Mitteilungen - Schule, Kultur, Sport

StGB NRW-Mitteilung 460/2002 vom 05.08.2002

PISA-Ergänzungsstudie

Die Ergebnisse der aktuellen Studie offenbaren nicht unerhebliche innerdeutsche Bildungsunterschiede. Als einziges Bundesland liegt Bayern mit 510 Punkten über dem OECD-Durchschnitt (500 Punkte) und erreicht damit international hinter Schweden etwa einen zehnten Platz. Die Leistungen der Schüler aus Baden-Württemberg entsprechen zumindest dem OECD-Durchschnitt. Alle anderen Bundesländer liegen bereits unterhalb des OECD-Durchschnitts. Nordrhein-Westfalen erreicht im Bundesdurchschnitt den sechsten Platz.

Bayern

510

Baden-Württemberg

500

Sachsen

491

Rheinland Pfalz

485

Saarland

484

Nordrhein-Westfalen

482

Thüringen

482

Schleswig-Holstein

478

Hessen

476

Niedersachsen

474

Mecklenburg-Vorpommern

467

Brandenburg

459

Sachsen-Anhalt

455

Bremen

448

Eine bessere Orientierung hinsichtlich der Punktzahlen ermöglicht der Umstand, daß ein Schüler etwa ein Jahr zusätzlichen Unterricht benötigt, um 30 Punkte aufzuholen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß die Unterschiede zwischen Saarland, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen, also jenen Ländern, die sich im innerdeutschen Mittelfeld befinden, minimal sind. Gravierend sind allerdings die Unterschiede zwischen Bremen und Bayern. So benötigen die Schüler aus Bremen etwa zwei zusätzlichen Schuljahre, um zu den Schülern aus Bayern aufzuschließen.

Trotz der positiven Ergebnisse Bayerns muß allerdings festgestellt werden, daß dort die soziale Schieflage besonders groß ist. Ein Kind aus dem Bildungsbürgertum hat dort ein zehnmal größere Abiturchance als ein Kind aus einer sozial schwachen Familie. Nordrhein-Westfalen erreicht mit einer 6,5fachen Abiturchance für das Bildungsbürgertum ebenfalls einen bedenklich hohen Wert. Offenbar sind alle Bemühungen der Bildungspolitik zur Entkoppelung sozialer Determinanten fehlgeschlagen oder schaffen keinen hinreichenden Ausgleich. Vielmehr bestimmt vor allem das Elternhaus darüber, ob die für die Basiskompetenzen notwendigen Fertigkeiten, für die vor allem ein Leseverständnis erforderlich ist, erlernt werden.

Vor diesem Hintergrund muß festgestellt werden, daß nicht allein die Bildungspolitik für die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Schüler verantwortlich ist. Maßgeblich für den Bildungserfolg des einzelnen Schülers ist nicht nur dessen familiärer Hintergrund, sondern auch die Frage, ob ein Land eine hohe Arbeitslosigkeit oder einen hohen Ausländeranteil zu bewältigen hat. So müßte Sachsen-Anhalt, wenn es gemessen am Bruttosozialprodukt ebensoviel Geld wie Bayern für die Bildung ausgeben möchte, den doppelten Anteil ausgeben.

Ebenso hat der Anteil der Migranten in eine Bundesland einen entscheidenden Einfluß auf das Bildungsniveau, was besonders deutlich wird, wenn in einzelnen Klassen der überwiegende Teil der Schüler aus Migranten ohne hinreichendes Verständnis der deutschen Sprache besteht. Dieses Problem stellt sich vor allem in Nordrhein-Westfalen. Kein anderes Bundesland hat eine annähernd große Integrationsleistung zu bewältigen. Im Bundesvergleich hat NRW den höchsten Anteil von Kindern aus Spätaussiedler-Familien und Kindern aus türkischen Familien. Die Ergebnisse sehen daher etwas günstiger für Nordrhein-Westfalen aus, wenn die Kinder mit Migrationshintergrund ausgeblendet werden. Dann erreicht Nordrhein-Westfalen im bundesdeutschen Vergleich mit 507 Punkten Platz 4 bei der Lesekompetenz.

Die Ergebnisse der PISA-Studie können im Internet unter www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/ abgerufen werden.

Mit den Reaktionen auf die PISA-Studie beschäftigen sich auch die Fraktionen im Landtag NRW.

Nach einem Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ergeben sich für die Koalitionsfraktionen folgende Zielsetzungen:

- Die frühkindliche Förderung verbessern und den Bildungsauftrag im Elementarbereich stärken,

- mit frühzeitig einsetzender gezielter Sprachförderung die Teilhabe am Bildungsangebot verbessern,

- mit der Beschreibung von Standards die Qualität schulischer Arbeit sichern, mit dem Ziel, den Förderbedarf individuell, gezielt und differenziert festzustellen und umzusetzen,

- die Bildungs- und Erziehungsarbeit in der Grundschule verstärken,

- unsere Grundschulen stufenweise zu einem flächendeckenden System von Ganztagsgrundschulen ausbauen,

- eine Konzeption für die Arbeit mit Jugendlichen aus den "Risikogruppen" entwickeln,

- eine Erziehungs-, sowie Lehr- und Lernkultur verankern, die individuelle Förderung durch Diagnose- und Interventionskompetenz stärkt und die Chancen der Arbeit in heterogenen Lerngruppen nutzt.

Die Fraktion der CDU im Landtag hat sich für einen Neuanfang in der Bildungspolitik ausgesprochen. Folgende Maßnahmen werden vorgeschlagen:

- Die Eltern werden in ihrer Erziehungsfähigkeit gestärkt,

- Kindergärten müssen ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag besser wahrnehmen können,

- jedes Kind muß bei der Einschulung ordentlich deutsch sprechen können,

- der Erziehungsauftrag der Schulen wird ernst genommen,

- die Grundschulen arbeiten von Beginn an leistungsorientiert. Es wird ein spezielles Fördersystem eingerichtet,

- an die Stelle der Einheitsschule tritt ein gegliedertes Schulsystem, das auch die Chancen der Leistungsschwächeren verbessert,

- die Schulen vermitteln eine moderne Allgemeinbildung. Der Fächerkanon und die Unterrichtsinhalte in allen Schulformen werden durchforstet,

- das jährliche Unterrichtsvolumen wird erhöht. Die Unterrichtsversorgung wird garantiert. Die Schulzeiten werden verkürzt,

- schulische Leistungsstandards werden verbindlich festgelegt und zentral überprüft,

- die Schulen werden selbstständiger, die Kulturbürokratie wird zurück gedrängt,

- für alle Schulformen wird flächendeckend ein bedarfsgerechtes Ganztagsschulsystem aufgebaut,

- die Schulgebäude werden saniert und modernisiert.

Die Einzelheiten können den Landtagsdrucksachen 13/2660, 13/2809 und 13/2810 entnommen werden, die im Internet unter www.landtag.nrw.de abgerufen werden können.

Az.: IV/2-200-3/2

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