Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 262/2021 vom 21.04.2021

OVG Saarland zu gewerblichen Alttextilien-Sammelcontainern

Das OVG Saarland hat mit Urteil vom 03.02.2021 (Az. 1 A 308/19) entschieden, dass eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von gewerblichen Altkleidersammelcontainern im öffentlichen Straßenraum nur mit Gründen versagt werden kann, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Hierzu zählen insbesondere der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm und sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbildes mit Bezug zur Straße (Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraums, Schutz eines bestimmten Straßen- und Stadtbildes). Diese Sichtweise hatte auch bereits das OVG NRW in einem Urteil vom 13.05.2019 (Az. 11 A 2627/18) vertreten. Ob hingegen ein Bedarf an gewerblichen Altkleidersammelstellen auf öffentlichen Flächen besteht, hat demgegenüber - so das OVG Saarland - keinerlei unmittelbaren, sachlichen Bezug zur Straße. Deshalb muss die Versagung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis grundsätzlich immer auf straßenbezogene Gründe gestützt werden können. Weiterhin weist das OVG Saarland darauf hinweist, dass es sich bei der Frage, wie viele Altkleider-Sammelcontainer in einem Stadtgebiet auf öffentlichen Flächen aufgestellt werden, nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Vielmehr ist eine solche Entscheidung wegen ihres grundlegenden Charakters dem Stadt- bzw. Gemeinderat vorbehalten (siehe hierzu auch: OVG NRW, Urteil vom 13.05.2019 – Az. 11 A 2057/17-; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.07.2001 – Az. 8 S 716/01-).

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Die Rechtslage stellt sich in NRW grundsätzlich nicht anders dar. Auf der Grundlage der bislang ergangenen, straßenrechtlichen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW - Urteil vom 13.05.2019 – Az.: 11 A 2627/18 – Rz. 31 und Rz. 41 der Urteilsgründe - abrufbar unter: www.justiz.nrw.de - ; OVG NRW, Urteil vom 28.03.2019 – Az.: 11 A 1166/16 - ) ist der Gesichtspunkt der Übermöblierung des öffentlichen Verkehrsraums und die dadurch bedingte negative Beeinflussung (Verschandelung) des Orts- und Stadtbildes eine tragende straßenrechtliche Erwägung, um die Anzahl von Alttextilien-Sammelcontainern auf öffentlichen Flächen zu begrenzen und Anträge auf Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis abzulehnen, wenn die durch Ratsbeschluss festgelegte Zahl an Standorten auf öffentlichen Flächen erreicht worden ist.

Gemeinnützige Sammler dürfen nach dem OVG NRW (Urteil vom 13.05.2019 – Az.: 11 A 2627/18 – Rz. 33 der Urteilsgründe - abrufbar unter: www.justiz.nrw.de -) allerdings nicht bevorzugt werden, weil das öffentliche Straßenrecht bzw. Sondernutzungsrecht wirtschafts- und wettbewerbsneutral ist. Deshalb darf durch Ratsbeschluss nur allgemein die Anzahl der Standplätze für Alttextilien-Container auf öffentlichen Flächen bezogen auf das gesamte Stadtgebiet begrenzt werden. Diese Entscheidung ist aber kein Geschäft der laufenden Verwaltung, sondern muss durch Ratsbeschluss getroffen werden (so ausdrücklich: VG Minden, Urteil vom 13.11.2018 – Az.: 1 K 364/18 – Rz. 41 der Urteilsgründe – abrufbar unter: www justiz.nrw.de).

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 11.07.2017 (– Az.: 7 C 35.15 –) außerdem klargestellt, dass die Sammlung von Alttextilien zur Abfallentsorgungspflicht einer Stadt bzw. Gemeinde als sog. öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gehört (§ 17 Abs. 1, 20 Abs. 1 KrWG i. V. m. § 5 Abs. 6 LAbfG NRW), weil es sich bei den Alttextilien um Haushaltsabfälle (Abfälle aus privaten Haushaltungen) handelt.

Es kann deshalb entgegen dem OVG Saarland (Urteil vom 03.02.2021 - Az.: 1 A 308/19) auch nicht beanstandet werden, wenn für den abfallentsorgungspflichtigen, öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§§ 17 Abs. 1, 20 Abs. 1 KrWG) vorrangig öffentliche Flächen zur Aufstellung von Alttextilien-Container bereitgestellt werden. Nur so kann dieser die ihm obliegende Abfallentsorgungspflicht ordnungsgemäß erfüllen.

In diesem Zusammenhang muss auch beachtet werden, dass der Bundesgesetzgeber seit dem Inkrafttreten des geänderten Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG = Bundesabfallgesetz) am 29.10.2020 und dort in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 KrWG ausdrücklich geregelt hat, dass zur Abfallentsorgungspflicht der Städte und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die getrennte Erfassung bzw. Sammlung von „Alttextilien-Abfällen“ gehört, welche spätestens bis zum 01.01.2025 umzusetzen ist. Vor diesem Hintergrund dieser ausdrücklich bundesgesetzlich geregelten Abfallentsorgungspflicht für Alttextilien kann eine Stadt oder Gemeinde grundsätzlich auch berücksichtigen, dass eine bestimmte Anzahl von öffentlichen Flächen für den Aufbau eines öffentlich-rechtlichen Alttextilien-Erfassungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorbehalten sein müssen. Im Übrigen muss das öffentlich-rechtliche Abfallentsorgungssystem jederzeit zur Benutzung durch die Bürgerinnen und Bürger verfügbar und einsatzbereit sein. Dieses gilt auch dann, wenn die Erlöse für die Verwertung von bestimmten Abfällen sinken und sich dann kein gewerblicher Sammler mehr für diese Abfälle ernsthaft interessiert.

Auch unter diesem Blickwinkel hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 28.08.2014 (– Az.: 2 BvR 2639/09) klargestellt, dass das öffentlich-rechtliche Abfallentsorgungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers einen besonderen Stellenwert hat, welcher - auch durch den Gesetzgeber - geschützt werden muss.


Az.: 25.0.2.1 qu

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