Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 331/2003 vom 24.03.2003

OVG NRW zur getrennten Regenwassergebühr

[NR] OVG NRW zur getrennten Regenwassergebühr

Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 05. Februar 2003 (Az: 9 B 2482/02) weiterführende Ausführungen zur Frage der Erforderlichkeit der Einführung einer getrennten Regenwassergebühr getätigt. Das OVG NRW weist in seinem Beschluss vom 05.02.03 darauf hin, dass bei einer Abwassergebühr auf der Grundlage des Frischwassermaßstabes (Frischwasser = Abwasser einschließlich der Kosten der Regenwasserbeseitigung) ein Verstoß gegen das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip nicht bereits deshalb anzunehmen sei, weil die Kosten für die Beseitigung des Niederschlagswassers über der Grenze von 12 % der Gesamtkosten der Abwasserbeseitigung liegen würden. Die 12%-Grenze sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (lediglich) im Sinne einer Erheblichkeitsschwelle entwickelt worden, unterhalb deren die durch Gebühren zu deckenden Kosten für die Beseitigung des Regenwassers als derart geringfügig anzusehen seien, dass schon allein aus diesem Grund weder der Gleichheitsgrundsatz noch das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip der Umlage der Kosten der Regenwasserbeseitigung mittels des einheitlichen Frischwassermaßstabs (Frischwasser = Abwasser) entgegenstünden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.03.1985 – 8 B 11.84 –KStZ 1985, S. 129 ff.). Daraus könne – so das OVG NRW – nicht abgeleitet werden, dass in jedem Fall, in welchem die Kosten der Beseitigung des Niederschlagswassers (Regenwassers) die Grenze von 12 % der Gesamtkosten überschreiten würde, der angewendete einheitliche Frischwassermaßstab gegen das Äquivalenzprinzip bzw. den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde und die getrennte Regenwassergebühr eingeführt werden müsse.

Vielmehr könne der einheitliche Frischwassermaßstab nach der gefestigten Rechtsprechung des OVG NRW (9. Senat) auch dann einen sachgerechten, dem Äquivalenzprinzip genügenden Maßstab zur Verteilung der Kosten für die Beseitigung des gesamten Abwassers einschließlich des Niederschlagswassers bilden, wenn und soweit die jeweilige Stadt/Gemeinde durch eine verhältnismäßig homogene (einheitliche) und wenig verdichtete Wohnbebauung ohne eine nennenswerte Anzahl kleinflächiger Grundstücke mit hohem Wasserverbrauch bzw. großflächig befestigter Grundstücke mit kleinem Wasserverbrauch geprägt sei, wobei abweichende Einzelfälle unterhalb einer Größenordnung von 10 % der insgesamt geregelten Fälle außer Betracht bleiben könnten (sog. Grundsatz der Typengerechtigkeit; vgl. OVG NRW, Urt. v. 25.04.1997 – 9 A 4821/95 -).

Weiterhin weist das OVG NRW in seinem Beschluss vom 05.02.2003 ausdrücklich darauf hin, dass es kaum einen Erfahrungssatz in dem Sinne geben dürfte, wonach bis zu einer Zahl von 60.000 bzw. gar 80.000 Einwohnern regelmäßig noch von einer homogenen Bebauungsstruktur auszugehen sei. Umgekehrt könne ebenso wenig ohne Weiteres angenommen werden, in Städten mit einer solchen Größenordnung fehle es zwingend an einer homogenen Bebauungsstruktur. Pauschalierende Verallgemeinerungen, die etwa an die schlichte Größenordnung der Kommune anknüpfen würden, seien insoweit nicht angebracht. Entscheidend für die Frage der Erforderlichkeit der Einführung einer getrennten Regenwassergebühr seien vielmehr allein die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles in der jeweiligen Stadt/Gemeinde (vgl. OVG NRW, Urt. v. 01.09.1999 – 2 A 2190/99).

Ergänzend weist die Geschäftsstelle zur Rechtsprechung des 9. Senats des OVG NRW im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Einführung einer getrennten Regenwassergebühr auf folgendes hin: In den Mitteilungen des StGB NRW vom März 2003 Nr. 240 war wegen des Urteils des 15. Senats des OVG NRW vom 28.1.2003 den Städten und Gemeinden empfohlen worden, sorgfältig zu prüfen, ob die Einführung einer getrennten Regenwassergebühr zum jetzigen Zeitpunkt unabdingbar ist. Zu beachten ist dabei, dass sich die Unabdingbarkeit der Einführung einer getrennten Regenwassergebühr nicht nach der Maßgabe der Rechtsprechung des 15. Senats des OVG NRW, sondern einzig und allein auf der Grundlage der Rechtsprechung des 9. Senats für das OVG NRW bestimmt, welcher für das Gebührenrecht zuständig ist. Mit anderen Worten: Ist wegen der Rechtsprechung des 9. Senats des OVG NRW, die Einführung einer getrennten Regenwassergebühr unabdingbar, so ist diese einzuführen. Bei der Frage, ob es erforderlich ist, eine getrennte Regenwassergebühr einzuführen, hat der 9. Senat des OVG NRW in der Vergangenheit (Urt. v. 05.08.1994, Az.: 9 A 1248/92 – Städte- und Gemeinderat 1994, S. 338; OVG, Urt. v. 01.09.1999, Az.: 9 A 3342/98, S. 8 f.; und zuletzt: Beschluss vom 05. 02.2003 - Az: 9 B 2482/02 - ) folgendes Prüfungsraster vorgegeben hat, wonach festzustellen ist, ob die Einführung einer getrennten Regenwassergebühr erforderlich ist.

Das OVG NRW sucht zunächst nach konkreten Hinweisen für das Fehlen einer einheitlichen Bebauungs- bzw. Siedlungsstruktur. Ist eine einheitliche Bebauungs- bzw. Siedlungs-struktur nicht gegeben, so spricht dieses in einem ersten Schritt dafür, dass eine getrennte Regenwassergebühr einzuführen ist (vgl. zuletzt hierzu auch: OVG NRW, Beschluss vom 05. Februar 2003 - Az: 9 B 2482/02 –). Unabhängig davon stellt das OVG NRW in seiner Rechtsprechung darauf ab, ob die Anwendung des Frischwassermaßstabes für die Abrechnung der Kosten der Regenwasserbeseitigung noch unter der Anwendung des sog. Grundsatzes der Typengerechtigkeit gerechtfertigt werden kann. Das OVG NRW (Urt. v. 05.08.1994, Az.: 9 A 1248/92 – Städte- und Gemeinderat 1994, S. 338 ) führt hierzu aus, dass zwar bei den Großwasserverbrauchern der Frischwasserbezug sehr hoch sein könne, während die Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers relativ gering sein könne, wenn die bebauten bzw. befestigten Flächen verhältnismäßig klein seien, so dass das in der Gemeinde übliche Verhältnis zwischen abgeleiteten Schmutz- und Niederschlagswasser nicht gegeben sei. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit könne eine Gemeinde als Satzungsgeber aber bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Maßstabsregelungen an die Regelfälle des Sachverhalts anknüpfen und die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht lassen, solange nicht mehr als 10 v.H. der von der Regelung betroffenen Einzelfälle dem Falltyp (Regelfall) widersprechen würden, auf den die Maßstabsregelung zugeschnitten sei (sog. Grundsatz der Typengerechtigkeit: so zuletzt auch: OVG NRW, Beschluss vom 05. Februar 2003 - Az: 9 B 2482/02 –). Aus dieser Rechtsprechung kann entnommen werden, dass auch der Grundsatz der Typengerechtigkeit nicht mehr bemüht werden kann, wenn in einer Gemeinde mehr als 10 v.H. Einzelfälle von den an die kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung angeschlossenen Grundstücken vorzufinden sind, bei denen das angenommene, gleichmäßige Verhältnis von abgeleiteten Schmutz- und Niederschlagswasser gestört ist. In diesem Fall ist dann die getrennte Gebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung einzuführen.

Ist dem in einer Stadt/Gemeinde (z.B. durch ein Gutachten) nachgewiesen worden, dass auf der Grundlage der Rechtsprechung des 9. Senats des OVG NRW, die Einführung einer getrennten Regenwassergebühr zwingend erforderlich bzw. unabdingbar ist, so muss zumindest mit den Arbeiten zur Einführung der getrennten Regenwassergebühr wegen der Rechtsprechung des 9. Senats des OVG NRW begonnen werden. Die Geschäftsstelle des StGB NRW geht davon, dass die angestrebten Gesetzesänderungen als Reaktion auf das Urteil des 15. Senats des OVG NRW vom 28.1.2003 (Az.: 15 A 4751/01) im Jahr 2003 bzw. Anfang des Jahres 2004 in Kraft treten werden, so dass zum Zeitpunkt der endgültigen Einführung der getrennten Regenwassergebühr in einer Stadt/Gemeinde (z.B. 1.1.2005), die vom OVG NRW mit Urteil vom 28.01.2003 aufgezeigte Gesetzeslücke durch eine erfolgte Änderung des § 9 GO NRW und/oder des Landeswassergesetzes (Regelung einer Abwasserüberlassungspflicht für Schmutz- und Regenwasser) geschlossen sein wird, d.h. der Anschluss- und Benutzungszwang für Regenwasser an die gemeindliche Abwasseranlage auch bei privaten Grundstücken unstreitig - landesgesetzlich vorgegeben - (wieder) besteht und somit den Interessen des Wohls der Allgemeinheit bei der Regenwasserbeseitigung (u.a. Hochwasserschutz, Schutz der Nachbargrundstücke vor Vernässungsschäden, ) wieder in vollem Umfang Rechnung getragen werden kann.


Az.: II/2 24-21 qu/g

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