Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 492/2001 vom 05.08.2001

Planungsrechtliche Beurteilung von Sendemasten

Die bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 30 bis 37 BauGB finden gern. § 29 Abs. 1 BauGB nur auf Vorhaben Anwendung, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben. Der Begriff der baulichen Anlagen gem. § 29 Abs. 1 BauGB gehört dem Bundesrecht an und ist von der in dem Bauordnungsrecht der Länder enthaltenen Definition des Anlagenbegriffs zu unterscheiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 44, S. 69 ff.) setzt sich der bundesrechtliche Begriff der baulichen Anlage aus zwei Elementen zusammen, nämlich einem verhältnismäßig weiten Begriff des Bauens und einem einschränkenden Merkmal möglicher bodenrechtlicher Relevanz. Während der Begriff des Bauens ohne weiteres erfüllt ist, kommt es auf das zweite Kriterium, nämlich die bodenrechtliche Relevanz an. Die bodenrechtliche Relevanz einer Anlage ist dann gegeben, wenn sie die in § 1 Abs. 5 BauGB genannten Belange in einer Weise berühren kann, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen. Für Mobilfunkanlagen sind die Auswirkungen auf die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 5 Nr. 4 BauGB) sowie auf die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze (§ 1 Abs. 5 Nr. 5 BauGB) von maßgeblicher Bedeutung (s. hierzu Silke Jung, Die baurechtliche Beurteilung von Mobilfunkbasisstationen, ZfBR 1/2001). Bei Sendemasten mit einer Höhe ab 10 m ist die bodenrechtliche Relevanz zu bejahen. Ob dies auch für Anlagen mit geringeren Maßen der Fall ist, ist in der Rechtsprechung umstritten. Das Bundesverwaltungsgericht hat bei einer drehbaren Amateurfunkantenne mit einer Höhe von 5,5 m und einem Drehradius von 6,2 m das Vorliegen einer baulichen Anlage ohne nähere Erörterung der Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 BauGB vorausgesetzt (BVerwG, Beschl. v. 23.06.1993 4 B 7/93 ). Der VGH Kassel hat eine 7,60 m hohe Sendefunkanlage auf dem Flachdach eines rd. 11 m hohen Gebäudes ausdrücklich als städtebaulich relevant bezeichnet (VGH Kassel, Beschl. v. 29.07.1999, NVWZ 2000, S. 694).

Liegt der beabsichtigte Standort im Gebiet eines rechtsgültigen Bebauungsplans, ist die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit anhand der Festsetzungen des Bebauungsplans zu überprüfen.

Dabei stellt sich insbesondere die Frage nach der Anwendbarkeit des § 14 BauNVO, d.h. inwieweit die Mobilfunkanlage als Haupt- oder Nebenanlage anzusehen ist.

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind untergeordnete Nebenanlagen allgemein zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Einer der Zulässigkeitsvoraussetzungen für diese Nebenanlagen ist also ihre funktionale Zu -und Unterordnung zum Nutzungszweck einzelner Grundstücke im Baugebiet oder des gesamten Baugebiets selbst (BVerwG, Beschl. v. 1. November 1999 - 4 B 3.99 -, BauR 2000, 703). Folglich können nach § 14 Abs. 1 BauNVO im Unterschied zu § 14 Abs. 2 BauNVO nur solche Nebenanlagen gemeint sein, deren Hilfs-Funktion sich auf einzelne Baugrundstücke oder auf das konkrete Baugebiet beschränkt. Es ist - in der Regel - davon auszugehen, daß mit der beabsichtigten Anlage weder ein bestimmtes Baugrundstück noch das Baugebiet, das von dem rechtskräftigen Bebauungsplan erfaßt wird, "funktechnisch versorgt" werden soll. Vielmehr geht der Nutzungszweck über das Baugebiet hinaus, so daß die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 BauNVO nicht erfüllt sind.

b) Soweit die Antennenanlage einen baugebietsüberschreitenden Sendebereich hat, kann sie als fernmeldetechnische Nebenanlage gern. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß diese Regelung nicht für Bebauungspläne gilt, die sich nach den Fassungen der Baunutzungsverordnungen von 1962/1968/1977 richten. Der Satz 2 des § 14 Abs. 2 BauNVO ist erst mit der BauNVO 1990 eingefügt worden. Eine entsprechende Regelung gab es für die früheren Fassungen der Baunutzungsverordnungen 1962, 1968, 1977 nicht. Sollte der jeweilige rechtskräftige Bebauungsplan einer der genannten Baunutzungsverordnungen zuzuordnen sein, ist § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO auch nicht anwendbar. Eine analoge Anwendung kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die Ergänzung der Fassung der Baunutzungsverordnung 1990 um fernmeldetechnische Anlagen in Satz 2 des § 14 Abs. 2 BauNVO zeigt, daß diese vorher vom Anwendungsbereich nicht erfaßt waren. Folglich können Sendeanlagen, die den Fassungen der Baunutzungsverordnungen 1962/1968/1977 unterfallen, nur als Hauptanlagen angesehen werden. Der Hessische VGH hat in seinem Beschluß vom 29. Juli 1999 (- 4 TG 2118/99 - BauR 2000, 1162) entschieden, daß die bauplanungsrechtliche Beurteilung von Sendefunkanlagen, die nicht die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 u. Abs. 2 BauNVO erfüllen,

"keine Nebenanlagen i.S. der vorgenannten Bestimmungen (sind), sondern (jeweils) eine Hauptanlage, die Gegenstand einer planungsrechtlich eigenständigen Regelung i.S. der §§ 2 bis 13 BauNVO ist."

Die Abgrenzung von Hauptanlagen und Nebenanlagen gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 ist - wie Silke Jung zutreffend betont hat (a.a.0.) - nur bedeutsam in der Beurteilung der Zulassung von Anlagen in reinen Wohngebieten (§ 3 BauNVO). Als Bestandteil des gewerblich betriebenen Mobilfunknetzes sind Mobilfunkbasisstationen und sonstige zugehörige Anlagen als Hauptanlagen einzuordnen. Sie sind sonstige, nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe i.S. der Baunutzungsverordnung. Die Vorgaben der 26. Verordnung zur durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (VO über elektromagnetsiche Felder - 26. BImSchV) vom 26.12.1996 müssen eingehalten werden. Dies geschieht durch Vorlage einer sog. Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, die Aussagen darüber enthält, ob die Schutzabstände, die besonders zum Schutz von Personen gelten, eingehalten werden (so auch FK "Städtebau" der ARGEBAU v. 7./8.12.2000). Mit der Vorlage dieser Standortbescheinigung sind gesundheitliche und immissionsfachliche Aspekte abgeklärt (BVwerG, Beschl. v. 9.2.1996, NUR 1996, 513; Nds. OVG, Urt. v. 19.01.2001, Mitt. StGB NRW Nr. 293/2001; Hess. VGH, Beschl. v. 29.07.1999, BauR 2000 1162). In Dorfgebieten, Mischgebieten, Kerngebieten, Gewerbegebieten und Industriegebieten sind Hauptanlagen des Mobilfunks daher allgemein zulässig (vgl. §§ 5 bis 9 BauNVO, s.i.ü. Silke Jung, a.a.0.).

Az.: II/1

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