Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 245/2005 vom 09.03.2005

Privat veranstaltetes Glücksspiel umsatzsteuerfrei

Der EuGH hat entschieden, dass nach der sechsten EU-Umsatzsteuerrichtlinie über ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem die Veranstaltung von privaten Glücksspielen sowie der Betrieb von privaten Glücksspielgeräten steuerfrei zu stellen ist, so wie dies auch bei öffentlich betriebenen Spielbanken der Fall ist. Insbesondere dürfen nach dem nationalen Umsatzsteuergesetz keine uneinheitlichen Besteuerungsregelungen aufgestellt werden. Die Veranstalter oder Betreiber von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten könnten sich darüber hinaus vor den nationalen Gerichten auf die Umsatzsteuerrichtlinien berufen, um mit dieser Bestimmung die Anwendung unvereinbarer innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu verhindern.

Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) lagen zwei Vorlageverfahren aus Deutschland zugrunde. Im ersten Fall stellte ein privater Unternehmer mit behördlicher Genehmigung Geldspielautomaten und Unterhaltungsautomaten in Gaststätten und in ihm gehörenden Spielhallen zur entgeltlichen Nutzung bereit. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die betreffenden Einnahmen nicht nach § 4 Nr. 9 Buchstabe B UStG steuerfrei seien, da sie weder der Renn-, Wett- und Lotteriesteuer unterlägen noch aus dem Betrieb einer zugelassenen öffentlichen Spielbank stammten. Innerhalb des Revisionsverfahrens vor dem BFH wies das Finanzamt darauf hin, dass bei den in den Spielbanken aufgestellten Geräten die Einsätze und Gewinnmöglichkeiten wesentlich höher seien als bei denen, die außerhalb dieser Einrichtungen betrieben würden. Deshalb bestehe kein Wettbewerbsverhältnis zwischen diesen beiden Gerätearten. Folglich seien die privat betriebenen Glücksspielautomaten nicht mit den in öffentlichen Spielbanken aufgestellten Geräten zu vergleichen.

Im zweiten Verfahren veranstaltete der Kläger u.a. illegale Kartenspiele, die nach Ansicht des Finanzamtes umsatzsteuerpflichtig waren. Im Revisionsverfahren vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass zwischen dem vom Kläger veranstalteten Kartenspiel und den von öffentlichen Spielbanken veranstalteten Spielen kein Wettbewerbsverhältnis bestünde, da diese Spiele nur bedingt miteinander vergleichbar seien.

In seiner Entscheidung zu den Vorlagefragen führt der EuGH aus, dass sich aus Art. 13 Teil B Buchstabe F der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer – gemeinsames Mehrwertsteuersystem ergibt, dass die Veranstaltung oder der Betrieb von Glücksspielen und Glücksspielgeräten grundsätzlich von der Mehrwertsteuer zu befreien ist. Die Mitgliedstaaten bleiben dabei aber dafür zuständig, die Bedingungen und die Grenzen dieser Befreiung festzulegen. Dabei müssen diese allerdings den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachten. Dieser beinhaltet, dass gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer gleich zu behandeln sind, indem ein einheitlicher Steuersatz auf sie anzuwenden ist. Bei der Feststellung, ob die erbrachten Waren oder Dienstleistungen gleichartig sind, ist nach den Ausführungen des EuGH allein eine tätigkeitsbezogene Betrachtung maßgeblich. Deshalb dürften die Mitgliedstaaten eine Befreiung von der Mehrwertsteuer nicht von der Identität des Veranstalters oder Betreibers dieser Spiele abhängig machen. In der Konsequenz kommt der EuGH zu dem Ergebnis, dass Art. 13 Teil B Buchstabe F der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er der nationalen Rechtsvorschrift entgegensteht, wonach die Veranstaltung oder der Betrieb von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten aller Art in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei ist, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung der gleichen Tätigkeit für Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Spielbankenbetreiber sind, nicht gilt.

In seinen weiteren Ausführungen betont der EuGH, dass sich ein Veranstalter oder Betreiber von Glücksspielen oder Glücksspielgeräten unmittelbar auf Art. 13 Teil B Buchstabe F der Sechsten Richtlinie sowohl in dem Fall berufen kann, in dem der nationale Gesetzgeber noch nicht sein Ermessen bei der Festlegung der Bedingungen für die Anwendung bestimmter darin vorgesehener Steuerbefreiungen ausgeübt hat, als auch erst Recht in dem Fall, in dem der nationale Gesetzgeber dieser Vorschrift widersprechende innerstaatliche Rechtsvorschriften erlassen hat.

Die Entscheidung setzt in konsequenter Weise die vom EuGH bereits im Urteil „Fischer“ aufgestellte Rechtsprechung fort. Das Gericht verfolgt dabei eine konsequent am Grundsatz der steuerlichen Neutralität orientierte, allein tätigkeitsbezogene Betrachtung bei der Besteuerung einer wirtschaftlichen Betätigung. Für den öffentlichen Bereich bedeutet dies in der Konsequenz, dass bei einer solch strengen Betrachtungsweise öffentlich rechtliche Sonderrechtsverhältnisse auch in anderen Bereich der Besteuerung für den EuGH möglicherweise keine Rolle spielen. Dies ist aus der Sicht von Städten und Gemeinden, soweit sie Umsatzsteuerbefreiungen bei ihrem Tätigwerden in Anspruch nehmen, sicherlich nicht unkritisch zu betrachten. Im vorliegenden Fall, in dem es nicht um die Vergnügungssteuer geht, ergeben sich negative Auswirkungen einer Nichtbesteuerung des privaten Glücksspiels für Kommunen allein durch Mindereinnahmen über den Anteil an der Umsatzsteuer.

Az.: IV/1 922-00

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