Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 175/2003 vom 03.02.2003

Prognose zur kommunalen Haushaltslage 2003

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat für das Jahr 2003 wieder eine Finanzprognose erstellt und bisherige Schätzungen für 2002 aktualisiert. Wie in den vergangenen Jahren beruht die Prognose auf einer eigenen Umfrage zu den Haushaltsergebnissen bzw. Haushaltsplanungen der Kommunen, auf den neuesten Zahlen der Kassenstatistik sowie auf einer aktualisierten Fortschreibung der Steuerschätzung aus November 2002. Die außergewöhnliche Dramatik der kommunalen Finanzkrise zeigt bereits der dramatische Anstieg des kommunalen Finanzierungsdefizits von -3,95 Mrd. € in 2001 über -6,65 Mrd. € in 2002 auf schätzungsweise -9,9 Mrd. € in 2003! Während das Ergebnis für 2002 noch im Bereich der bisherigen Schätzungen (-6 1/2 Mrd. €) liegt, übertrifft der Wert für 2003 die bisherigen Schätzungen (8 Mrd. €) erheblich. Dies ist vor allem auf das 9 Mrd.-€-Defizit der Gemeinden in den alten Ländern zurückzuführen, wo die Einnahmen aus Steuern und Zuweisungen deutlicher zurückgehen als in den Gemeinden der neuen Länder.

I. Die Entwicklung der Einnahmen

Die Gesamteinnahmen der kommunalen Verwaltungshaushalte waren 2002 in den alten Bundesländern weiterhin rückläufig (-0,7 %), während sie in den neuen Ländern stagnierten. Der Unterschied ist auf die Steuerentwicklung in 2002 zurückzuführen, die in den alten Ländern weiter negativ (-4 %) und in den neuen Ländern durch einen Einmaleffekt positiv verlief (+2 %). Für 2003 wird wieder mit stärker sinkenden Gesamteinnahmen gerechnet (-2,2 % im Westen; -1,3 % im Osten, bundesweit -2 %). Die Summe der Einnahmen aus den kommunalen Verwaltungs- und den Vermögenshaushalten war 2002 bundesweit rückläufig (-0,6 %) und wird 2003 weiter sinken (-2,3%). Im Einzelnen zeigt sich:

1. Gewerbesteuer

Das Nettoaufkommen aus der Gewerbesteuer befindet sich nach dem tiefen Absturz um 11,5 % in 2001 bundesweit auf einem sehr niedrigen Niveau. In 2002 muss mit einem weiteren Rückgang um 9,1 % gerechnet werden, der sich auch 2003 in geringeren Raten fortsetzt (-3,3 %). In den alten Ländern würde der Rückgang (-9,7 %) in 2002 noch höher ausfallen, wenn nicht im vierten Quartal in einzelnen Städten überraschende Einnahmenzuwächse zu verzeichnen gewesen wären. Ob diese Quartalswerte von einzelnen Städten eine bundesweite Trendumkehr anzeigen, ist vor dem Hintergrund der anhaltend schlechten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung keineswegs sicher. Wenn auch für 2003 bei der Bruttogewerbesteuer im Westen mit einer Stagnation und im Osten sogar mit einem leichten Plus gerechnet werden kann, so wird auch in diesem Jahr weniger an Gewerbesteuer in den Kommunen ankommen, da die Sätze für die Gewerbesteuerumlage weiter gestiegen sind. Die Tabelle weist daher aus, dass die Nettogewerbesteuereinnahmen 2003 mit Minderungen um 3,5 % im Westen und 0,8 % im Osten rückläufig bleiben.

2. Gemeindeanteil an der Einkommensteuer

Nachdem der Einkommensteueranteil 2001 um 4,1 % verringerte Einnahmen erbracht hatte, müssen die Gemeinden bundesweit von diesem niedrigen Niveau weitere Einnahmeeinbußen um 0,9 % in 2002 und 0,7 % in 2003 hinnehmen. Dass in 2002 ein Rückgang in den Einnahmen der westlichen Kommunen um 1,3 % mit einem Zuwachs der Einnahmen in den östlichen Kommunen um 6,2 % einhergeht, ist auf eine 2001 erfolgte Veränderung der Zerlegungsgrundsätze zurückzuführen, die größtenteils erst in 2002 kassenwirksam geworden ist. Dieser einmalige Zuwachs bleibt in den neuen Ländern 2003 aus, was den überdurchschnittlichen Rückgang in diesem Jahr von 3,5 % im Osten erklärt. Abgesehen von diesem Sondereffekt ist auch bundesweit ein Ende von der leichten Abwärtstendenz nicht absehbar.

3. Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer

Bei dem Umsatzsteueranteil wurde für 2002 ein leichter Rückgang (-1,3 %) und für 2003 ein leichter Zuwachs (2,3 %) geschätzt. Die 2002 zu beobachtende Kaufzurückhaltung insbesondere bei höherwertigen Gütern, die mit 16 % besteuert werden, hat das Aufkommensniveau unter das übliche Maß hinaus abgesenkt. Für 2003 wird trotz schlechter Konjunkturaussichten jedenfalls von einem Anstieg auf das Niveau von 2001 ausgegangen.

4. Laufende Zuweisungen von Bund und Ländern

Bei den laufenden Zuweisungen wird der leichte Rückgang von 2000 auf 2001 in 2002 zwar wieder aufgeholt (+1 %). 2003 schlagen sich aber die Steuermindereinnahmen der Länder in den Rückgängen der laufenden Zuweisungen um bundesweit 3,8 % nieder. Somit dürften allein in 2003 Mindereinnahmen in Höhe von 1,5 Mrd. € an die Gemeinden weitergegeben werden. Der Rückgang ist mit 4,5 % (gleich 1,3 Mrd. €) im Westen größer als im Osten mit -1,8 % (gleich 0,2 Mrd. €). Schätzungen der Länder gehen sogar von noch größeren Rückgängen in diesem Bereich aus. In unserer Tabelle wird die Kompensation des Bundes für die Übernahme von Grundsicherungsleistungen durch die Kommunen in dieser Zeile als „Zahlungen von Bund, Land“ mitgerechnet. Nicht berücksichtigt sind jedoch mögliche Effekte des Steuervergünstigungsabbaugesetzes, über dessen finanziellen Wirkungen zum Zeitpunkt der Prognose keine belastbaren Daten zur Verfügung standen.

5. Gebühren

Bei den Gebühren zeigt sich bundesweit für 2002 ein leichter Rückgang ab (-2,4 %). Da das Ausmaß an Ausgliederungen aus den Kernhaushalten inzwischen erheblich abgenommen hat, ist dieser Rückgang nicht hierdurch, sondern vor allem auf eine maßvolle Gebührenpolitik der Kommunen zurückzuführen. Die Euroumstellung wurde vielerorts sogar zu einer leichten Gebührensenkung genutzt, weil sich die DM-Euro-Umstellung mit 2:1 vielfach als die praktikabelste Lösung erwiesen hatte. Mit Rücksicht auf die Kostendeckungsgerade muss jedoch mittelfristig mit leichten Gebührenanhebungen gerechnet werden, die sich in den alten Ländern mit einem Zuwachs von 0,6 % in 2003 zeigen. Die Stagnation in den neuen Bundesländern ist auf leichte Ausgliederungseffekte zurückzuführen.

6. Einnahmen aus Veräußerungserlösen

Die in den 90er Jahren zu beobachtende Welle von Vermögensverkäufen ebbt langsam ab. Während wir von 1992 bis 1998 jährliche Werte von 4 1/2 Mrd. € ansteigend auf 8 1/2 Mrd. € zu verzeichnen hatten, können wir seit 1998 einen abwärts gerichteten Trend feststellen. Das „Tafelsilber“ ist weitgehend veräußert. Die jährlichen Werte dürften nun um 6,1 Mrd. € schwanken, wobei freilich wenige Großverkäufe schnell die bundesweite Prognose ins Wanken bringen könnten. Solche Einmaleffekte haben jedoch seit 1998 an dem mittelfristigen Abwärtstrend bei Veräußerungserlösen nichts ändern können. Auf diesem Trend schwenkt unsere Schätzung mit einer für 2003 unterstellten Stagnation wieder ein, nachdem im Vorjahr überraschend große Rückgänge bei den Veräußerungserlösen festzustellen waren (-11,5 %).

7. Investitionszahlungen von Bund, Land

Bei den Investitionszuweisungen setzt sich 2002 ein bundesweiter Abwärtstrend fort, der die Zahlungen in diesem Bereich von 11,5 Mrd. € in 1993 auf 8,1 Mrd. € in 2002 reduziert. Sieht man von dem die Grundtendenz verfälschenden Einmaleffekt der Fluthilfezahlungen ab, setzt sich der Abwärtstrend auch 2003 fort (-6,2 %). (In den neuen Ländern sind bereits 2002 die ersten 100 Mio. € aus der Fluthilfeaktion ausgezahlt worden. Die übrigen Fluthilfemittel in Höhe von 1,6 Mrd. € werden erst im Jahr 2003 zu einem einmaligen Anstieg der Investitionsmittelzuflüsse in den neuen Ländern führen, der fälschlich den Anschein einer Trendumkehr bei den Investitionszuweisungen erwecken könnte und daher in der Tabelle herausgerechnet worden ist).

II. Die Entwicklung der Ausgaben

Bei den gesamten Ausgaben des Verwaltungshaushalts sind bundesweite Zuwächse von 2,4 % in diesem wie im vergangenen Jahr vor allem auf steigende Ausgaben für soziale Leistungen zurückzuführen (5 % in 2002, 5,6 % in 2003). Bei den Personalausgaben hat die Umfrage für 2003 einen Zuwachs um 1,9 % ergeben, was angesichts des jüngsten Tarifabschlusses ohne Personalabbau nicht vorstellbar ist. Die Summe der Ausgaben aus den kommunalen Verwaltungs- und Vermögenshaushalten stieg 2002 bundesweit um 0,9 % und wird 2003 um 0,1% sinken, wobei die Flutopferhilfen und deren Verausgabung nicht enthalten sind. Im Einzelnen zeigt sich:

1. Investitionen

Entsprechend der Entwicklung bei den Investitionszuweisungen setzt sich der bundesweite langfristige Trend zu Investitionsrückgängen fort, wenn man auch hier wie bei den Zuweisungen von den Sondereffekten der flutbedingten Investitionen absieht, soweit sie aus den einmalig zur Verfügung stehenden Fluthilfemitteln finanziert werden. (Sonst müsste auch hier damit gerechnet werden, dass aus den Fluthilfemitteln bereits 2002 100 Mio. € in die Baumaßnahmen von Kommunen in den neuen Ländern geflossen sind und die restlichen 1,6 Mrd. € in 2003 folgen). Da dieser Einmaleffekt eine Trendumkehr bei den Investitionsmaßnahmen vortäuschen würde, wurde er exakt aus den Werten der Tabelle herausgerechnet. Dass die (übrigen) Baumaßnahmen wie auch der Erwerb von Sachvermögen 2003 besonders stark gekürzt werden mussten, hat vor allem zwei Gründe: Zum einen müssen durch die Vordringlichkeit der Flutfolgenbeseitigung andere Sachinvestitionen zurückgestellt werden. Zum anderen erklärt sich diese Entwicklung durch den fortgesetzten Zwang der Kommunen, sinkende Einnahmen und steigende Pflichtausgaben teilweise durch Investitionskürzungen zu kompensieren. Dies hat seit 1992 zu Investitionsrückgängen von über 10 Mrd. € geführt, die kommunale Finanzkrise besonders plastisch offen gelegt und schon seit längerem die DStGB-Forderungen nach Investitionshilfen durch den Bund und anderen finanzpolitischen Sofortmaßnahmen begründet.

2. Personal- und laufende Sachausgaben

Bundesweit zeigte sich 2002 ein maßvoller Anstieg bei den Personal- und laufenden Sachausgaben, dessen geringe Werte im Durchschnitt jedoch nur durch einen Personalabbau möglich waren, der im besondern Maße in den neuen Ländern zu verzeichnen war. Der Rückgang in den neuen Ländern um 1,1 % zeigt diesen Personalabbaueffekt besonders deutlich, weil hier vor dem Hintergrund der stufenweise erfolgenden Ost-West-Angleichung bei den Löhnen eigentlich mit einem Anstieg zu rechnen gewesen wäre. Für 2003 wird schließlich mit einem bundesweiten Anstieg der Personalausgaben um 1,9 % gerechnet, im Westen um 2,1 % und im Osten um 0,7 %. Dies ergibt sich aus der Hochrechnung der Ergebnisse unserer kommunalen Haushaltsumfrage. Bei gleichem Personalstock würde diese Anhebung um 750 Mio. € niemals reichen, um die Auswirkungen des jüngsten Tarifabschlusses zu finanzieren. Daraus wird deutlich, dass in den Kommunen nun mit einem verschärften Personalabbau gerechnet wird. Dieses Ergebnis der Umfrage unterstreicht unsere Haltung bei den Tarifverhandlungen, wonach für die Umsetzung des Schlichterspruches das Personalbudget der kommunalen Haushalte nicht ausreiche und Personalabbau die Folge sein werde. Soweit trotz Personalabbaus zusätzliche 750 Mio. € eingeplant werden, reflektiert dieses die Tatsache, dass nach den vergangenen Personalabbaurunden vielerorts die kommunalen Aufgaben bereits mit einem Minimalbestand an Personal erledigt werden, was dort weiteren Abbau ausschließt.

3. Ausgaben für soziale Leistungen

Der Pflegeversicherungseffekt, der sich nach 1996 senkend auf die kommunalen Sozialausgaben ausgewirkt hat, ist inzwischen aufgebraucht. So wird nach einem bundesweiten Zuwachs um 5 % in 2002 und einem weiteren Zuwachs um 5,6 % in 2003 der Wert von 30,3 Mrd. €. erreicht, der den Betrag von 1996 (vor Einführung der Pflegeversicherung) deutlich übersteigt. Wie in den letzten Jahren lagen die Zuwachsraten in den neuen Ländern über dem Bundesdurchschnitt und zeigen damit eine Entwicklung auf, die allmählich zu den höheren Pro-Kopf-Ausgaben in den alten Ländern führt. Bundesweit reflektieren die Sozialleistungszuwäche die mit der Arbeitslosigkeit ansteigende Inanspruchnahme (ergänzender) Hilfe zum Lebensunterhalt, steigende Ausgaben für die Jugendhilfe sowie ab 2003 die Ausgaben für die Grundsicherungsleistungen, die die bei den „Zahlungen von Bund und Ländern“ enthaltende Kompensation übersteigen dürfte.

Az.: IV 900-01

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