumen und Gebäuden vorgenommen werden. Wir alle wissen, daß wir mehr Forensik-Plätze und mehr Standorte für forensische Kliniken brauchen.

Ich bitte deshalb alle, die sich um das Gemeinwohl sorgen, ich bitte alle, die in Kirchen, Städten und Gemeinden unseres Landes Verantwortung tragen, uns bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Es geht um die Unterbringung kranker, behandlungsbedürftiger Menschen. Es geht zugleich um die Sicherheit der Bevölkerung. Dieses Thema taugt nicht zur politischen Polemik und nicht zu vordergründigen Auseinandersetzungen. (...)

Bildung und Wissenschaft

Bildung, Wissenschaft und Forschung stehen auf der Agenda der Landesregierung ganz oben. Die Entwicklung und Sicherung der Qualität von Bildung und Wissenschaft ist und bleibt die zentrale bildungspolitische Aufgabe dieser Legislaturperiode. (...)

Bei Bildung und Erziehung werden wir noch intensiver auf die gründliche Vermittlung fachlicher Kenntnisse und methodischer Fertigkeiten setzen. Bildung und Erziehung müssen grundlegende Lernkompetenzen, Schlüsselqualifikationen und Medienkompetenz vermitteln, müssen zu eigener Leistung anregen und Selbständigkeit fordern und fördern. Ganz im Sinne der Denkschrift "Zukunft der Schule" müssen sie Offenheit, Neugier und Aufgeschlossenheit für das "lebensbegleitende Lernen" wecken, zu Weiterbildung oder Studium motivieren. Sie müssen aber auch vermitteln, Persönlichkeit bilden und demokratische Orientierungen geben. Darauf lege ich besonderen Wert. (...)

Arbeit und Umwelt

Wir werden Innovationen voranbringen, die eine nachhaltige Entwicklung unseres Landes fördern und den Ressourcenverbrauch verringern. Die Koalitionsvereinbarung stellt die Arbeit der Landesregierung unter das Leitmotiv "Arbeit und Umwelt". Dabei bleibt es. Wir werden zukunfts- und wettbewerbsfähige Arbeitsplätze in einer umweltverträglichen Wirtschaft schaffen. Wir wollen schneller voran kommen auf dem Weg zu einem vorsorgenden Umweltschutz. Er rechnet sich betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich. Er ist ökologisch ohne Alternative. (...)

Die Wirtschaft unseres Landes hat den Schritt zum produktionsintegrierten Umweltschutz bereits in vielen Fällen getan. Wir wollen auch der mittelständischen Wirtschaft verstärkt Anregungen geben. Dazu haben wir soeben die "Effizienzagentur NRW" gegründet. Wir wollen auch in Nordrhein-Westfalen eine Initiative für die Agenda 21, für einen Umweltpakt Nordrhein-Westfalen in Gang setzen, der konkrete Ziele zur Verbesserung der Umweltqualität festlegt, dazu beiträgt, wettbewerbsfähige Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen, und die staatliche Umweltverwaltung leistungsfähiger und unbürokratischer macht. Um diesen Umweltpakt auf den Weg zu bringen, werden Frau Kollegin Höhn und ich in Kürze Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherorganisationen und anderen gesellschaftlichen Gruppen einladen. Wir streben freiwillige, aber verbindliche Vereinbarung für alle Seiten an. (...)

Az.: GPM

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