Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 72/2012 vom 10.01.2012

Planungen zur Novellierung der Bauordnung NRW

Am 07.11.2011 hat NRW-Bauminister Harry K. Voigtsberger die Verbände und Einrichtungen zu einer Auftaktbesprechung zur Novellierung der BauO NRW eingeladen. Ziel der Novelle soll es sein, das Baugeschehen in Nordrhein-Westfalen zu vereinfachen, ohne dabei das vorrangige Ziel der öffentlichen Sicherheit und des Verbraucherschutzes aus den Augen zu verlieren. Den Verbänden sollte noch vor Erarbeitung eines Referentenentwurfs Gelegenheit gegeben werden, Anregungen und Vorschläge zu einer Novellierung zu machen.

Der Städte- und Gemeindebund NRW hat im Nachgang zu der Veranstaltung auf die Bitte des MWEBWV die Positionen der kommunalen Spitzenverbände, vorbehaltlich der Bestätigung durch die jeweiligen Gremien, noch einmal in einer gemeinsamen schriftlichen Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Kommunaler Spitzenverbände zusammengefasst.

„Basis für ein Gesetzgebungsvorhaben sollten die im Jahr 2007 unter Federführung des Bauministeriums von der Projektgruppe „Baurecht und Bauordnungsrecht“ erarbeiteten Vorschläge sein. Die Projektgruppe — vielfältig besetzt, insbesondere mit Vertretern der Kammern und Praktikern aus den Bauaufsichtsbehörden — hat im Laufe ihres nahezu einjährigen Arbeitsauftrages jede einzelne Vorschrift der BauO NRW hinsichtlich einer Anpassung an die Musterbauordnung 2002 überprüft und Empfehlungen erarbeitet.

Nicht bewährt hat sich aus unserer Sicht das mit dem Bürokratieabbaugesetz I vom 13.03.2007 eingefügte Anzeigeverfahren, wonach die Nutzungsänderung baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen in der Regel keiner Baugenehmigung bedarf, sondern bei der unteren Bauaufsichtsbehörde schriftlich (unter Beifügung der erforderlichen Bauvorlagen) anzuzeigen ist. Die Praxis hat gezeigt, dass sowohl die Zweiwochenfrist, die nach der Anzeige bis zum Baubeginn abgewartet werden muss, als auch das Erfordernis des Beifügens der Bauvorlagen von den Anzeigenden überwiegend nicht zur Kenntnis genommen werden.

Ebenfalls nicht bewährt hat sich das Freistellungsverfahren (§ 67 BauO NRW). Auch hier hat sich gezeigt, dass die am Bau Beteiligten vielfach überfordert sind, wenn sie die Erfordernisse des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts ohne kompetente bauaufsichtliche Beratung beurteilen sollen.

Im Eingangsstatement von Herrn RA Michael Halstenberg zum Auftakt am 07.11.2011 werden die vielfältigen, teils gegenläufigen Interessen und Schutzbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen als am Bau Beteiligte (Bauherren, spätere Käufer, Nachbarn und Nutzer) zutreffend umrissen.

Der Schutz von Erwerber- und Nutzerinteressen, wie auch das öffentliche Interesse an dauerhaft sicheren Gebäuden, wurde in den letzten Bauordnungsnovellen durch den Gesetzgeber jedoch zunehmend aufgegeben und an die „Kräfte des Markts“ delegiert.

Es wird nachdrücklich unterstrichen, dass eine präventive Prüfung effizienter — und für den Bauherrn im Ergebnis auch kostengünstiger — ist als ein späteres repressives Einschreiten der Bauaufsichtsbehörden bei nachträglichem Bekanntwerden von Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften. Auch ist die durch eine förmliche Baugenehmigung statuierte Rechtsposition nicht zu unterschätzen.

Aufgrund der Erfahrungen aus der bauaufsichtlichen Praxis vor Ort möchten wir bereits zu diesem Zeitpunkt das o.g. Eingangsstatement in einem wichtigen Punkt ergänzen:

Kritisch zu sehen ist die vorgeschlagene Verlagerung der Brandschutzprüfung auf Prüfingenieure, denn diese Verlagerung ist für Wohnhäuser weder kostengünstig noch bietet sie im Alltag Gewähr für eine vollständige Normumsetzung.

Die vorausgesetzte „Unabhängigkeit“ von Prüfingenieuren/-innen unterliegt einem erheblichen Auswahldruck durch Marktprozesse. Angesichts des Kostendrucks im Bauwesen besteht daher die Gefahr, dass die Auswahl eines bestimmten Sachverständigen nicht anhand qualitativer Kriterien erfolgt, sondern die kostengünstigste Lösung zu einem positiven Auswahlkriterium wird — gerade für Bauträger. Gleichzeitig ist die Qualität dieser Gutachten nicht durch Marktprozesse gewährleistet, da selbst gravierende Mängel erst im Brandfall auffallen, also punktuell und zeitlich stark verzögert — im Gegensatz zur Statik, deren Mängel sich unmittelbar im Bau oder nach der Fertigstellung bemerkbar machen können. Dieser Bereich der vorsorgenden Sicherheitsstandards sollte daher nicht dem freien Markt überlassen werden.

Überdies ist gerade für einfache Wohnbauten die bestehende Prüfung durch die Baubehörden für den Bürger kostengünstiger als ein zusätzlicher Sachverständiger. Statt mehr als 1.000 € allein für ein zusätzliches Gutachten liegt die Gebühr für die gesamte behördliche Prüfung regelmäßig unter 500 €. Auch aus diesem Grund ist daher eine Privatisierung nicht geboten.

Nicht zuletzt greifen gerade Anforderungen des Brandschutzes tief in die Substanz eines Gebäudes ein, so dass die Berücksichtigung in der Planung effizienter und damit vor allem preiswerter ist als eine spätere Nachbesserung. Auch dieser Aspekt spricht gegen eine Spaltung der Bewertung von Entwurf und späterer Aufsicht, wie auch die Notwendigkeit, ggf. Abweichungen ohnehin hoheitlich zu bescheiden.

Aus Sicht der Bauaufsichtsbehörden könnte der öffentliche Prüfumfang im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren auf die sicherheitsrelevanten Aspekte und den Nachbarschutz konzentriert werden, dies umfasst den Brandschutz, die Abstandflächen und das Planungsrecht. Hinsichtlich der Statik wäre zu prüfen, ob eine behördlich beauftragte Prüfung nicht zielführender wäre als der jetzige Zustand.

Die übrigen Belange können ohne Lebensrisiken auch durch private Akteure bewertet, ggf. zusätzlich geprüft und aus der behördlichen Prüfung ausgeklammert werden.

Aus Sicht der Bauaufsichtsbehörden ergäbe sich somit eine klare Dreiteilung der Verfahren :

  • Genehmigungsfreie Vorhaben für unbedenkliche Vorhaben hinsichtlich ihrer Anforderungen an Sicherheit und Nachbarschutz.
    Handlungsbedarf: Straffung/Überarbeitung der Tatbestände nach §§ 63, 65, 66 BauO NRW.
  • Vereinfachtes Verfahren anhand einer Positivliste einfacher Bauvorhaben. Prüfumfang: Konzentration der behördlichen Prüfung auf Sicherheit, Nachbarschutz und Planungsrecht, Ergänzung durch Prüfbescheinigungen.
  • Vollverfahren für komplexe Bauvorhaben/Sonderbauten.
    Prüfumfang: umfassendes Genehmigungsverfahren.

Wir sehen dem beginnenden Diskussionsprozess zur Novelle der Bauordnung NRW mit großem Interesse entgegen und bieten für das weitere Verfahren gerne unsere Unterstützung und Mitwirkung an.“

Das Eingangsstatement „Novellierung der Landesbauordnung NRW“, das Herr RA Michael Halstenberg im Auftrag des MWEBWV verfasst hat und auf das wir in unserer Stellungnahme Bezug genommen haben, ist für StGB NRW-Mitgliedskommunen im Mitgliedsbereich des Internetangebots des Städte- und Gemeindebundes unter der Rubrik > Fachinfo/Service > Fachggebiete > Bauen und Vergabe > Bauordnung abrufbar. 

Az.: II gr-gr

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