Mitteilungen - Jugend, Soziales, Gesundheit

StGB NRW-Mitteilung 737/2013 vom 21.10.2013

Präventionsgesetz vom Bundesrat gestoppt

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 20. September 2013 das Gesetz zur Förderung der Prävention und Gesundheitsförderung in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Er hält das vorgelegte Gesetz im Hinblick auf das Ziel, Gesundheitsförderung und Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wirkungsvoll zu organisieren, für unzureichend und fordert eine grundlegende Überarbeitung. Das Gesetz sah vor, die Krankenkassen zu verpflichten, ihre Ausgaben für die Prävention deutlich zu erhöhen und die Leistungen zur primären Prävention an bestimmten Gesundheitszielen auszurichten. Darüber hinaus sollten die Rahmenbedingungen für die betriebliche Gesundheitsförderung verbessert werden.

Der Bundesrat hält dies für unzureichend. Vielmehr müsse ein wirkungsvolles Präventions- und Gesundheitsförderungsgesetz u.a. alle Sozialversicherungsträger und die private Krankenversicherung inhaltlich und finanziell einbeziehen und eine gemeinschaftliche Finanzierung abgestimmter Landespräventions- und Gesundheitsförderungsprogramme auf der Grundlage verbindlicher Kooperationsverfahren berücksichtigen. Mit der Verweisung in den Vermittlungsausschuss ist das Gesetz faktisch gestoppt, da der Ausschuss nicht mehr vor dem Ablauf der Wahlperiode des Bundestages getagt hat.

Auch die kommunalen Spitzenverbände hatten Kritik an dem Gesetz geäußert, da zum einen die weiteren Sozialversicherungsträger (Unfall-, Pflege, Renten- und Arbeitslosenversicherung) im Gesetz keine Rolle spielen und auch das Zusammenwirken der Krankenkassen mit den Ländern und Kommunen völlig unklar bleibt. Der Bundesrat begründet die Ablehnung des Gesetzes und die Anrufung des Vermittlungsausschusses wie folgt:

Die vorgelegte Regelung zur Stärkung der Prävention zielt fast ausschließlich auf ein modifiziertes Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab.

Außer der GKV spielen weitere Sozialversicherungsträger (Unfall-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) sowie die private Krankenversicherung bei der verantwortlichen Mitgestaltung einschließlich der Finanzierung keine Rolle, obgleich diese teilweise gesetzlich zur Prävention verpflichtet sind und in besonderem Maße von einer verbesserten Gesundheit ihrer Versicherten profitieren. Besonders ist zu kritisieren, dass mit Mitteln der Beitragszahler der GKV die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, eine Bundesbehörde, finanziert werden soll.

Es wird auch nach den erfolgten Änderungen weiterhin nicht ausreichend berücksichtigt, dass das deutsche Gesundheitssystem durch seine föderale Vielfalt geprägt ist. Die Art und Weise, wie beispielsweise das Zusammenwirken der Krankenkassen mit den Ländern und Kommunen beim Aufbau und der Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen in den Lebenswelten erfolgen soll, bleibt völlig unklar. Auch ist ungeklärt, wie die bisherigen Programme und Maßnahmen der Länder und Kommunen im Hinblick auf die Stärkung der Präventionspotenziale einbezogen werden sollen. Weder wird eine Verknüpfung mit deren Gesundheitszielprozessen noch mit deren Länderpräventionsstrategien vorgesehen. Auch die Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitsdienstes oder die kommunalen Aktivitäten der "Gesunden Städte" werden nicht ausreichend berücksichtigt.

Das Gesetz ist von einem überholten und engen Verständnis von Prävention geprägt, das überwiegend auf individuelle Verhaltensänderungen abzielt. Die Übereinkunft gesundheitswissenschaftlicher Expertise, dass Gesundheitsförderung und Prävention sowohl alltagsintegrierte lebensweltbezogene (also örtliche) und langfristig angelegte Aktivitäten als auch verbindliche Kooperationen der Akteure benötigen, wird weitestgehend ignoriert. Die Einrichtung einer ständigen nationalen Präventionskonferenz kann diesen Mangel nicht kompensieren, zumal die Verbindlichkeit deren Entscheidungen nicht klar definiert ist.

Überzeugende zielgruppenspezifische Strategien fehlen, auch wenn der Richtwert für die settingbezogenen Maßnahmen um 1 Euro auf 2 Euro erhöht wurde. Der Schwerpunkt wird weiterhin überwiegend auf verhaltensbezogene Maßnahmen gelegt und die Entwicklung und der Ausbau gesundheitsförderlicher Verhaltensweisen als wesentliches Ziel definiert. Die vorgelegten Regelungen sind nicht geeignet, bestehende soziale Ungleichheit bezüglich der Gesundheitschancen in der Bevölkerung zu reduzieren.

Für eine effektive und effiziente Gesundheitsförderung und Prävention sind abgestimmte und abgesicherte Maßnahmen in den Settings vor Ort notwendig, die den jeweiligen regionalen Erfordernissen qualitäts- und zielorientiert angepasst werden. Dazu werden Anreize und Impulse in dezentralen Strukturen benötigt, mit denen die Aktivitäten aller Sozialversicherungsträger, der Länder, der Kommunen und des Bundes koordiniert werden können. Dies kann nur in den Ländern und Kommunen sachgerecht und erfolgversprechend geleistet werden. Dafür reicht die Ergänzung des § 20 SGB V nicht aus.

Die Chance, mit einem eigenständigen Präventionsgesetz einen nationalen Perspektivenwechsel hin zu einer sozial engagierten und verbindlichen gesundheits-förderlichen Gesamtpolitik einzuleiten, wird mit dem vorliegenden Gesetz vertan. Daran ändern auch einzelne positive Elemente der Regelung, wie die Erhöhung der Mittel, die Festlegung eines Richtwertes statt eines Grenzwertes für die Ausgaben und die Erfassung der psychosozialen Entwicklung bei den Kinderuntersuchungen, nichts. (Quelle: DStGB Aktuell 3913 vom 27. September 2013)

Az.: III/2 502

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