Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 765/2013 vom 21.10.2013

Satzungsbefugnisse und SüwVO Abw NRW 2013

Im Hinblick auf die SüwVO Abw NRW 2013 und die Satzungsbefugnisse der Städte und Gemeinden nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 LWG NRW ist auf Folgendes hinzuweisen:

1. Satzungsbefugnis nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 1LWG NRW

Ist durch die Rechtsverordnung (SüwVO Abw NRW 2013) keine Frist festgelegt, so kann die Gemeinde nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 LWG NRW durch Satzung eine eigene Frist festlegen. Diese kann auch nach dem 31.12.2020 liegen. Es besteht aber keine Pflicht, für die Gemeinde durch eine Satzung eine Frist für eine Zustands- und Funktionsprüfung bei privaten Abwasserleitungen festzulegen, wenn sie dieses nicht möchte. Dabei bestimmen die in § 8 Abs. 3 und Abs. 4 SüwVO Abw NRW 2013 festgelegten, landesweiten Fristen für die dort benannten Grundstücke grundsätzlich den spätesten Zeitpunkt, wann die Prüfung durchgeführt sein muss.

2. Satzungsbefugnis nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 LWG NRW

Nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 LWG NRW kann die Gemeinde durch Satzung eine Frist für die Zustands- und Funktionsüberprüfung bei privaten Abwasserleitungen festlegen, wenn Sanierungsmaßnahmen an öffentlichen Abwasseranlagen zu planen oder durchzuführen sind. Muss z.B. der öffentliche Abwasserkanal in einer öffentlichen Straße im Jahr 2016 erneuert werden, so besteht grundsätzlich ein Interesse der Gemeinde daran, dass auch die Anschlussleitungen zu den privaten Grundstücken (Grundstücksanschlüsse und Hausanschlüsse) einer zeitgleichen, ganzheitlichen Überprüfung und gegebenenfalls einer zeitgleichen Erneuerung zugeführt werden und deshalb im zeitlichen Vorfeld eine Funktionsprüfung an diesen durchgeführt wird. Ein solches Erfordernis besteht insbesondere dann, wenn im Gleichklang mit der öffentlichen Kanalerneuerung die öffentliche Straße erneuert wird, denn in diesem Fall ist es sinnvoll, auch die Grundstücks- und Hausanschlüsse zu erneuern, damit später nicht die erneuerte Straße, der Radweg, der Bürgersteig wieder aufgerissen werden müssen, weil Grundstücks- und/oder Hausanschlüsse erneuert werden müssen.

Sanierungsmaßnahmen an öffentlichen Abwasseranlagen sind auch dann zu planen oder durchzuführen, wenn Fremdwasser (insbesondere Grund- und Drainagewasser) aus dem öffentlichen Kanalnetz (Schmutzwasserkanal, Mischwasserkanal) herausgenommen werden muss, um die Funktionstüchtigkeit der öffentlichen Kläranlage sicherzustellen. Hier kann es geboten sein neben dem vorhandenen Mischwasserkanal einen neuen öffentlichen Schmutzwasserkanal daneben zu bauen, damit über den bereits vorhandenen Mischwasserkanal zukünftig nur noch Niederschlagswasser und Grund- und Drainagewasser abgeleitet wird und dieser Mischwasserkanal dann einem Gewässer (u.a. Fluss) zugeführt wird, weil mit dieser Maßnahme, dass Grund- und Drainagewasser dann nicht mehr der öffentlichen Kläranlage zugeführt wird.

In diesem Zusammenhang hatte bereits das OVG Lüneburg (Urteil vom 10.01.2012 — Az.: 9 KN 162/10) entschieden, dass die Gemeinde (auch ohne eine landesrechtliche Regelung) berechtigt ist, Funktions- und Zustandsüberprüfungen bei privaten Abwasserleitungen satzungsrechtlich anzuordnen, wenn die Gemeinde im Rahmen der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht gehalten ist, die Einleitung von Fremdwasser (insbesondere Grund- und Drainagewasser von privaten Grundstücken) in das öffentliche Kanalnetz (öffentlicher Schmutzwasserkanal, öffentlicher Mischwasserkanal) zu unterbinden, weil es sich bei dem sog. Fremdwasser vor dessen Einleitung in die öffentliche Abwasseranlage nicht um Abwasser im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 WHG handelt (so bereits: OVG NRW, Urteil vom 12.09.1997 — Az.: 22 A 5779/96 — StGRat 4/1999, S. 24f.).

3. Satzungsbefugnis nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 3 LWG NRW

Die Gemeinde kann auch ein Interesse daran haben, dass eine Funktionsprüfung der privaten Abwasserleitungen zeitgleich oder in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Funktionsprüfung bei den öffentlichen Abwasserkanälen durchgeführt wird. Deshalb besteht die Möglichkeit einer Satzungsregelung nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 3 LWG NRW auch dann, wenn die Gemeinde für abgegrenzte Teile ihres Gebietes die öffentliche Kanalisation im Rahmen der Selbstüberwachungsverpflichtung nach § 61 LWG NRW überprüft.

Insoweit wird auch auf die SüwVO Abw NRW 2013 als Rechtsverordnung nach § 61 Abs. 2 LWG NRW Bezug genommen, die im Teil 1 (§§ 1 bis 6 SüwVO Abw NRW 2013) die Überprüfung der öffentlichen Abwasserkanäle in vorgegebenen zeitlichen Abständen (Anlage 1 zur SüwVO Abw NRW 2013) regelt. Diese Selbstüberwachungspflicht für öffentliche Abwasserleitungen bestand auch bereits auf der Grundlage der zum 01.01.1996 in Kraft getretenen Selbstüberwachungs-Verordnung Kanal NRW (Süw Kan NRW, GV. NRW. 1995, S. 64), die in den 1. Teil der SüwVO Abw 2013 (§§ 1 bis 6 SüwV Abw 2013) übernommen worden ist und mit dem Inkrafttreten der SüwVO Abw 2013 außer Kraft getreten ist (§ 15 SüwVO  Abw NRW 2013).

4. Vorlage-Pflicht für Prüfbescheinigungen (§ 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 2 LWG NRW)

Die Stadt bzw. Gemeinde kann nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 2 LWG NRW zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht nach § 53 Abs. 1 LWG NRW durch Satzung festlegen, dass ihr eine Bescheinigung über das Ergebnis der Prüfung vorzulegen ist (§ 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 2 LWG NRW). Eine Pflicht eine solche Regelung in der Satzung zu treffen besteht nicht. Die Gemeinde kann also frei entscheiden, ob sie eine Vorlagepflicht satzungsrechtlich regeln möchte oder nicht. Möchte eine Gemeinde sicherstellen, dass sie ihre Abwasserbeseitigungspflicht nach § 53 Abs. 1 LWG NRW ordnungsgemäß erfüllt, so empfiehlt sich, eine entsprechende satzungsrechtliche Regelung zu treffen, um feststellen zu können, ob der Grundstückseigentümer als Anschlussnehmer im öffentlichen-rechtlichen Benutzungsverhältnis zur Gemeinde seine Abwasserüberlassungspflicht nach § 53 Abs. 1 c LWG NRW ordnungsgemäß erfüllt, d.h. gewährleistet ist, dass das Schmutzwasser von dem privaten Grundstück in den öffentlichen Abwasserkanal eingeleitet wird und nicht etwa im Vorgarten wegen einer defekten privaten Abwasserleitung versickert.

In diesem Zusammenhang muss sich die Gemeinde auch strafrechtlich absichern, weil der Straftatbestand der Gewässerverunreinigung (§ 324 StGB) auch den Schutz des Grundwassers umfasst (§ 330 d Nr. 1 StGB, § 3 WHG; Salzwedel/Durner in: Hansmann/Sellner, Grundzüge des Umweltrechts, 4. Aufl. 2012, S. 666f.). Als Nebeneffekt ergibt sich dabei auch, dass eine etwaige Strafbarkeit des Grundstückseigentümers nach § 324 StGB vermieden werden kann, wenn dieser etwa Schmutzwasser aus seinen privaten, funktionsuntüchtigen Abwasserleitungen auf seinem Grundstück in das Grundwasser einleitet.

5. Fortgeltung von Satzungen nach altem Recht (§ 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW)

§ 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW beinhaltet eine Übergangs-Vorschrift für Satzungen nach altem Recht bezogen auf den Wegfall des § 61 a LWG NRW am 16.03.2013 (GV NRW 2013, S. 133ff.). Es wird bestimmt, dass Satzungen zur Funktionsprüfung bei privaten Abwasserleitungen fortbestehen können, wenn diese vor Inkrafttreten des geänderten Landeswassergesetzes NRW (16.03.2013) erlassenen worden sind. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung bereits eine Prüfpflicht für private Abwasserleitungen auf der Grundlage des § 61 a LWG NRW a.F. bestanden hat und der Umsetzungsstand in den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen unterschiedlich ist.

Insbesondere wird einer Stadt bzw. Gemeinde durch die Regelung in § 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW die Möglichkeit an die Hand gegeben, bestehende Satzungen fortführen zu können. Dieses kann z.B. dann erforderlich sein, wenn für ein Teilgebiet eine Satzung in der Vergangenheit auf der Grundlage des § 61 a Abs. 5 LWG NRW a.F. erlassen worden war und bereits 80 % der Grundstückseigentümer eine Funktionsprüfung bei ihren privaten Abwasserleitungen durchgeführt haben. In diesem Fall gebietet auch der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, dass die restlichen 20 % der Grundstückseigentümer ebenfalls ihrer Prüfpflicht nachkommen. Soweit eine Gemeinde dieses sicherstellen möchte, kann sie somit ihre Satzungen nach altem Recht (§ 61 a Abs. 5 LWG NRW a.F.) fortführen.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Rechtsprechung satzungsrechtliche Regelungen bereits in der Vergangenheit beim Übergang von § 45 LBauO NRW a.F. auf § 61 a LWG NRW a.F. gerügt hatte , wenn diese nicht an das neue Recht angepasst worden waren, empfiehlt es sich, den Fortbestand bestehender Satzungen nach altem Recht auf der Rechtsgrundlage des § 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW durch Gremienbeschlüsse erneut zu dokumentieren (vgl. OVG NRW, Beschl. vom 26.3.2012 — Az.: 14 A 2688/09 - ; VG Minden, Urteil vom 30.01.2013 — Az.: 11 K 2605/12 - ). Konkret bedeutet dieses, dass die Alt-Satzung unter Bezugnahme auf die Regelung in § 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW in der Satzungs-Präambel erneut beschlossen und damit ihre Fortgeltung bestätigt wird. Für eine solche Vorgehensweise spricht auch der Gesetzestext in § 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW, wonach lediglich bestimmt wird, dass Satzungen nach altem Recht fortbestehen können.

Das OVG NRW (Beschluss vom 12.02.1996 — Az.: 22 A 4244/06 NuR 1997, S. 422ff.) hatte jedenfalls zu § 51 Abs. 2 LWG NRW (Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwanges bei häuslichem Abwasser aus landwirtschaftlichen Betrieben) entschieden, dass eine Gemeinde eine gesetzliche Ermächtigung durch eine ausdrückliche und klare satzungsrechtliche Regelung ausfüllen muss. Hieraus folgt, dass die Gemeinde durch eine Satzungsregelung klar zu erkennen geben muss, dass sie von der Regelungsermächtigung in § 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW Gebrauch machen möchte. Ebenso wie sie eine Satzung nach altem Recht (§ 61 a Abs. 5 LWG NRW a.F.) durch Beschluss aufheben kann, muss sie also auch durch erneuten Satzungsbeschluss festlegen, dass eine Satzung nach altem Recht fortbestehen soll.

6. Unterrichtungs- und Beratungspflicht  (§ 53 Abs. 1 e Satz 3 LWG NRW)

Nach § 53 Abs. 1 e Satz 3 LWG NRW ist die Gemeinde  - wie bereits in § 61 a Abs. 5 Satz 4 LWG NRW a.F. - verpflichtet, die Grundstückseigentümer über ihre Pflichten nach §§ 60 und 61 des Wasserhaushaltsgesetzes zu unterrichten und zu beraten. Die Erfahrungspraxis hat gezeigt, dass Grundstückseigentümer nur dann vor betrügerischen Machenschaften geschützt werden können, wenn die jeweilige Stadt oder Gemeinde ihrer gesetzlichen Unterrichtungs- und Beratungspflicht nachkommt. Kosten für zusätzliches Personal muss die Stadt/Gemeinde auch nicht aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanzieren, denn nach § 53 c Satz 2 Nr. 1 LWG NRW können die Kosten der Unterrichtung und Beratung nach § 53 Abs. 1 e Satz 3 LWG NRW über die Schmutzwassergebühr abgerechnet werden. Insoweit sollte jede Stadt bzw. Gemeinde ein Interesse daran haben, ihre Bürgerinnen und Bürger möglichst gut zu beraten, um sie vor betrügerischen Machenschaften auch bei der späteren Sanierung einer privaten Abwasserleitung zu schützen.

7. Sanierung von privaten Abwasserleitungen (§ 10 SüwVO Abw NRW 2013)

§ 10 SüwVO Abw NRW 2013 regelt die Sanierungsfristen für defekte Abwasserleitungen. Grundstückseigentümer (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SüwVO Abw NRW 2013) bzw. Erbbauberechtigte (§ 10 Abs. 1 Satz 4 SüwO Abw NRW 2013) haben große Schäden an privaten Abwasserleitungen kurzfristig zu sanieren. Mittelgroße Schäden sind in einem Zeitraum von 10 Jahren zu sanieren (§ 10 Abs. 1 Satz 2 SüwVO Abw NRW 2013). Bei Bagatellschäden ist eine Sanierung in der Regel vor der Wiederholungsprüfung nach § 8 Abs. 8 SüwVO Abw NRW 2013 nicht erforderlich (§ 10 Abs. 1 Satz 3 SüwVO Abw NRW 2013). Für die Schadenseinstufung gelten die DIN-Vorschriften (DIN 1986-30 und DIN EN 1610), die nach § 8 Abs. 1 Satz 4 SüwVO Abw NRW 2013 als allgemein anerkannte Regeln der Technik gelten, soweit die SüwVO Abw NRW 2013 keine abweichenden Regelungen trifft.

§ 10 Abs. 2 SüwVO Abw NRW 2013 bestimmt, dass über mögliche Abweichungen von den Sanierungsfristen in § 10 Abs. 1 SüwVO Abw NRW die Städte und Gemeinden nach pflichtgemäßen Ermessen im Einzelfall entscheiden. Hierdurch wird insbesondere die Möglichkeit geschaffen, Härtefälle in der Praxis zu vermeiden.

Wichtig ist, dass nach dem Förderprogramm des Landes „Ressourceneffiziente Abwasserbeseitigung“ (ResA-Programm — MinBl. NRW 2012, S. 641ff.) eine Zuschussförderung (Förderbaustein 5.4 — z.B. Grundstückseigentümer ist Empfänger von Hartz IV-Leistungen) oder ein vergünstigter Kredit (Förderbaustein 5.5 - Zinssatz: ca. 1 %) in Anspruch genommen werden kann, wenn defekte, private Abwasserleitungen erneuert bzw. saniert werden müssen.

Die Sanierungspflicht für defekte, private Abwasserleitungen folgt bereits aus dem Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (§ 60 Abs. 2 WHG). Sie ist aber auch in § 61 Abs. 1 LWG NRW und in den §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 SüwVO Abw NRW geregelt. In der Rechtsprechung des OVG NRW ist ebenfalls entschieden, dass defekte, private Abwasserleitungen zu sanieren sind (vgl. zuletzt: OVG NRW, Beschl. vom 26.03.2012 — Az.: 14 A 2688/09 - OVG NRW, Beschluss vom 11.07.2011 — Az.: 15 A 2625/09 - ; OVG NRW, Beschl. vom 16.10.2002 — Az.: 15 B 1355/02).

Az.: II/2 24-30 qu-qu

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