Mitteilungen - Schule, Kultur, Sport

StGB NRW-Mitteilung 786/2003 vom 22.10.2003

OVG Rheinland-Pfalz zu Schülerfahrkosten und Offene Ganztagsschule

In § 10 a Abs. 3 des Landesgesetzes über die Schulen in Rheinland-Pfalz ist eine Regelung zur Ganztagsschule in offener Form enthalten: „Die Ganztagsschule in offener Form legt einzelne Unterrichtsveranstaltungen auf den Nachmittag und bietet außerunterrichtliche Betreuung an; die Teilnahme an der außerunterrichtlichen Betreuung für die Schüler ist freiwillig. Die außerunterrichtliche Betreuung erfolgt durch Betreuungskräfte, die der Schulträger bereitstellt.“

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat am 25.08.2003 ein Urteil (Az.: 2 A 10588/03. OVG) zu der Frage gefällt, ob die zur Zahlung von Schülerfahrkosten verpflichteten Landkreise und kreisfreien Städte gehalten sind, für die Beförderung der Schüler von Ganztagsschulen in offener Form an Nachmittagen Schulbusse einzusetzen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Das OVG hat entschieden, daß eine solche Verpflichtung nicht bestehe. Eine derartige Verpflichtung bedürfe vielmehr einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung durch den Gesetzgeber.

Das OVG hat im einzelnen ausgeführt, daß das Leitbild der Schülerbeförderung die Einrichtungen des öffentlichen Schulwesens bilden, durch deren Besuch die staatliche Schulpflicht erfüllt werden könne und die typischerweise auf die Sicherstellung einer schulischen Grundversorgung ausgerichtet seien. Die Grundüberlegung sei dabei, daß entsprechend dem staatlichen Bildung- und Erziehungsauftrag und der zu seiner Konkretisierung in § 44 Abs. 1 Schulgesetz Rheinland-Pfalz geregelten allgemeinen Schulpflicht möglichst allen jungen Menschen – ungeachtet ihrer individuellen Begabungen und Leistungen – ein Mindestmaß an Bildung und Ausbildung zu vermitteln sei. Deshalb übernehme der Staat die Schülerbeförderungskosten zu diesen Einrichtungen, damit sichergestellt sei, daß jedes schulpflichtige Kind seiner Schulpflicht nachkommen und das Angebot der schulischen Grundversorgung für sich nutzen könne. Gleichzeitig werde der Staat damit im Gemeinwohlinteresse tätig. Die Erfüllung der Schulpflicht sei dabei traditionell als „Bringschuld“ zu begreifen. Aus diesem Grund obliege es grundsätzlich den Eltern, für einen Transport zu und von der Schule zu sorgen und die damit verbundenen Kosten als Teil des allgemeinen Lebensführungsaufwandes zu tragen.

Zudem hat das OVG Rheinland-Pfalz darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber gleichwohl berechtigt sei, die Eltern auch von dieser Aufgabe und den damit verbundenen Kosten zu Lasten der öffentlichen Hand freizustellen. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang dies geschehen solle, bedürfe jedoch einer ausdrücklichen und klaren gesetzlichen Übernahmeregelung. Dies gebiete nicht nur das Verteilungsprinzip, sondern insbesondere auch das verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstverwaltungsrecht der kommunalen Gebietskörperschaften (Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz).

Wenn auch die Regelungen zur Ganztagsschule in offener Form nicht exakt mit dem Erlaß bzw. der Richtlinie des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen zur Offenen Ganztagsschule entspricht, so dürften diese Ausführungen gleichwohl auf Nordrhein-Westfalen übertragbar sein. Auch die Offene Ganztagsschule nach nordrhein-westfälischer Prägung ist ein freiwilliges Angebot und unterfällt nicht der Schulpflicht. Damit bestätigt das OVG Rheinland-Pfalz letztlich die Auffassung der Geschäftsstelle, daß für die Offene Ganztagsschule keine Schülerfahrkosten zu übernehmen sind. Etwas anderes ergibt sich lediglich dann, wenn eine Rhythmisierung des Unterrichtes erfolgt, so daß auch Pflichtstunden am Nachmittag gegeben werden. In diesem Fall hätte der Schulträger auch die Schülerfahrkosten zu übernehmen.

Das Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen vertritt eine andere Auffassung. Es differenziert danach, ob für die betreffende Grundschule Schulbezirke gebildet werden. Werden solche gebildet, so seien die Kosten nur dann zu übernehmen, wenn die Offene Ganztagsgrundschule die nächstgelegene Grundschule sei. Zudem unterscheidet das Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen danach, ob das außerunterrichtliche Angebot in der Grundschule selbst stattfindet. Ist dies der Fall, dann sind nach Auffassung des Schulministeriums NRW die Schülerfahrkosten grundsätzlich zu übernehmen. Findet das Angebot an einem anderen Ort statt, so besteht kein Anspruch auf Schülerfahrkosten, weil es sich beim außerunterrichtlichen Angebot nicht um einen Unterrichtsort im Sinne von § 8 Schülerfahrkostenverordnung handelt. Der Weg zum Ganztagsangebot sei in diesen Fällen kein Schulweg.

Die Geschäftsstelle hält den Ansatz des Schulministeriums NRW für rechtlich bedenklich. Aus § 8 der Schülerfahrkostenverordnung ergibt sich, daß die Schülerfahrkostenverordnung dazu dient, den Schülern zu ermöglichen, am lehrplanmäßigen Unterricht teilzunehmen. Ergänzende Betreuungsangebote am Nachmittag im Rahmen der Offenen Ganztagsschule gehören jedoch nicht zum lehrplanmäßigen Unterricht und rechtfertigen daher keinen Anspruch nach der Schülerfahrkostenverordnung.

Die Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz kann abgerufen im Intranet-Angebot des Verbandes unter Fachinformationen und Service/Fachgebiete/Schule, Kultur und Sport/Schule/Entscheidungen.

Az.: IV/2-214-50/1

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