Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 389/2005 vom 22.04.2005

OVG NRW zur Vermögensbewertung bei Kanalnetzen

Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 18.3.2005 (Az.: 9 A 4650/02) ein Urteil des VG Arnsberg vom 1. 10. 2002 (Az.: 11 K 3302/00) bestätigt und den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

In seinem Urteil vom 1.10.2002 (Az.: 11 K 3302/00) hatte sich das VG Arnsberg mit der Frage der Vermögensbewertung von Kanalnetzen auseinandergesetzt. Das VG Arnsberg kam zu dem Ergebnis, dass eine Vermögensbewertung, nach dem sog. Mengenverfahren nicht zu beanstanden sei. Bei diesem nach der Rechtsprechung des OVG NRW zur Berechnung des Wiederbeschaffungszeitwertes geeigneten Verfahren werden sämtliche Vermögensgegenstände zu einem Stichtag nach Art und Menge ermittelt und mit den zu dem benannten Zeitpunkt geltenden Einheitspreisen multipliziert (vgl. OVG NRW, Endurteil vom 24.07.1995 – 9 A 2251/93 -).

Die Festlegung des Abschreibungssatzes in dem zu entscheidenden Fall auf durchschnittlich 1,67 % war nach Auffassung des VG Arnsberg außerdem sachgerecht. Die hierbei zugrunde liegende Annahme einer Nutzungsdauer des Kanalnetzes von 60 Jahren sei unter Berücksichtigung des gemeindlichen Prognosespielraums nicht zu beanstanden. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass diese Nutzungsdauer angesichts der tatsächlichen Verhältnisse zu kurz oder zu lang sein könnten, seien nicht ersichtlich und von den Klägern – so das VG Arnsberg – nicht dargetan. Der allgemeine Hinweis auf Kanäle minderer Qualität gebe keine Veranlassung zu einer weiteren Sachaufklärung im Rahmen der Amtsermittlung. Denn die angenommene Nutzungsdauer sei ersichtlich nur ein Durchschnittswert, der von vornherein Bauwerke unterschiedlicher Qualität erfasse.

Auch die vorgenommene kalkulatorische Verzinsung auf der Grundlage des Anschaf-fungswertes nach Restbuchwerten war nach dem VG Arnsberg nicht zu beanstanden. Zur Berechnung des Wertes sei die beklagte Stadt von dem ermittelten Wiederbeschaffungszeitwert ausgegangen. Die Feststellung der Anschaffungskosten der einzelnen Kanalbauwerke und der übrige Bestandteil der Abwasserbeseitigungsanlage seien dann anhand einer Rückrechnung mittels sog. Baukostenindizes erfolgt. Diese Vorgehensweise bei der Ermittlung des Herstellungswertes sei nach der Rechtsprechung des OVG NRW zulässig. Das OVG NRW habe es zwar bei der Bewertung der Ermittlung des Anschaffungs- bzw. Herstellungswertes grundsätzlich für allein sachgerecht angesehen, die tatsächlich aufgewendeten Kosten zugrunde zu legen, weil eine Rückrechnung vom Wiederbeschaffungszeitwert über Indizes in der Vielzahl der Fälle nicht den gleichen Grad an Genauigkeit beanspruchen könne. In den Fällen aber, in denen ein Rückgriff auf die tatsächlichen Anschaffungswerte nicht oder nur in eingeschränktem Maße möglich sei (z.B. wegen kriegsbedingt verloren gegangener Unterlagen) und daher in Folge des Ausmaßes der erforderlichen Schätzungen mit noch größeren Unsicherheiten als mit dem Mengenverfahren zu rechnen sei, erkenne das OVG NRW ausnahmsweise das Mengenverfahren als eine zur Bestimmung des Anschaffungswerts geeignete Methode an (vgl. OVG NRW, Urt. v. 24.07.1995 – 9 A 2152/93). Diese Voraussetzungen seien hier gegeben, weil die beklagte Stadt auf kriegsbedingte Einwirkungen aus den Jahren 1944 und 1945 verweise, denen zahlreiche Abrechnungsakten zum Opfer gefallen seien, auf den lückenhaften Aktenbestand in bestimmten, in den 70iger Jahren eingemeindeten Ortsteilen sowie auf Aktenverluste, die auf das Aussortieren bestimmter Vorgänge nach dem Ablauf der Aufbewahrungsfristen bzw. nach dem Neubau sanierungsbedürftiger Kanäle zurückzuführen seien. Darüber hinaus habe die beklagte Stadt dargelegt, dass auch der Wert derjenigen Anlagenteile, für die die Herstellungskosten noch greifbar seien, häufig nur unzureichend aufgrund dieses Aktenmaterials ermittelt werden könnten, weil dieses nicht den spezifischen Anforderungen für eine genaue Ermittlung des Anschaffungswertes genüge. So fehlten für Maßnahmen, die vor Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung erstellt worden seien, häufig wichtige Nebenkostenaufstellungen wie z.B. die Planungsleistung oder Aufwendungen der Straßenwiederherstellung. Ferner sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass für die nordrhein-westfälischen Kommunen jahrzehntelang auch keine Veranlassung bestand, die Abrechnungsunterlagen über neu erstellte Kanäle aus Gründen der Gebührenkalkulation in einer Weise zu archivieren und aufzubereiten, dass jederzeit eine verlässliche Zusammenstellung der Anschaffungswerte erfolgen konnte. Denn nach der bis Mitte 1994 maßgeblichen Rechtsprechung des OVG NRW unterlag es keinerlei Bedenken, die maßgeblichen Wertansätze grundsätzlich zu Zeitwerten zu veranschlagen und insoweit auf die aktuelle Tagesbewertung abzustellen (vgl. OVG NRW, Urt. v. 27.10.1992 – 9 A 835/91 -, NWVBl 1994, S. 99 ff.).

Angesichts dieser Lückenhaftigkeit der vorhandenen Abrechnungsunterlagen wäre eine Aufstellung – so das VG Arnsberg – der Anschaffungskosten allein auf der Grundlage dieses Aktenmaterials mit deutlichen Unsicherheiten behaftet gewesen, zumal zahlreiche Positionen nur hätten geschätzt werden können. Hinzu komme, dass eine Rekonstruktion der Anschaffungswerte mittels der greifbaren Unterlagen nur mit einem sehr hohen personellen Aufwand zu realisieren gewesen wäre. Unter Effizienzgesichtspunkten sei der Einsatz kommunaler Ressourcen für die Informationsgewinnung und Kontrolle aber nur so lange sinnvoll, wie der betriebene Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu den erzielten Ergebnissen, letztlich der Gebührengerechtigkeit, stünden. Denn die Verbesserung der Genauigkeit von Kalkulationsergebnissen, die mit wirtschaftlich unvertretbarem Verwaltungsaufwand einhergehen, würde auch nicht mehr im Interesse der Gebührenschuldner liegen.

Bei der hiernach erfolgten Rückrechnung auf der Grundlage der ermittelten Wiederbeschaffungszeitwerte seien der beklagten Stadt – so das VG Arnsberg – auch keine erkennbaren Fehler unterlaufen. So habe das beauftragte Ingenieurbüro einer Analyse von 13 abgerechneten Kanalbaumaßnahmen im Stadtgebiet in den Jahren 1989 bis 1992, für die vollständige Abrechnungsunterlagen greifbar waren, durchgeführt. Diese Analyse diente der Kalibrierung der Baukosten und Einheitspreise, wobei über das gesamte Stadtgebiet verteilte Baumaßnahmen ausgewählt wurden, die sich zudem nach der Größe der Leistungsquerschnitte und der verwendeten Rohrmaterialien unterschieden. Diese Gegenüberstellung der tatsächlichen Anschaffungswerte mit den nach dem Mengenverfahren ermittelten Werte hätte ergeben, dass das von dem Ingenieurbüro zur Wertermittlung nach dem Mengenverfahren verwendete Computerprogramm zu sehr realitätsnahen und zulässigen Ergebnissen führe, so dass das gewählte Verfahren insgesamt nicht beanstandet werden könne.

Dieser Sichtweise des VG Arnsberg hat sich das OVG NRW in seinem Beschluss vom 18.3.2005 angeschlossen und ausgeführt, das VG Arnsberg habe ausdrücklich festgestellt, dass der beklagten Stadt bei der Ermittlung keine zu einer beachtlichen Kostenüberhöhung führenden Fehler unterlaufen seien. Zur Begründung habe das Verwaltungsgericht unter anderem darauf abgestellt, dass eine Analyse der tatsächlichen Kosten bei 13 abgerechneten Baumaßnahmen in den Jahren 1989 bis 1992 die Eignung und Realitätsnähe der vom sachverständigen Ingenieurbüro angewandten Berechnungsmethode belegt habe. Insoweit habe die Klägerseite keine entsprechenden Darlegungen getätigt, welche die Beurteilung durch das VG Arnsberg in Frage stellten. Abgesehen davon habe das VG hervorgehoben, dass die Position „kalkulatorische Zinsen“ beanstandungsfrei um 2.381.272,00 DM höher hätte kalkuliert werden dürfen, wenn die beklagte Stadt statt eines Zinssatzes von 6,44 % den in der Rechtsprechung des OVG NRW gebilligten Zinssatz von 8 % zu Grunde gelegt hätte. Mit diesen Begründungselementen des angegriffenen Urteils setze sich das klägerische Vorbringen nicht ansatzweise auseinander.

Az.: II/2 24-21 qu/g

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