Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 165/2011 vom 10.03.2011

Sachstand Grundsteuerreform

Mit der Mitteilungsnotiz Nr. 328 vom 30.07.2010 hatten wir zuletzt über den Stand der Diskussion der Grundsteuerreform berichtet. Die überkommenen Einheitswerte, die immer noch die Bemessungsgrundlage der Steuer bilden, sind nicht mehr zeitgemäß. Sie haben sich auf Grund der weit zurückliegenden Bezugszeitpunkte 1935 (neue Länder) und 1964 (alte Länder) zum Teil weit von den realen Werten der Grundstücke entfernt. Dies kann dazu führen, dass etwa ein vor wenigen Monaten neu bebautes Grundstück einem Grundstück mit einem Gebäude der Baujahre 1935 bzw. 1964 gleichgestellt wird.

Bisherige Rechtsprechung zur Grundsteuer und Grundstücksbewertung

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Ungleichbehandlung bisher (noch) akzeptiert. Inzwischen mehren sich jedoch Stimmen in Rechtsprechung und Literatur, die davon ausgehen, dass die derzeitige Form der Erhebung der Grundsteuer unter Anknüpfung an die überkommenen Einheitswerte nicht mehr mit dem Gleichheitsgebot in Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist. Zuletzt hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinen Urteilen vom 30. Juni 2010 eine Reform der Grundsteuer angemahnt. Bislang war die Einheitsbewertung des Grundvermögens vom BFH trotz verfassungsrechtlicher Zweifel akzeptiert worden. In den beiden aktuellen Urteilen hat er daran nur noch für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 festgehalten.

Nunmehr weist der BFH darauf hin, dass das weitere Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz, nicht vereinbar sei. Zur Begründung führt er aus, dass die Festschreibung der Wertverhältnisse auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 nur sachgerecht und aus verfassungsrechtlicher Sicht hinnehmbar sei, wenn der Hauptfeststellungszeitraum eine angemessene Dauer nicht überschreite. Die über mehr als vier Jahrzehnte unveränderte Einheitsbewertung des Grundbesitzes verfehle wegen der damit verbundenen Wertverzerrungen insbesondere die sich aus Artikel 3 Absatz 1 GG ergebenden Anforderungen an eine realitätsgerechte Bewertung. Verfassungsrechtlich geboten sei eine erneute Hauptfeststellung besonders im Beitrittsgebiet, wo die Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1935 festgeschrieben seien.

Eine zügige Reform ist nunmehr umso dringender geboten, als offen bleibt, wie der BFH die Rechtslage für spätere Stichtage beurteilt. Die kommunalen Spitzenverbände haben in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Dringlichkeit einer Reform hingewiesen. Im Mittelpunkt der Reform steht für die Kommunen die Sicherung des Grundsteueraufkommens von derzeit knapp 10 Mrd. Euro und die Erhaltung der Grundsteuer als gute, mit Hebesatz versehene Gemeindesteuer. Daraus folgt auch, dass die Grundsteuer rechtlich abgesichert und politisch möglichst wenig streitbefangen reformiert werden muss.

Beratungen in der Finanzministerkonferenz

Die Finanzministerkonferenz (FMK) hatte 1995 bereits beschlossen, das bisherige Verfahren der Steuererhebung nur noch für eine Übergangszeit beizubehalten. In der Folgezeit sind die Reformbestrebungen aber vernachlässigt worden.

Im Januar letzten Jahres hat die FMK beschlossen, ab September 2010 eine länderoffene Arbeitsgruppe einzusetzen. Auftrag der Arbeitsgruppe ist, vorhandene Reformansätze zu bewerten und bis Anfang 2011 Vorschläge für das weitere Verfahren vorzulegen. Zu bewerten sind bisher drei Modelle: zum einen das sog. Verkehrswertmodell, zum anderen das Modell der sog. Einfachgrundsteuer und zum Dritten ein vermittelndes Modell, welches das Land Thüringen vorgelegt hat.

Die FMK hat sich auch anlässlich ihrer letzten Sitzung am 27.01.2011 mit der Reform der Grundsteuer befasst. Die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder haben sich in der Sitzung eine abschließende Festlegung zu den einzelnen Reformmodellen vorbehalten. Es sollen zunächst die vorgelegten Modelle verprobt und die jeweils anfallenden Bürokratie- und Verwaltungskosten (Kosten des Finanzamtes und anderer Stellen bzw. der Kommune, je nach Umfang der Aufgabenzuweisung für die Grundsteuererhebung) ermittelt werden. Dabei sollen die kommunalen Spitzenverbände eingebunden werden. Die Ergebnisse der Verprobung sollen bis Ende 2011 vorgelegt werden.

Anträge auf Vorläufigkeitserklärung der Grundsteuerbescheide

In einer Reihe von Mitgliedstädten und —gemeinden haben Steuerberater unter Hinweis auf die verfassungsrechtlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einheitsbewertung die Vorläufigkeitserklärung der Steuerbescheide gem. § 165 AO beantragt. In ständiger Beratungspraxis rät die Geschäftsstelle davon ab, solchen Anträgen stattzugeben. Zum einen ist das Grundsteuergesetz als Rechtsgrundlage für die Erhebung der Grundsteuer so lange rechtswirksam, bis das Bundesverfassungsgericht die Norm für verfassungswidrig erklärt hat. Eine solche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht derzeit aktuell nicht an.

Zum anderen vollziehen die Städte und Gemeinden als Grundsteuergläubiger mit der Erhebung der Grundsteuer die Grundsteuermessbescheide der Finanzverwaltung. So lange die Ausgangsbescheide in der Welt sind, sind die Städte und Gemeinden nicht zuletzt wegen des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gehalten, mit den Folgebescheiden die Grundsteuer festzusetzen. Die vorgetragenen verfassungsrechtlichen Zweifel beziehen sich hier im Übrigen auf die Bewertungsfragen, die mit den Grundlagenbescheiden entschieden werden. Richtiger Adressat für Einwände gegen die Bewertung ist damit die Finanzverwaltung und nicht die örtliche Gemeindeverwaltung, die mit den Folgebescheiden lediglich die Festsetzung des Finanzamtes zur Grundlage nimmt.

Außerdem spricht gegen eine Vorläufigkeitsentscheidung die Überlegung, dass das Bundesverfassungsgericht selbst bei einer in der Zukunft ausgesprochenen Verfassungswidrigkeit des Grundsteuergesetzes aller Voraussicht nach dem Gesetzgeber eine Frist zur Nachbesserung der Rechtsgrundlage bzw. zu den Regeln des Bewertungsverfahrens setzen wird, ohne die Rechtsgrundlage für die Grundsteuererhebung in der Vergangenheit für gegenstandslos zu erklären.

Über die weitere Entwicklung der Grundsteuerreformdiskussion werden wir wie gewohnt informieren.

Az.: IV 931-02

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