Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 141/2008 vom 23.01.2008

Positionspapier zur EU-Wasserrahmenrichtlinie

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände in Nordrhein-Westfalen hat mit Datum vom 19.12.2007 gegenüber dem Umweltministerium NRW und den Landtagsfraktionen mit einem Positionspapier deutlich gemacht, welche Maßgaben aus der Sicht der abwasserbeseitigungspflichtigen Städte und Gemeinden bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie von besonderer Bedeutung sind. Das Positionspapier hat folgenden Inhalt:

I. Allgemeine Vorbemerkung

Das MUNLV NRW hat dem Landtag NRW mit Datum vom 4.9.2007 einen 2. Bericht zur Umsetzung der EU-WRRL in Nordrhein-Westfalen zugeleitet. Dieser Bericht enthält aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände eine Reihe von sachgerechten Ansätzen zur Umsetzung der EU-WRRL in Nordrhein-Westfalen. Hierzu gehören

- das Anerkenntnis, dass in der Vergangenheit bereits erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der Gewässergüte in NRW unternommen worden sind
- das klare Bekenntnis zu kosteneffizienten, notwendigen Maßnahmen
- Konzentration auf sog. Trittsteine als zielorientierte Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässer,
- Umfassende Mitwirkung unter anderem der Gewässerbenutzer, der unteren Wasserbehörden und der Kommunen.

Auf dieser Basis bieten die kommunalen Spitzenverbände auch weiterhin ihre konstruktive Zusammenarbeit an.

II. Weiteres Verfahren

Gleichwohl sehen wir es auf der Grundlage der Diskussionen in der Lenkungsgruppe sowie der darunter angesiedelten AG Maßnahmenplanung als unverzichtbar an, auf folgende Punkte in besonderer Weise hinzuweisen:

1. Unverzüglicher Abschluss der endgültigen Bestandsaufnahme

Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Landesregierung die im Rahmen der vorläufigen Bestandsaufnahme an die EU-Kommission gemeldeten 70 % an natürlichen Gewässern in NRW nochmals einer gründlichen Überprüfung unterzieht. Dieses gilt besonders vor dem Hintergrund, dass andere Staaten eine teilweise sehr differenzierte Einstufung ihrer Gewässer vorgenommen haben. So haben z. B. die Niederlande 90 % ihrer Gewässer als erheblich verändert und damit nicht als natürliche Gewässer eingestuft und gemeldet.
Mit Blick darauf, dass bei erheblich veränderten Wasserkörpern nur ein gutes ökologisches Potenzial und kein guter ökologischer Zustand wie bei natürlichen Gewässern zu erreichen sein wird, halten wir eine Überprüfung der Gewässereinstufung für dringend erforderlich.
Die Ergebnisse der überprüften vorläufigen Bestandsaufnahme müssen deshalb alsbald vorgelegt werden, weil anderenfalls eine grundlegende Bewirtschaftungsplanung nicht fortgesetzt werden kann

2. Weiteres Vorgehen in der Bewirtschaftungsplanung

Es ist vorgesehen, die weitere Bewirtschaftungsplanung an runden Tischen auf der Ebene von 81 Planungseinheiten zu diskutieren. Dabei vermisst wird zurzeit eine klare strategische Zielvorgabe seitens des Landes. Basis für eine solche Zielvorgabe muss die überarbeitete Bestandsaufnahme sein. Wir bezweifeln, dass es zielführend ist, die Bewirtschaftungsplanung gleichsam von unten nach oben aus vielen kleinräumigen Gebietseinheiten heraus aufzubauen. Vorzugswürdig erscheint uns der umgekehrte Weg einer strategischen Zielvorgabe auf Landesebene und der Ermittlung der sich daraus ergebenden Konsequenzen für kleinräumigere Einheiten. Die Kommunen – insbesondere die kreisfreien Städte und Kreise als untere Wasserbehörden – erwarten allerdings, vom Land an der Erarbeitung der Zielvorgabe beteiligt zu werden. Eine Vielzahl der zu treffenden Maßnahmen werden die Gemeinden in ihrer Planungsautonomie sowie die Kreise und kreisfreien Städte als untere Wasserbehörden betreffen. Deshalb müssen sie in einer anderen qualifizierteren Form durch das Land informiert und beteiligt werden als die Öffentlichkeit. Es reicht deshalb nicht aus, die Kommunen lediglich von Anfang an in die Arbeit der runden Tischen einzubinden. Vielmehr ist sicherzustellen, dass aus den 81 Planungseinheiten keine Maßnahmen vorgeschlagen werden, die von den künftigen Maßnahmenträgern nicht mitgetragen werden.

3. Inhalt des Maßnahmenprogramms

Wir halten es im Sinne einer strategischen Zielvorgabe für unverzichtbar, in einem Maßnahmenprogramm nur ganz allgemein wasserwirtschaftliche Ziele zu beschreiben. Mit welchen zahlreichen Einzel-Maßnahmen ein wasserwirtschaftliches Ziel erreicht werden kann, gehört nicht in ein Maßnahmenprogramm, sondern es ist mit den betroffenen Akteuren (z.B. Kommunen, Gewässernutzer) im Einzelfall zu klären, welche Maßnahmen an einem Gewässer sachgerecht, kosteneffizient und verhältnismäßig sind (konkretes und abgestimmtes Maßnahmenpaket).

4. Nicht nur Punktquellen sind Verursacher

Wir weisen an dieser Stelle nochmals ausdrücklich darauf hin, dass eine Kausalanalyse der Verursacher von relevanten Gewässerbelastungen nicht nur Punktquellen, sondern auch diffuse Quellen ins Visier zu nehmen hat. Es wäre nicht sachgerecht, allein denjenigen Verursacher zu Maßnahmen zu verpflichten, auf den der wasserbehördliche Zugriff (wie beispielsweise bei Kläranlagen und Niederschlagswasser–Einleitungen in Gewässer) leicht auszuüben ist. In der Vergangenheit sind bereits umfangreiche Maßnahmen an Kläranlagen (dritte Reinigungsstufe) durchgeführt worden, so dass es kaum nachvollziehbar wäre, wenn andere festgestellte Verursacher nicht mit Maßnahmen belegt würden.

5. Grundlegende Maßnahmen zur Umsetzung der EU-WRRL

Wir halten es für unverzichtbar, dass zunächst als grundlegende Maßnahmen alle diejenigen Maßnahmen eingeordnet werden, die entsprechend dem Anhang VI Teil A der EU-Wasserrahmenrichtinie dazu dienen, die EU-Richtlinien im Wasser- bzw. Abwasserbereich umzusetzen. Dieses gilt umso mehr, als Frankreich deutlich zu erkennen gegeben hat, dass es zunächst die EU-Richtlinie über kommunales Abwasser als einen Baustein zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie umsetzen wird und diese Umsetzung noch nicht abgeschlossen ist. Dieses zeigt umso mehr, dass auch Nordrhein-Westfalen sich in die 27 Mitgliedsstaaten der EU einordnen und eine Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie durchführen muss, die sich an den anderen 26 EU-Mitgliedsstaaten sowie den anderen 15 Ländern orientiert. Nach unseren Erkenntnissen ist das Land Nordrhein-Westfalen insbesondere mit dem Runderlass zur Beseitigung von Niederschlagswasser im Trennverfahren vom 26.5.2004 (MinBl. NRW 2004, S. 583) auf dem klar erkennbaren Weg, eine zeitliche 1:1-Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie unter dem Blickwinkel der „Einträge von Punktquellen in das Gewässer“ zu verlassen. Eine solche Vorgehensweise kann von uns auch unter den Gesichtspunkt der damit einhergehenden Kostenbelastungen, die Auswirkungen auch auf den innereuropäischen Standortwettbewerb haben, nicht akzeptiert werden. Dies gilt umso mehr, als nach unserem Kenntnisstand kein anderes Land und auch kein anderer EU-Mitgliedsstaat derartig strenge Vorgaben vor sieht. Vielmehr scheinen andere EU-Mitgliedsstaaten - wie das Beispiel Frankreich zeigt – offensichtlich noch mit der Umsetzung der EU-Richtlinie Kommunales Abwasser in erheblicher Art und Weise beschäftigt zu sein. Dieses dürfte in den neuen EU-Mitgliedsstaaten kaum anders sein.

6. Finanzierung

Es ist vorgesehen, bei den Gewässern im Rahmen der Ist-Zustand-Analyse zu prüfen, welche relevanten Belastungen auf ein Gewässer einwirken. Gleichzeitig soll durch eine Kausalanalyse festgestellt werden, wer Verursacher der relevanten Belastungen ist, welche Nutzungen und Restriktionen am Gewässer zu verzeichnen sind und welche Auswirkungen laufende wasserwirtschaftliche Maßnahmen (z.B. in den Abwasserbeseitigungskonzepten der Gemeinden) auf die Gewässergüte haben. Darauf aufbauend soll geprüft werden, welche Maßnahmenpotenziale im Hinblick auf die bestehenden Nutzungen und Restriktionen überhaupt bestehen, wobei offenkundig nicht umsetzbare Maßnahmen ausgesondert und nur prinzipiell umsetzbare Maßnahmen in das Blickfeld gerückt werden sollen. Bei den umsetzbaren Maßnahmen soll eine Machbarkeits-Beurteilung auf der Grundlage einer Kostenschätzung, der Gesichtspunkte Akzeptanz und Kosteneffizienz sowie einer Prognose der Wirkungen auf die Gewässergüte erfolgen.

Bei der Prüfung und Zusammenstellung der möglichen umsetzbaren Maßnahmen ist es unverzichtbar, zeitgleich eine nachvollziehbare Darstellung der Finanzierungsgrundlagen und Finanzierungsinstrumente vorzunehmen. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf das Land Hessen, welches eine entsprechende Förderfibel herausgegeben hat. Auch das Land Nordrhein-Westfalen hat zugesagt, nunmehr auf dieser Grundlage die Förder- bzw. Finanzierungswege zusammenzustellen, damit transparent wird, mit welchen Geldmitteln aus welchen Förderkulissen Maßnahmen zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie finanziert werden können. Eine solche Förder-Fibel sollte jetzt unverzüglich vorgelegt werden. Anderenfalls sehen wir kaum die Möglichkeit, eine Maßnahmen-Akzeptanz erreichen zu können. In diesem Zusammenhang weist die Handlungsanleitung zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie als roter Leitfaden für die Bezirksregierungen immer noch die von den kommunalen Spitzenverbänden mehrmals monierten Darstellungsdefizite bei der Finanzierbarkeit der Maßnahmen auf.

Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen ausdrücklich, dass das Land bei der Umsetzung gebührenneutrale Lösungen anstrebt. Unabhängig davon erneuern wir unseren Hinweis, auf die besondere Sensibilität der etwaigen Auswirkungen von Maßnahmen auf die Abwasserbeseitigungs- und andere Gebühren (wie z.B. der Umlagegebühr nach § 92 LWG NRW für die Gewässerunterhaltung). Die Kommunen erwarten vom Land, dass es diese Frage im Blick behält und gegebenenfalls die Verantwortung für Gebührensteigerungen mit übernimmt. Auf die erheblichen Folgen für die Abwassergebühren in der Vergangenheit weisen wir an dieser Stelle nochmals ausdrücklich hin.

Az.: II/2 21-20-07 qu/ko

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