Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 303/2012 vom 22.05.2012

Positionen des StGB NRW-Bauausschusses zur Landespolitik

Der Ausschuss für Städtebau, Bauwesen und Landesplanung des StGB NRW hat in seiner Sitzung am 09.05.2012 einstimmig die nachfolgenden Forderungen an den neuen Landtag und die neue Landesregierung beschlossen:

1.      Klimaschutz und Klimaanpassung

Die Klimaschutzziele des Landes NRW können bis zum Jahr 2020 nur dann erreicht wer­den, wenn Städte und Gemeinden nachhaltig bei der Aufstellung von Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzepten sowie ihrer zeitnahen Umsetzung durch das Land unterstützt und gefördert werden. Außerdem dürfen haushaltsrechtliche Beschränkungen die Aufstellung von Konzepten sowie die Durchführung rentierlicher Klimaschutzmaßnahmen nicht mehr behindern.

Die Erfahrungspraxis zeigt, dass freiwillig aufgestellte Konzepte dabei mehr Qualität und Akzeptanz bieten. Im Hinblick auf das geplante Klimaschutzgesetz NRW muss ver­mieden werden, dass bereits bestehende Konzepte wieder an den künftigen Klimaschutzplan NRW angepasst werden müssen. Hierdurch würde wertvolle Zeit zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen verloren gehen.

In einem neuen Klimaschutzgesetz muss klargestellt werden, dass die Belange des Kli­maschutzes und der Klimaanpassung als besonders bedeutsame Kriterien neben ande­ren Belangen zu berücksichtigen sind und damit als Grundsätze der Raumordnung, die einer Abwägung unterliegen, festgelegt werden. Raumordnung und Landesplanung bil­den im Gegensatz zur fachlich-sektoral ausgerichteten Fachplanung (z. B. für Verkehr, Wirtschaft, Verteidigung, Abfallentsorgung) eine übergeordnete, überörtliche und zu­sammenfassende räumliche Gesamtplanung, deren Sinn und Ziel es ist, die vielfältigen Raumnutzungsansprüche, die an den knappen und nicht beliebig vermehrbaren Raum gestellt werden, frühzeitig zu harmonisieren und zu koordinieren. Dieser Funktion wür­de die Festsetzung von Klimaschutzzielen als Ziele der Raumordnung widersprechen.

Ein Klimaschutzgesetz NRW kann nur grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass die Ge­sichtspunkte des Klimaschutzes und der Klimaanpassung in einem planungsrechtlichen Rahmen als wichtiger Belang Eingang finden, ohne gegenüber anderen Belangen auto­matisch eine Vorrangstellung einzunehmen. Die angestrebte Festlegung als Ziele der Raumordnung muss abgelehnt werden, da sie eine Einschränkung der kommunalen Planungshoheit bedeuten würde.

2.      Bedarfsgerechte Flächenausweisung in Regionalplänen

Die demografische Entwicklung führt in vielen Kommunen zu einer Reduzierung der Flächenbedarfe für allgemeine Siedlungsbereiche und Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereiche. Diese Entwicklung darf nicht dazu führen, dass in Regionalplänen ausgewiesene Flächen in erheblichem Umfang zurückgenommen werden, da dies zu einer Einschränkung des kommunalen Planungsspielraums und zu einer Erhöhung der Baulandpreise führen würde.

Die kommunale Planungshoheit ist nur dann gewährleistet, wenn Kommunen, die in der Vergangenheit Bevölkerungsanteile verloren haben, auf Ebene der Regionalplanung weiterhin ein Entwicklungsspielraum eingeräumt wird. In Flächennutzungsplänen dargestellte und in Bebauungsplänen festgesetzte Flächen sind auch dann zu erhalten und weiterhin in Regionalplänen festzulegen, wenn sie noch nicht entwickelt sind. Eine Rücknahme kommunaler Bauleitpläne wird als Eingriff in den Kernbereich der kommu­nalen Planungshoheit abgelehnt.

Die neue Landesregierung hat daher bei der geplanten Einführung eines neuen Modells zur Flächenbedarfsberechnung sicherzustellen, dass weiterhin ausreichende Flächenreserven in Regionalplänen festgelegt werden, die eine Planung in Alternativen, den Zugriff auf tatsächlich verfügbare Flächen und ihre Entwicklung im Dialog und in Abstimmung mit den Bezirksplanungsbehörden zulassen.

Der Städte- und Gemeindebund begrüßt ausdrücklich, dass mit der Einführung einer neuen Berechnungsmethode erstmalig eine landesweit einheitliche Ermittlung der Flächenbedarfe angestrebt wird. Er fordert die neue Landesregierung auf, neben der erstmaligen gemeindescharfen Bedarfsermittlung von Wohnbauflächen auch den Flächenbedarf für ASB- und GIB-Flächen auf Gemeindeebene darzustellen. Auf dieser Grundlage soll den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt werden, eine nachhaltige interkommunale Zusammenarbeit, z.B. in einem regionalen Flächenpool, zu entwickeln.

Dabei ist von Bedeutung, dass der geplante Einführungserlass der neuen Berechnungsmethode die Funktion eines grundsätzlichen Orientierungsrahmens für die Bezirksplanungsbehörden zuweist, der offen ist für die Berücksichtigung der tatsächlichen örtlichen Entwicklungen und Bedarfe. Auf der Grundlage konkreter kommunaler Bedarfsanalysen nachgewiesene Flächenbedarfe sind insoweit von den Bezirksplanungsbehörden nach dem Gegenstromprinzip zu berücksichtigen.

3. Flächenpool NRW

Soweit die demographische Entwicklung im Siedlungsbereich zu Nutzungsaufgaben in einem Umfang führt, der eine städtebaulich negative Ausstrahlungswirkung auf die Umgebung hat, ist eine Landesförderung zur Innenbereichsstabilisierung und -entwicklung erforderlich, um insoweit notwendig werdende Nachfolge - und Änderungsnutzungen von Gebäuden und Grundstücken zu realisieren, mit denen insbeson­dere in strukturschwachen Regionen Ortskerne, Wohnsiedlungen und Gewerbegebiete stabilisiert werden können.

Hierzu gehört auch eine gesicherte Finanzausstattung des Flächenpools NRW. Der Flä­chenpool NRW ist von NRW.URBAN und BEG in enger Kooperation mit dem Städte­bauministerium entwickelt worden und seit 2010 in 10 Pilotkommunen landesweit er­folgreich getestet worden. Er mobilisiert auf kommunaler Ebene die Brachflächen vor Ort durch die Moderation eines Dialogs zwischen Kommunen und Eigentümern, zeigt Entwicklungsperspektiven für Brachflächen auf, klärt über Risiken und Chancen auf und führt so zu einer konkreten Entwicklung der Standorte. Grundlage der Arbeit ist das Bekenntnis der Kommunen zur Innenentwicklung und die Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer. Der Flächenpool ist damit ein wichtiges Instrument zur Aktivierung von Brachflächen.

Er sollte mit einem eigenen Haushaltsansatz iHv. 2,5 Mio. € im Haushaltsgesetz 2012 auf eine solide Basis gestellt werden. Mit diesen Mitteln könnte der Regelbetrieb durch NRW.URBAN und die Bahnflächenentwicklungsgesellschaft NRW in 50 bis 60 Kommu­nen eingeführt werden, um vertragliche Bindungen mit Eigentümern und Kommunen zur Entwicklung von Flächen einzugehen. Der im Haushaltsentwurf 2012 ursprünglich vorgesehene Zufließvermerk iHv. 2,5 Mio. € aus eingesparten Mitteln der Städtebauförderung bietet keine Sicherheit für den Aufbau einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit den Kommunen und mindert mit dem vorgesehenen Mittelabzug bei der Städtebauförderung die kommunalen Maßnahmen der Stadtentwicklung. 

4.      Großflächiger Einzelhandel

Der Städte- und Gemeindebund NRW setzt sich seit langem dafür ein, dass die städti­schen Zentren in ihrem Bestand gesichert und in ihrer Entwicklung gestärkt werden sowie künftige Standorte des großflächigen Einzelhandels entsprechend ihrer Zentrenrelevanz noch intensiver zu betrachten sind. Funktionsfähige Zentren erhalten funktionsfähige Versorgungsstrukturen. Die Stärkung der Zentren sichert die Daseinsvorsorge, lastet die öffentliche Infrastruktur effektiv aus, begrenzt die Inanspruchnahme von Freiraum auf ein Mindestmaß und vermeidet unnötigen Verkehr.

Durch die Rechtsprechung zu § 24a LEPro ist hingegen seit Jahren eine Steuerung des großflächigen Einzelhandels stark eingeschränkt. Dies wird durch außer Kraftsetzung des LEPro zum Ende des Jahres nochmals verschärft. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Städte- und Gemeindebund, dass das Land nunmehr zumindest für den großflächigen Einzelhandel eine Steuerung vornehmen will und ein Verfahren zur Erarbeitung des Landesentwicklungsplans NRW — Sachlicher Teilplan Großflächiger Einzelhandel eingeleitet hat. In dem Verfahren ist sicherzustellen, dass die neuen Regelungen rechtswirk­sam sind — also den Vorgaben der Rechtsprechung genügen.

Eine nachhaltige Einzelhandelsentwicklung muss sich an den Zielen des Erhaltes vitaler städtischer/gemeindlicher Zentren, der Sicherung der wohnungsnahen Grundversorgung und der Bewahrung landesweit ausgeglichener Versorgungsstrukturen orientie­ren. Eine an diesen Zielen orientierte Entwicklung können die Kommunen grundsätzlich durch den Einsatz eigener Instrumente der Stadtentwicklung und Bauleitplanung und durch interkommunale Kooperationen erreichen. Der Respekt vor der kommunalen Planungshoheit erfordert einen prinzipiellen Vorrang kommunaler Instrumente vor staatlicher Steuerung. Daneben kann die Landes- und Regionalplanung dem grundsätzlich sinnvollen Standortwettbewerb der Kommunen einen vernünftigen Rahmen setzen.

Das Bestreben des Landes, den großflächigen Einzelhandel mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten in den von den Kommunen näher zu bestimmenden zentralen Ver­sorgungsbereichen anzusiedeln und mit entsprechenden landesplanerischen Zielvorgaben zu steuern, ist grundsätzlich zu begrüßen. Der Städte- und Gemeindebund fordert das Land aber auf, steuernde Eingriffe auf das — auch unter Berücksichtigung (inter)kommunaler Konzeptionen — absolut notwendige Maß zu begrenzen.

5.      Novelle Landesbauordnung

Basis für ein vom Land angekündigtes Gesetzgebungsvorhaben sollten die im Jahr 2007 unter Federführung des Bauministeriums von der Projektgruppe „Baurecht und Bauordnungsrecht“ erarbeiteten Vorschläge sein. Die Projektgruppe — vielfältig besetzt, insbesondere mit Vertretern der Kammern und Praktikern aus den Bauaufsichtsbehörden — hat im Laufe ihres nahezu einjährigen Arbeitsauftrages jede einzelne Vorschrift der BauO NRW hinsichtlich einer Anpassung an die Musterbauordnung 2002 überprüft und Empfehlungen erarbeitet.

Nicht bewährt hat sich aus unserer Sicht das mit dem Bürokratieabbaugesetz I vom 13.03.2007 eingefügte Anzeigeverfahren, wonach die Nutzungsänderung baulicher An­lagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen in der Regel keiner Baugenehmigung bedarf, sondern bei der unteren Bauaufsichtsbehörde schriftlich (unter Beifügung der erforderlichen Bauvorlagen) anzuzeigen ist. Die Praxis hat gezeigt, dass sowohl die Zweiwochenfrist, die nach der Anzeige bis zum Baubeginn abgewartet werden muss, als auch das Erfordernis des Beifügens der Bauvorlagen von den Anzeigenden überwiegend nicht zur Kenntnis genommen werden.

Ebenfalls nicht bewährt hat sich das Freistellungsverfahren (§ 67 BauO NRW). Auch hier hat sich gezeigt, dass die am Bau Beteiligten vielfach überfordert sind, wenn sie die Erfordernisse des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts ohne kompetente bauaufsichtliche Beratung beurteilen sollen.

Schließlich könnte aus Sicht der Bauaufsichtsbehörden der öffentliche Prüfumfang im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren auf die sicherheitsrelevanten Aspekte und den Nachbarschutz konzentriert werden. Dies umfasst den Brandschutz, die Abstandflächen und das Planungsrecht. Hinsichtlich der Statik wäre zu prüfen, ob eine behördlich beauftragte Prüfung nicht zielführender wäre als der jetzige Zustand. Die übrigen Belange können ohne Lebensrisiken auch durch private Akteure bewertet, ggf. zusätzlich geprüft und aus der behördlichen Prüfung ausgeklammert werden.

Aus Sicht der Bauaufsichtsbehörden ergäbe sich somit eine klare Dreiteilung des Ver­fahrens:

  • Genehmigungsfreie Vorhaben für unbedenkliche Vorhaben hinsichtlich ihrer Anfor­derungen an Sicherheit und Nachbarschutz.
  • Handlungsbedarf: Straffung/Überarbeitung der Tatbestände nach §§ 63, 65, 66 BauO NRW.
  • Vereinfachtes Verfahren anhand einer Positivliste einfacher Bauvorhaben. Prüfumfang: Konzentration der behördlichen Prüfung auf Sicherheit, Nachbarschutz und Planungsrecht, Ergänzung durch Prüfbescheinigungen.
  • Vollverfahren für komplexe Bauvorhaben/Sonderbauten.
    Prüfumfang: umfassendes Genehmigungsverfahren.

6. Tariftreue- und Vergabegesetz

Ab dem 01.05.2012 haben die öffentlichen Auftraggeber das Tariftreue-und Vergabegesetz (TVgG) umzusetzen. Die Regelungen zu § 17 bis § 19 TVgG — also der umweltfreundlichen und energieeffizienten Beschaffung, der Berücksichtigung sozialer Kriterien sowie der Frauenförderung bedürfen teilweise noch einer Konkretisierung durch Rechtsverordnungen. Für den Bereich der Frauenförderung ist das Gesetz hingegen erst anwendbar, wenn eine entsprechende Rechtsverordnung den Inhalt der der Maßnahmen zur Frauenförderung und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie den Kreis der betroffenen Unternehmen festlegt.

Die kommunalen Spitzenverbände haben bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens darauf hingewiesen, dass entsprechende Rechtsverordnungen die kommunale Selbstverwaltung zu respektieren haben und dafür gerade der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Insofern muss durch die Rechtsverordnungen sicherge­stellt werden, dass — vorbehaltlich europarechtlicher Vorgaben - nicht für jedes zu beschaffende Produkt auf die höchste Energieeffizienz abzustellen ist und vorab eine Lebenszykluskostenanalyse durchzuführen ist.

Bei der Festlegung des sog. repräsentativen Tarifvertrags i.S.v. § 4 Abs. 2 TVgG sind die Erkenntnisse des gesetzlich vorgeschriebenen aber noch nicht tagenden Beirats zu be­rücksichtigen. Eine vorherige Festlegung auf einen bestimmten Tarifvertrag hat zu un­terbleiben.

Schließlich hat das Land seiner Pflicht zur Ermittlung der konnexitätsrelevanten Kosten unverzüglich nachzukommen (§ 21 Abs. 4 Nr. 5 TVgG). Die Auszahlungen haben sodann rückwirkend auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zeitnah zu erfolgen.

Az.: II

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