Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 142/2001 vom 20.02.2001

OVG Schleswig zu Fremdwasser- und Abwassergebühr

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein (OVG Schleswig) hat sich in einem Urteil vom 05.04.2000 (Az.: 2 L 215/98) mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine kalkulierte Abwassergebühr deshalb rechtswidrig ist, weil in diese auch Kosten der Fremdwasserbeseitigung eingerechnet worden sind. Unter Fremdwasser im Kanal wird dabei grundsätzlich "Wasser" verstanden, welches nicht über diesen Kanal abgeleitet werden soll, wie z.B. Quellwasser, Grundwasser, Drainagewasser oder Regenwasser im Schmutzwasserkanal (vgl. hierzu auch: Queitsch, ZKF 2001, S. 2ff.). Das OVG Schleswig kommt zu folgendem Ergebnis: In die Kalkulation der Abwasserbeseitigungsgebühren dürfen diejenigen Kosten nicht einbezogen werden, die zur Erstellung der gebührenpflichtigen Leistung (hier: der Abwasserbeseitigung) nicht erforderlich sind oder vielleicht sogar überflüssig sind. Deshalb sind nach dem OVG Schleswig Kosten für die Beseitigung von Fremdwasser dann nicht gebührenfähig, wenn sie auf einer unwirtschaftlichen Betriebsführung beruhen. Dieses ist dann gegeben, wenn die Kosten für die Fremdwasserbeseitigung durch eine sorgsame Beobachtung der technischen Abläufe sowie ein frühzeitiges Erkennen und zügiges Abstellen der Ursachen hätten vermieden werden können. Das OVG Schleswig weist aber ausdrücklich darauf hin, daß der Vorwurf eines solchen unwirtschaftlichen Verhaltens nur dann der Gemeinde gemacht werden kann, wenn die Kosten der unterlassenen Mängelbehebung in einem angemessenen Verhältnis zu den betriebswirtschaftlichen Auswirkungen des abzustellenden Mangels stehen bzw. die beklagte Gemeinde die Grenzen des in diesem Zusammenhang zumutbaren Verhaltens unterschritten hätte. Dieses war - so das OVG Schleswig - im konkret entschiedenen Fall nicht gegeben.

Nach dem Arbeitsblatt A 118 der ATV dort Tz 3.1.3 soll bei der Querschnittsbestimmung eines Schmutzwasserkanals der Fremdwasserzuschlag 100 % des Schmutzwasserabflusses betragen. Auch wenn berücksichtigt werde – so das Gericht -, daß dieser Wert mit Blick auf die Dimensionierung der Rohre deshalb vorgeschlagen worden sei, um die Funktion der Transportleitung in der Regel auch bei außergewöhnlich eintretenden Fremdwassereinbrüchen zu sichern, könne dieser technischen Regelung gleichwohl entnommen werden, daß mit einem Einfluß von Fremdwasser aus technisch unvermeidbaren Gründen stets gerechnet werden müsse und zudem, daß die Menge dieses eingedrungenen Fremdwassers einen erheblichen Anteil der zu transportierenden Gesamtwassermenge bildet. Nach den vorgelegten und von dem beklagten Abwasserzweckverband nicht in Zweifel gezogenen Unterlagen hätten – so das OVG Schleswig - die Fremdwasseranteile in den Jahren 1990 bis 1992 zwischen 5,6 und 5,7 %, in den Jahren 1993 bis 1995 19,5 %, 31,6 % und 18,1 % und in den Jahren 1996 und 1997 wiederum 1,7 % und 3 % betragen. Dabei sei zu berücksichtigen, daß nach den Angaben des Abwasserzeckverbandes in den Jahren 1993 bis 1995 in den Nachbargemeinden und -Nachbarverbänden ähnlich hohe Fremdwasseranteile aufgetreten seien und dies mit den großen Regenmengen, der ungleichen Verteilung der Mengen über das Jahr, dem auftretenden Schlagwasser und dem "grünen Winter" begründbar sei. Hieraus drängt sich nach dem OVG Schleswig bereits der Schluß auf, daß der in den Jahren 1993 bis 1995 zu verzeichnende hohe Fremdwasseranteil (19,5 %, 31,6 % und 18, 1%) nicht auf technischen Mängeln der von der beklagten Gemeinden betriebenen Einrichtung beruhte. Vielmehr sei der hohe Fremdwasseranteil maßgeblich durch die wetterbedingte Gegebenheiten in diesen Jahren verursacht worden. Weiterhin - so das OVG Schleswig - habe der beklagte Abwasserzweckverband umfangreich und detailliert dargelegt, auf welche Weisen den verschiedenen erkannten Ursachen des Fremdwassereintrags in das Kanalnetz zu begegnen versucht wird (Oberflächenwassereintrag: Einwirkung auf die Gemeinden, ihre Anlage zu sanieren; Grundwassereinfluß: Kanalfilmung, poröse Schächte: Verkieselung; Fehleinleitung: Nebelaktionen). Gut nachvollziehbar – so das OVG Schleswig - sei auch der Vortrag des beklagten Abwasserzweckverbandes, daß es hinsichtlich des Oberflächenwassereinflusses weniger auf die jährliche absolute Niederschlagsmenge, sondern vielmehr vorrangig auf die Art des Niederschlags (Schlagregen, hohe Mengen pro Ereignis) ankomme. Wenn der beklagte Abwasserzweckverband sich damit durch verschiedene technische Maßnahmen bemüht habe, den technischen Ursachen für den Fremdwassereinfluß zu begegnen, so könne - so das OVG Schleswig - nicht festgestellt werden, daß der hohe Fremdwasseranteil und die dadurch verursachten Kosten nicht mehr als systembedingt hingenommen und deshalb über die Abwassergebühren nicht mehr abgerechnet werden könnten. Dabei sei schließlich auch zu berücksichtigen, daß auch die Erforschungs- und Abhilfemaßnahmen Sach- und Personalaufwand verursachen, die als gebührenfähige Kosten in die Gebührenkalkulation eingehen müssen, und dem Betreiber eine Abwasserentsorgungseinrichtung deshalb ein Gestaltungsrahmen einzuräumen sei, ob kostenaufwendige Maßnahmen durchzuführen seien, oder aber versucht werde, im Rahmen eines Abwägens der Vor- und Nachteile vorübergehende technische Schwierigkeiten und deren wirtschaftliche Auswirkungen über einen absehbaren Zeitraum zu tragen.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf folgendes hin:

Das Urteil des OVG Schleswig vom 05.04.200 (Az.: 2 L 215/98) deckt sich mit älteren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichtes (Urteil vom 18.04.1975 -VII 41.73 - KStZ 1975, S. 191, S. 192; Urteil vom 26.10.1977 - VII C 4.76 - ZNR 1978, s. 301), wonach nicht wesentliche Kosten der Entsorgung von Grund- und Quellwasser (sog. Fremdwasser) von der Gemeinde nicht selbst getragen werden müssen, sondern als bloßer Kostenfaktor in die Gebührenkalkulation der Abwassergebühr einbezogen werden können. Sowohl aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahre 1975/1976 als auch aus dem Urteil des OVG Schleswig vom 05.04.2000 kann allerdings entnommen werden, daß die Fremdwasserproblematik, die nicht nur wetterbedingt ist, abwassertechnische Lösungen mittelfristig erforderlich machen kann. Denn zum einen weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, daß lediglich nicht wesentliche Kosten durch sog. Fremdwasser über die Abwassergebühren abrechnungsfähig gestellt werden können. Zum anderen ist auch das OVG Schleswig in seinem Urteil vom 05.04.2000 der Auffassung, daß sich eine abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde nachvollziehbar bemühen muß, den Fremdwassereinflüssen im gemeindlichen Kanalnetz zu begegnen. Dabei ist nach dem OVG Schleswig zu berücksichtigen, daß auch die Erforschungs- und Abhilfemaßnahmen für Fremdwassereinträge in das Kanalnetz Sach- und Personalaufwand verursachen, die als gebührenfähige Kosten in die Gebührenkalkulation eingehen müssen und deshalb dem Betreiber einer Abwasserentsorgungseinrichtung ein Gestaltungsrahmen einzuräumen ist, ob kostenaufwendige Maßnahmen sofort durchgeführt werden oder aber versucht wird, im Rahmen eines Abwägens der Vor- und Nachteile vorübergehende technische Schwierigkeiten und deren wirtschaftliche Auswirkungen über einen absehbaren Zeitraum zu tragen.

Az.: II/2 24-21

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search