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StGB NRW-Mitteilung 123/2000 vom 05.03.2000

Pressemitteilung: Kommunalverfassung weiterentwickeln

Demokratie - auf auch lokaler Ebene - ist nichts Abgeschlossenes, sondern muß nach gravierenden Änderungen der gesellschaftlichen Entwicklung zu einem schlüssigen und vor Ort praktikablen Gesamtwerk dynamisch weiterentwickelt werden. Aus diesem Grund tritt der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund für Änderungen in der Gemeindeordnung von NRW ein, die darauf abzielen, die Rechte des hauptamtlichen Bürgermeisters/der Bürgermeisterin klarer zu definieren und die Bürger-Beteiligung bei kommunalpolitischen Entscheidungen zu erleichtern.

Urwahl und Amtszeit des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin

Falls ein Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin während der Wahlperiode aus dem Amt scheidet, ist bisher eine Nachwahl durch den Rat vorgesehen. Diese indirekte Wahl müsse durch eine Urwahl seitens der Bevölkerung ersetzt werden, erklärte der Präsident des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes, Albert Leifert MdL, heute in Düsseldorf: "Die Urwahl des Bürgermeisters im Falle einer Nachwahl liegt in der Logik der Grundsatzentscheidung, die Doppelspitze abzuschaffen und den Bürgermeister per Direktwahl wählen zu lassen". Das dem Bürger gewährte Beteiligungsrecht würde so bei einer Nachwahl nicht aufgehoben, sondern bliebe durchgängig für alle denkbaren Fälle erhalten. Nur so behielte die Bürgerschaft in jedem Fall den direkten Einfluß auf die wichtigste Personalentscheidung in der Stadt oder Gemeinde.

Darüber hinaus spricht sich der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund für eine Amtszeit von 8 Jahren für Hauptverwaltungsbeamte aus. "Der Bürger soll und muß nach Ablauf der Amtsperiode entscheiden, ob der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin das in ihn oder sie gesetzte Vertrauen erfüllt hat oder nicht", so Leifert. Durch die derzeit vorgeschriebene Verbindung von Ratswahl und Bürgermeisterwahl werde die persönliche Verantwortung des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern verwischt.

Die Kommunalwahl im September 1999 habe bestätigt - so Leifert -, daß die Bürger die Wahl des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin als reine Personenwahl verstehen. Nur dadurch sei zu erklären, daß vielerorts der Bürgermeister/die Bürgermeisterin nicht der selben Partei angehöre wie die Ratsmehrheit. Die parteipolitische Bindung, die mit der verbundenen Wahl bezweckt worden war, sei falsch - und in vielen Fällen nicht eingetreten.

Neben Nordrhein-Westfalen sieht lediglich Niedersachsen eine 5jährige Amtszeit vor. In den anderen großen Bundesländern liegt die Amtszeit des hauptamtlichen Bürgermeisters zwischen 6 und 8 Jahren. "Eine längere Amtszeit sichert eine größere Kontinuität der Amtsführung", betonte Leifert. Sie gebe den betreffenden Persönlichkeiten die Gelegenheit, ihre Vorstellungen auch innerhalb einer Amtszeit verantwortlich gegenüber der Bürgerschaft umzusetzen. Der Bürger könne nach Beendigung der Amtszeit anhand realisierter Projekte und einer bürgerfreundlichen und effektiven Verwaltungsführung erkennen, ob der Amtsträger/die Amtsträgerin das in ihn/sie gesetzte Vertrauen rechtfertige. Dies sei bei der gegenwärtig vorgesehenen 5jährigen Amtszeit, in die auch noch eine Einarbeitungszeit fällt, kaum möglich.

Nordrhein-Westfalen hat mit 396 Städten und Gemeinden bei rund 18 Mio. Einwohnern bundesweit die stärkste Stadt- und Gemeindestruktur und nimmt eine Sonderstellung ein. Die im Vergleich großen und starken Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen benötigen eine starke und qualifizierte Verwaltung, die von einer fachkundigen Persönlichkeit geführt wird. "Grundsätzlich gilt: Mit längeren Wahlzeiten für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister werden diese Ämter für fähige, starke und bürgerfreundliche Persönlichkeiten noch besser ausgestaltet", machte der Präsident und frühere Bürgermeister Leifert deutlich. Die Bürgerschaft insgesamt wolle und wähle fähige und starke Persönlichkeiten, weil sie dem für die Entwicklung ihrer Städte und Gemeinden höchste Bedeutung beimesse.

Bürgermeister-Stimmrecht

Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund begrüßt darüber hinaus die vorgesehene Ausweitung des Stimmrechts des hauptamtlichen Bürgermeisters im Rat und die damit verbundene Klärung strittiger Rechtsfragen. Die Neuregelung sollte das Stimmrecht des Bürgermeisters im Rat nur dann ausschließen, wenn persönliche Angelegenheiten behandelt werden oder Befangenheit vorliegt.

Bürgerbegehren und Bürgerentscheid

Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund begrüßt die Regelungen zur leichteren Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in den Gesetzentwürfen der Regierungskoalition sowie der CDU. Die vorgesehene Absenkung der Quoren (Mindest-Teilnehmerzahlen) sei in ihren Auswirkungen auf kreisangehörige Kommunen vertretbar, so Leifert. Allerdings werde der Vorschlag, der Rat sollte anstelle eigener Entscheidung einen Bürgerentscheid herbeiführen dürfen, von einer großen Mehrheit im Präsidium des Verbandes als nicht sachgerecht abgelehnt.

Der Grundsatz der repräsentativen Demokratie, wie er sich in der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen widerspiegelt, sollte nach Auffassung des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes grundsätzlich beibehalten werden. Die Ratsmitglieder werden von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt und sind verpflichtet, sich ausschließlich nach dem Gesetz und ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung leiten zu lassen. Damit ist eine demokratische Legitimation und eine Verpflichtung auf das Gemeinwohl gegeben. Eine Möglichkeit für den Rat, Bürgerentscheide herbeizuführen, anstelle selbst eine Entscheidung zu treffen, führte nach Ansicht des NWStGB zu einer Verwischung von Verantwortlichkeiten.

Pflicht-Einwohnerversammlung

Gesetzliche Regelungen, die neue Standards für Kommunen begründen, lehnt der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund grundsätzlich ab - es sei denn, daß überzeugende Argumente dafür sprechen. Dies wäre bei einer Verpflichtung für den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin, jährlich eine Einwohnerversammlung abzuhalten, nicht der Fall. Nichts sei jedoch dagegen einzuwenden, neben dem Rat auch dem Bürgermeister/der Bürgermeisterin das förmliche Recht in der Gemeindeordnung ausdrücklich einzuräumen, eine Einwohnerversammlung einberufen zu können.

Az.: G/2

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