Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 107/2012 vom 06.12.2011

OVG NRW zur Freistellung von der Regenwasserüberlassungspflicht

Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 16.11.2011 (Az. 15 A 854/10 — abrufbar unter www.nrwe.de) entschieden, dass ein Grundstückseigentümer (Kläger) dessen Grundstück an einen bereits im Jahr 1960 gebauten Mischwasserkanal angeschlossen worden ist, keinen Anspruch auf Freistellung nach § 53 Abs. 3 a Satz 1 LWG NRW von der Abwasserüberlassungspflicht (§ 53 Abs. 1 c LWG NRW) für das auf seinem Grundstück anfallende Niederschlagswasser hat.

Nach dem OVG NRW muss die Regelung zur Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht in § 53 Abs. 3 a Satz 1 LWG NRW im Zusammenhang mit der Regelung in § 51 a Abs. 1 Satz 1 LWG NRW zur ortsnahen Regenwasserbeseitigung gesehen werden. In § 51 a Abs. 1 Satz 1 LWG NRW sei ausdrücklich bestimmt, dass die Frage, wie das Regenwasser von privaten Grundstücken ortsnah beseitigt werden kann, nur für solche Grundstücke gilt, die nach dem 01.01.1996 erstmals bebaut werden. Das klägerische Grundstück sei aber bereits vor dem 01.01.1996 an den im Jahr 1960 betriebsfertig hergestellten Mischwasserkanal angeschlossen worden. Damit gelte die Regelung in § 51 a Abs. 1 Satz 1 LWG NRW nicht, weil bei den Grundstücken, die vor dem 01.01.1996 erstmals bebaut worden sind, die Entwässerungsrechtssituation unverändert bleiben sollte.

Etwas anderes folgt nach dem OVG NRW auch nicht aus § 51 a Abs. 3 LWG NRW, der speziell auf den Fall des Mischwasserkanals zugeschnitten worden ist. Nach dem OVG NRW ist hier bereits durch Beschluss vom 01.09.2010 (Az. 15 A 1636/08) klar gestellt worden, dass bei der Frage, ob ein Grundstück an den vorhandenen Mischwasserkanal anzuschließen ist, keine reine Einzelfallbetrachtung des konkreten Grundstückes erfolgt. Eine reine Einzelfallbetrachtung eines konkreten Grundstücke würde — so das OVG NRW —nämlich dem Regelungsgehalt des § 51 a Abs. 3 LWG NRW nicht gerecht, so dass es auf die Auswirkung einer Freistellung nur eines Grundstücks von der Abwasserüberlassungspflicht nicht ankommt. Denn der Nicht-Anschluss eines einzelnen Grundstücks würde grundsätzlich keinen technischen oder wirtschaftlich unverhältnismäßigen Aufwand hervorrufen. Würde aber bei jedem Grundstück nur auf dieses konkrete Grundstück abgestellt, so führte dieses zwangsläufig in der Summe aller einzelnen Grundstücke, die nicht angeschlossen werden, dazu, dass die gesamte abwasserrechtliche Entwässerungskonzeption „Mischwasserkanal“ nachträglich entwertet würde. Diese Rechtsfolge sei aber im Gesetz nicht angelegt und würde die Regelungen des § 51 a Abs. 3 LWG NRW regelmäßig mit der Folge leerlaufen lassen können, dass Sinn und Zweck des Gesetzes nicht erreicht würden. Dabei sei ebenfalls zu berücksichtigen, dass § 51 a Abs. 3 LWG NRW nach dem Willen des Landesgesetzgebers auch dem Schutz getätigter abwasserrechtlicher Investitionen dienen soll, was sich aus den dargelegten Gründen bei einer grundstücksbezogenen Einzelfallbetrachtung nicht sicherstellen ließe.

Außerdem weist das OVG NRW darauf hin, dass der Rechtsgedanke des Bestandsschutzes erst Recht für die Grundstücke gilt, für die — wie hier — eine Pflicht zur ortsnahen Regenwasserbeseitigung nach § 51 a Abs. 1 LWG NRW nicht besteht, weil dieses Grundstück bereits vor dem 01.01.1996 bebaut worden ist und damit nach der Entscheidung des Landesgesetzgebers die Entwässerungssituation auf dem Grundstück (hier: Anschluss des Grundstückes an den Mischwasserkanal) Bestand haben sollte.

Schließlich führt das OVG NRW aus, dass die Ablehnung der Freistellung von der Abwasserüberlassungspflicht nach § 53 Abs. 3 a Satz 1 LWG NRW ggf. dann ermessensfehlerhaft sein könnte, wenn die Gemeinde in der Vergangenheit den Grundstückseigentümer in anderer Weise angehalten hat, sein Regenwasser ortsnah auf seinem Grundstück zu beseitigen. Dieses sei etwa dann der Fall, wenn auf der Grundlage des § 51 a Abs. 2 LWG NRW alte Fassung die Niederschlagswasserbeseitigungspflicht auf den Grundstückseigentümer tatsächlich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 51 a Abs. 4 Satz 2 LWG NRW alte Fassung übergegangen sei und der Eigentümer vor diesem Hintergrund erhebliche Investitionen in einer Anlage zur Niederschlagswasserbeseitigung getätigt habe, oder wenn die Behörde fälschlicherweise von einem Übergang der Niederschlagswasserbeseitigungspflicht ausgegangen sei und sie den Grundstückseigentümer letztlich zur Errichtung einer entsprechenden Niederschlagswasserbeseitigungsanlage in die Pflicht genommen habe.

Solche außergewöhnlichen Umstände seien in dem konkret zu entscheidenden Fall nicht gegeben.

Insbesondere würden sich solche Umstände nicht daraus ergeben, dass nach Auffassung des Klägers die Kapazitätsgrenze des in Rede stehenden Mischwasserkanals bereits erreicht sei. Die diesbezüglichen Darlegungen seien nicht hinreichend begründet. Dabei verkenne der Kläger auch, dass die die Kapazitätsgrenze des Mischwasserkanals in den Blick nehmende Planung aus dem Jahr 1978 auf der Basis der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Bauflächen erfolgt sei. Damit sei nicht nur der tatsächliche Baubestand, sondern auch die mögliche (zukünftige) Bebauung in den Blick genommen worden. Soweit der Kläger dann noch auf den Straßenumbau im Jahr 1979 verweise, setze er sich nicht mit dem Vorbringen der beklagten Stadt auseinander, dass im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Straßenbau auf der Grundlage des Nachweises aus dem Zentralentwässerungsplan einer Neuplanung des Verbindungshauptsammlers einschließlich Regenüberlaufbecken zur Zentralkläranlage erfolgt und im Jahr 1981 gebaut worden sei. Alles dieses spreche — so das OVG NRW — überzeugend dafür, dass die von der Klägerseite letztlich nur behaupteten Kapazitätsprobleme nicht vorliegen würden.

Schlussendlich verkennt der Kläger — so das OVG NRW - auch, dass ein subjektiv-öffentliches Recht eines Anschlussverpflichteten auf Übertragung der Niederschlagswasserbeseitigungspflicht wegen Kapazitätsproblemen im öffentlichen Kanalnetz nicht besteht. Vielmehr trifft in einem solchen Fall die gesetzlich zur Niederschlagswasserbeseitigung verpflichtete Gemeinde eine Anpassungspflicht im Hinblick auf die Kanalkapazität, die — wird sie nicht erfüllt — ggf. zu Schadensersatzansprüchen eines Anschlussverpflichteten führen kann.

Az.: II/2 qu-ko

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