Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 625/2003 vom 24.07.2003

OVG NRW zur Beitragspflicht und tatsächliche Anschlussmöglichkeit

Das OVG NRW hat mit Urteil vom 01.04.2003 (15 A 2254/01) entschieden, dass für ein Grundstück ein Kanalanschlussbeitrag nicht erhoben werden kann, wenn der gemeindliche Abwasserkanal (hier: Mischwasserkanal) 2,5 m vor dem Grundstück, also noch im Bereich vor dem Nachbargrundstück, endet. Denn in diesem Fall fehle es an der Voraussetzung der tatsächlichen Anschlussmöglichkeit.

Die tatsächliche Anschlussmöglichkeit setzt nach dem OVG NRW voraus, dass der Anschluss „unter gemeingewöhnlichen Umständen“ möglich sein muss. Der Begriff der gemeingewöhnlichen Umstände richtet sich dabei – so das OVG NRW -auf die Zumutbarkeit des Anschlusses im Hinblick auf den finanziellen Aufwand für die Anschlussleitungen. Das Merkmal des Anschließenkönnens hänge darüber hinaus in rechtlicher Hinsicht vom gemeindlichen Entwässerungsrecht ab, welches das Recht und ggf. die Pflicht zum Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage regele. Erforderlich sei nämlich für dieses Merkmal, dass das Entwässerungsrecht für das Grundstück ein Recht zum Anschluss biete. Die Entwässerungssatzung (Abwasserbeseitigungssatzung) der beklagten Stadt schreibe hier vor, dass ein Anschlussrecht nur für solche Grundstücke bestehe, die durch eine Straße erschlossen seien, in der die öffentliche Abwasseranlage betriebsfertig vorhanden sei. Mit diesen Worten werde – ähnlich wie durch die auch häufig zu findende entwässerungsrechtliche Anschlussrechtsbegrenzung auf „Grundstücke, die an eine kanalisierte Straße grenzen“ – einerseits ausgedrückt, dass ein Anschlussrecht erst dann besteht, wenn ein Straßenzug vollständig mit einem Kanal versehen sei, andererseits ein Anschlussrecht nicht schon bestehen solle, wenn der Kanal nur in einem Teilabschnitt der Straße bestehe, ohne wenigstens bis in Höhe des Grundstücks herangeführt worden zu sein. Aus diesen Abgrenzungen nach oben und nach unten ergebe sich - so das OVG NRW -, dass nach solchen entwässerungsrechtlichen Regelungen ein Anschlussrecht erst entstehe, wenn in dem an das betreffende Grundstück angrenzenden Straßenbereich ein betriebsfertiger Kanal vorhanden sei.

Dabei sei als Mindestvoraussetzung bislang gefordert worden, dass der Kanal das Grundstück an einer Grenze gewissermaßen noch berühren müsse. Damit sei für den Regelfall derjenigen Grundstücke, die an einer durchgängig kanalisierbaren Straßen liegen und nicht Sonderfälle darstellten, wie etwa Hinterliegergrundstücke oder am Ende einer Sackgasse gelegene Grundstücke, gemeint, dass der öffentliche Kanal zumindest eine gedachte Linie berühren müsse, die ihren Ausgangspunkt an einer der Schnittstellen von Grundstücksgrenze und Straße habe und mit dem Kanal einen rechten Winkel bilde (Grenzlinie).

Dieses Erfordernis des Berührens sei im zu entscheidenden Fall nicht erfüllt, weil der Kanal etwa 2,5 m vor der Grenzlinie, die von der Schnittstelle der Grundstücksgrenze des Flurstücks mit der Straße ausgehe, ende. Es handele sich zwar nur um eine sehr kleine Entfernung, die von dieser Grenzlinie bis zum Kanal zu überwinden sei und die bei an Grundstücken vorbeiführenden Kanäle sogar häufig von der straßenseitigen Grundstücksgrenze in senkrechter Richtung auf den Kanal durch eine Grundstücksanschlussleitung überwunden werden müsse. An dem Erfordernis des Berührens sei jedoch auch bei so geringen Entfernungen zur Grenzlinie festzuhalten. Rechtssicherheit und Rechtsklarheit würden es erfordern – so das OVG NRW -, die für das Entstehen der Kanalanschlussbeitragspflicht, aber auch für das Anschluss- und Benutzungsrecht und den Anschluss- und Benutzungszwang entscheidende entwässerungsrechtliche Frage, ob das Grundstück an einer kanalisierten Straße liege, nicht von unbestimmten Begriffen, sondern von klar erkennbaren Umständen abhängig zu machen.

Mangels Berührens der Grenzlinie im oben genannten Sinne konnte somit – so das OVG NRW in dem zu entscheidenden Fall - durch die bloße Existenz des Mischwasserkanals in der Straße die Kanalanschlussbeitragspflicht nicht entstehen. Diese konnte damit erst durch den tatsächlichen Anschluss des Grundstücks an den Kanal entstehen. Dieses führte dazu, dass mit dem Abstellen auf den tatsächlichen Anschluss des Grundstückes an den gemeindlichen Mischwasserkanal die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist gem. § 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG NRW i.V.m. § 169 Abs. 1 und 2, 170 Abs. 1 Abgabenordnung noch nicht abgelaufen war.

Das OVG NRW weist in seinem Urteil vom 01.04.2003 weiterhin darauf hin, dass mit Blick auf den vorhandenen Mischwasserkanal auch eine Heranziehung zu einem Vollanschlussbeitrag für die Ableitungsmöglichkeit von Schmutzwasser und Regenwasser erhoben werden konnte. Denn von dem Grundstück würde sowohl Schmutzwasser als auch Niederschlagswasser aus dem Bereich der Tiefgaragenzufahrt dem Mischwasserkanal zugeleitet. Unerheblich sei es – so das OVG NRW - , dass nicht sämtliches Niederschlagswasser dem Mischwasserkanal zugeleitet werde, insbesondere nicht das auf den Dachflächen anfallende Niederschlagswasser. Für den Begriff „tatsächlich angeschlossen“ sei allein maßgeblich, ob Abwasser der genannten Art (also Schmutzwasser oder Regenwasser) dem Kanal zugeleitet werde, nicht jedoch in welcher Menge die Zuleitung der Abwasserarten erfolge. Der Satzung der beklagten Gemeinde lasse sich außerdem nicht entnehmen, dass Niederschlagswasser, das auf befestigten Flächen mit Kraftfahrzeugverkehr anfalle (hier: Tiefgaragenzufahrt) von der Einleitung als Niederschlagswasser ausgeschlossen sein soll (vgl. auch die Definition des Begriffs Niederschlagswasser in § 51 Abs. 1 Satz 1 LWG NRW: „Das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser“).

Az.: II/2 24-22 qu/g

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