Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 86/2000 vom 05.02.2000

Rechtsprechung zur Abfallüberlassung geändert

In den Mitteilungen des NWStGB 1999 Nr. 652, S. 314 f., hatte die Geschäftsstelle zuletzt über den aktuellen Stand in der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung der überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" von den nicht überlassungspflichtigen "Abfälle zur Verwertung" für diejenigen Abfallbesitzer/-erzeuger berichtet, die keine privaten Haushaltungen sind (z.B. Industrie- und Gewerbebetriebe). In diesem Zusammenhang hatte die Geschäftsstelle mitgeteilt, daß die obergerichtliche Rechtsprechung in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz dahin geht, daß "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" als Abfallgemisch nicht sortiert werden dürfen, weil insofern eine Behandlung von "Abfällen zur Beseitigung" im Sortierungsvorgang zu sehen ist und sich hieraus ein Verwertungshindernis ergibt, weil eine Behandlung von "Abfällen zur Beseitigung" nur den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger als Aufgabe im Rahmen der Abfallentsorgung nach § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG zugewiesen ist (so: OVG Koblenz, Beschluß vom 03.02.1999 - Az.: 8 B 10134/99, NVWZ 1999, S. 682 ff.; VG Regensburg, Urt. vom 10.11.1997 - Az.: RN 13 K 97.993 - NVWZ 1998, S. 431; bestätigt durch Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Beschluß vom 03.02.1998 - Az.: 20 BZB 98.196 - NVWZ 1998 S. 205; VG Sigmaringen, Beschluß vom 26.01.1998 - Az.: 3 K 1517/96 - NVWZ 1998, S. 429, bestätigt durch VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 24.03.1998, Az.: 10 S 493/98 - NVWZ 1998, S. 1207).

Nunmehr hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 30.11.1999 (Az.: 20 B 99.1068) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vertritt jetzt die neue Rechtsauffassung, daß aus dem KrW-/AbfG ein Trenngebot für "Abfälle zur Verwertung" und "Abfälle zur Beseitigung" jedenfalls bis zur erstmaligen Zusammenführung des Abfalles nicht entnommen werden kann. Vielmehr begnüge sich das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz mit einem Trenngebot für "Abfälle zur Verwertung" untereinander (siehe: § 5 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG) und "Abfälle zur Beseitigung" untereinander (siehe: § 11 Abs. 2 KrW-/AbfG). In der Konsequenz bedeutet die neue Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, daß "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" vom Abfallbesitzer/-erzeuger auch in einem Abfallbehälter vermischt werden können, dann aus dem Zuständigkeitsbereich des abfallbeseitigungspflichtigen Kreises heraustransportiert, im Zuständigkeitsbereich eines anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (Kreis, kreisfreie Stadt) sortiert und die dann bei der Sortierung anfallenden "Abfälle zur Beseitigung" bei diesem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entsorgt werden können.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof weist allerdings darauf hin, daß auch eine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage nach dem KrW-/AbfG denkbar ist, der er sich allerdings nicht anschließen möchte. In diesem Zusammenhang führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus, daß aus dem KrW-/AbfG auch ein Trenngebot für "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" an der Anfallstelle des Abfalls durch den Abfallbesitzer/-erzeuger entnommen werden kann. Gemäß § 10 Abs. 1 KrW-/AbfG sind Abfälle, die nicht verwertet werden, dauerhaft von der Kreislaufwirtschaft auszuschließen und zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen. Diese Abfälle zur Beseitigung sind nach § 11 Abs. 2 KrW-/AbfG getrennt zu halten und zu behandeln. Dasselbe gelte nach § 5 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG auch für "Abfälle zur Verwertung", die, soweit es zur Erfüllung der Anforderungen nach dem § 4 und 5 KrW-/AbfG erforderlich ist, getrennt zu halten und zu behandeln sind. Hieraus so der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ließe sich - wenn auch nicht gesetzlich ausdrücklich ausgesprochen - ein Trenngebot für "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" ableiten. Denn die Vermischung beider Abfallarten laufe den Zielen der Kreislaufwirtschaft eine möglichst hohe Verwertungsquote unter Ausschluß der Beseitigungsabfälle von der Kreislaufwirtschaft zu erreichen zuwider (so auch: Paetow in Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, Kommentar, 2. Auflage 1998, § 11 Rz. 11 unter Bezugnahme auf die Begründung zum Regierungsentwurf, Bundestags-Drs. 12/5672, S. 43).

Ein solches Trennungsgebot würde dann bedeuten, daß der Abfallbesitzer/-erzeuger die "Abfälle zur Beseitigung" von den "Abfällen zur Verwertung" getrennt halten müßte. Ein solches Trenngebot ließe sich nach dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auch aus § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG entnehmen, zumal andernfalls durch die Vermischung der Abfälle der Abfallbesitzer/-erzeuger die Abfallüberlassungspflicht für überlassungspflichtige "Abfälle zur Beseitigung" nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-AbfG unterlaufen könnte. Insoweit habe dann der jeweilige Abfallbesitzer/-erzeuger den "Abfall zur Beseitigung" demjenigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gebietsbezogen zu überlassen, in dessen Gebiet er (erstmalig) anfällt.

Die Geschäftsstelle weist unter Bezugnahme auf die Mitteilungen des NWStGB 1999 Nr. 652, S. 314, darauf hin, daß vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe in der Bundesrepublik Deutschland nur die Möglichkeit verbleibt, letztendlich in einem Urteilsverfahren eine Klärung der Rechtslage durch das Bundesverwaltungsgericht herbeizuführen. Unabhängig davon vertritt die Geschäftsstelle weiterhin mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg und des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Rheinland-Pfalz die Auffassung, daß überlassungspflichtige "Abfälle zur Beseitigung" von den nicht überlassungspflichtigen "Abfällen zur Verwertung" durch den Abfallbesitzer/-erzeuger an der Anfallstelle des Abfalls zu trennen sind, so wie es auch in § 4 a Abs. 1 Landesabfallgesetz NRW geregelt worden ist. Dafür, daß "Abfälle zur Beseitigung" derjenigen Kommune als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger zu überlassen sind, in dessen Zuständigkeitsbereich sie anfallen, spricht auch der Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung, der in § 15 Abs. 1 KrW-AbfG ausdrücklich verankert ist. Zu diesem Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls mit Urteil vom 09.07.1992 (Az.: 7 C 21/91, NVwZ 1993, S. 581 ff., S. 582) zum alten Abfallgesetz 1986 entschieden, daß die gebietsbezogene Verantwortlichkeit eine zugleich rationelle wie umweltschonende Abfallentsorgung ermöglichen soll, indem sie in einem überschaubaren Bereich die Abfallströme ordnet und lenkt und damit ein dem Wohl der Allgemeinheit abträglichen "Abfallexport" vermeidet. Diese Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichtes zum alten Bundesabfallgesetz gilt auch für den in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG verankerten Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung (so: Schink in: Brandt/Ruchay/Weidemann, Loseblatt-Kommentar, zum KrW-/AbfG, § 15 Rz. 27; Kunig in: Kunig/Paetow, Versteyl, KrW-/AbfG, Kommentar, 2,. Aufl 1998, § 15 KrW-/AbfG Rz. 8, Queitsch, KrW-/AbfG, Systematische Darstellung, 2. Aufl. 1999, Rz. 42, S. 36f.). Hieraus folgt, daß "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" bereits an der Anfallstelle durch den Abfallbesitzer/-erzeuger getrennt zu halten sind und die überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" derjenigen Kommune zu überlassen sind, in dessen Zuständigkeitsbereich sie erstmalig anfallen. Anderenfalls würde dem Mülltourismus bei den überlassungspflichtigen "Abfällen zur Beseitigung" Tür und Tor geöffnet und eine ortsnahe Entsorgung der "Abfälle zur Beseitigung" nicht mehr gewährleistet bzw. der Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG leerlaufen. Insbesondere wäre die Folge, daß überlassungspflichtige "Abfälle zur Beseitigung" in der Regel nur noch dort entsorgt würden, wo zur Zeit jeweils die niedrigsten Entsorgungskosten anfallen. Weiterhin liefe auch das öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip nach § 15 KrW-/AbfG gänzlich leer, weil es zumindest im Zuständigkeitsbereich von bestimmten entsorgungspflichtigen Kommunen keine "Abfälle zur Beseitigung" mehr geben würde. Diese Konsequenz hat der Bundesgesetzgeber mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz aber offensichtlich nicht beabsichtigt.

Az.: II/2 31-02

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