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StGB NRW-Mitteilung 217/2001 vom 05.04.2001

Privatisierung einer Trauer- und Leichenhalle

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2000 hat die Geschäftsstelle an das Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen die Frage gerichtet, ob der Verkauf oder die Verpachtung einer Trauer- und Leichenhalle an ein Bestattungsunternehmen zulässig ist, wenn der gemeindliche Bedarf im wesentlichen über diese Halle abgedeckt wird. Hierzu hat das Ministerium folgendes mitgeteilt:

"Für die Beantwortung der Frage, ob Verkauf oder Verpachtung gemeindlicher Trauer- und Leichenhallen z.B. an ein Bestattungsunternehmen grundsätzlich zulässig ist, ist im jeweiligen Einzelfall festzustellen, ob die gemeindliche Halle als wesentlicher Bestandteil der gemeindlichen "Daseinsvorsorge" angesehen werden muß. § 7 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Leichenwesen vom 3. Dezember 2000 (GV. NRW. S. 757) schreibt mit Absatz 1 die Überführung der Verstorbenen in eine Leichenhalle vor, stellt mit Absatz 3 private Räume anderer Träger für diesen Zweck (z.B. Aufbewahrungsräume der Bestatter) den Leichenhallen gleich und verpflichtet mit Absatz 2 die Gemeinde, für die Leichenaufbewahrung zu sorgen, sollte Bedarf an Aufbewahrungsräumen nicht gedeckt sein. Ob ungedeckter Bedarf besteht, ist nur für den konkreten Fall zu entscheiden; dabei spielt sicherlich eine Rolle, wie hoch unter seuchenhygienischen Gesichtspunkten der Mindestbedarf an Aufbewahrungsräumen für Leichen ist, welcher zusätzliche Bedarf örtlich für die Aufbewahrung nicht an Seuchen Verstorbener besteht, welche Preise Bestatter für die Inanspruchnahme ihrer Aufbewahrungsräume verlangen und welche Gebühren die Gemeinde für die Nutzung ihrer Leichenhalle(n) fordert. Zu berücksichtigen sind soziale Aspekte bei Nutzungsentgelten "privater" Aufbewahrungsräume, die für sozial schwache Kreise der Bevölkerung nicht erschwinglich wären. Hier dürfte eine Pflicht der Gemeinde zur Vorhaltung eigener Aufbewahrungsräume mit entsprechend niedrigen Nutzungsgebühren bestehen oder eine Hilfestellung über die Sozialhilfe erforderlich werden, mittels deren auch finanziell schlechter Gestellte ihre Pflicht nach § 7 der genannten Verordnung erfüllen können. Ferner ist es auch denkbar, Verstorbene anderenorts in einer gemeindlichen oder gewerblichen Leichenhalle bis zur Bestattung am vorgesehenen Ort aufzubewahren; dieser Weg dürfte aber in der Praxis kaum beschritten werden.

Bei der Vielzahl möglicher Aspekte und örtlicher Verhältnisse kann also nicht ohne Weiteres die Vorhaltung von Leichenhallen als "öffentliche Aufgabe" einer Gemeinde angesehen werden, doch sind örtliche Verhältnisse durchaus denkbar, unter denen die Vorhaltung im Einzelfall eine "öffentliche Aufgabe" ist. Gleiches gilt für das Angebot von Hallen bzw. Kapellen für religiöse oder nichtreligiöse Bestattungsfeiern.

Ergibt die nähere Prüfung, daß die Gemeinde Trauer- und Leichenhallen als "öffentliche Aufgabe" vorhalten muß, so darf sie ihre dieser Aufgabe dienenden Vermögensteile nicht veräußern oder muß im Fall der Veräußerung andere Vermögensteile für diesen Zweck vorsehen. Sie hat die Möglichkeit, den "Betrieb" der Trauer- und Leichenhallen, den sie auch weiterhin gewährleistet, auf einen (oder mehrere) beauftragten Unternehmer ("Übernehmer") zu übertragen, dessen Betriebsleistungen sie auf Vertragsbasis ankauft. In die zu vereinbarenden Kaufpreise der Leistungen darf ein den preisrechtlichen Vorschriften entsprechender Gewinn des Übernehmers oder der Übernehmer eingerechnet sein. Die Gemeinde kann unter Berücksichtigung der Leistungs-Kaufpreis Gebührensatzungen für die Nutzung der Trauer- und Leichenhallen und der dort angebotenen Dienstleistungen erlassen. Nachteilige Folgen einer möglicherweise entstehenden starken örtlichen Marktstellung des Übernehmers oder der Übernehmer für die Nutzer der Trauer- und Leichenhalle sollten so vermieden werden können. Es empfiehlt sich allerdings, derartige Vorhaben mit der Kommunalaufsicht abzustimmen."

Aus den allgemeinen und nicht immer eindeutigen Formulierungen des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen lassen sich folgende Kernaussagen herausarbeiten:

1. Die Vorhaltung einer Trauer- und Leichenhalle ist nicht ohne weiteres eine öffentliche Aufgabe.

2. Im Einzelfall ist festzustellen, ob die gemeindliche Halle als wesentlicher Bestandteil der gemeindlichen "Daseinsvorsorge" angesehen werden muß. Dies ist nach Auffassung der Geschäftsstelle der Fall, wenn ohne die Trauer- und Leichenhalle der örtliche Bedarf nicht mehr gedeckt werden kann.

3. Hat die Prüfung ergeben, daß es sich bei dem Vorhalten der Trauer- und Leichenhalle um eine öffentliche Aufgabe handelt, so ist die Kommune grundsätzlich nicht berechtigt, die Halle zu veräußern.

4. Es besteht jedoch die Möglichkeit, den "Betrieb" der Trauer- und Leichenhalle auf einen Unternehmer zu übertragen, um die Betriebsleistungen in Anspruch zu nehmen. Um eine Monopolstellung des Unternehmers zu vermeiden, ist die Nutzung der Trauer- und Leichenhalle weiterhin in einer Gebührensatzung zu regeln.

5. Ein derartiges Vorhaben sollte mit der Kommunalaufsicht abgestimmt werden.

Az.: IV/2-873-00

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