Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 304/2004 vom 22.03.2004

OVG NRW zum Durchleitungsrecht für Hinterlieger-Grundstücke

Das OVG NRW hat mit Urteil vom 2.3.2004 (Az.: 15 A 1151/02) zur Frage entschieden, wann eine beitragsrechtlich, gesicherte Anschlussmöglichkeit für sog. Hinterlieger-Grundstücke besteht. Die beitragsrechtlich erforderliche und gesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme besteht nach dem OVG NRW erst dann, wenn die Inanspruchnahme der (öffentlichen Abwasser)Anlage nur noch vom Willen des Grundstückseigentümers abhängt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.10.2001 – Az.: 15 A 5184/99 - , NWVBl. 2002, S. 275ff., S. 278).

Baulasten zu Gunsten eines Hinterlieger-Grundstücks vermitteln nach dem OVG NRW aber keine gesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage durch Anschluss über das baulastenbelastete Vordergrundstück. Eine Baulast ist – so das OVG NRW in seinem Urteil vom 2.3.2004 – nur eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Grundstückseigentümers zu einem sein Grundstück betreffendes Tun, Dulden oder Unterlassen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergibt und die gegenüber der Bauaufsichtsbehörde erklärt wird (§ 83 Abs. 1 BauO NRW).

Daraus ergibt sich nach dem OVG NRW, dass aus der Baulast keine privatrechtlichen Ansprüche des Baulastbegünstigten gegenüber dem Baulastenverpflichteten zu Tun, Dulden oder Unterlassen entstehen, sondern allein die Bauaufsichtsbehörde die Möglichkeit hat, die übernommene Verpflichtung im Wege bauaufsichtlicher Verfügung durchzusetzen. Allerdings gewähre die Rechtsprechung dem Baulastbegünstigten gegen den zur Duldung der Grundstücksinanspruchnahme Baulastverpflichteten auf dessen Herausgabe- oder Räumungsanspruch hin die Einrede der Arglist, solange die Baulast besteht und keine Anhaltspunkte dafür vorhanden seien, die Baubehörde werde sie nicht durchsetzen oder auf sie verzichten (vgl. BGH, Urteil vom 9.1.1981 – Az.: V ZR 58/79 -, BGHZ 79 S. 201ff., S. 210).

Das OVG NRW hält vor diesem Hintergrund einen baulastgesicherten Anschluss in jedem Falle für ausreichend (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.12.1997 – Az.: 15 A 5476/97), wenn der Anschluss tatsächlich bereits besteht. Für einen tatsächlich bereits bestehenden Anschluss bedarf es nach dem OVG NRW keiner Sicherung wie für ein Durchleitungsrecht zu Gunsten eines noch nicht angeschlossenen Grundstücks. Zwar müsse auch ein tatsächlich vorhandener Anschluss die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit der Entwässerungsanlage auf Dauer ermöglichen. Das sei jedoch regelmäßig der Fall. Baulasten etwa sicherten – so das OVG NRW – einen solchen Anschluss jedenfalls auf Dauer. Hier komme es auf den genauen Inhalt der verschiedenen Baulasten und deren Reichweite nicht an. Die auf Dauer gesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme sei bei einem mit dem Einverständnis des Eigentümers des Grundstücks, durch das die Anschlussleitung verlegt werde, tatsächlich hergestellten Anschlusses für ein auf Entwässerung angewiesenes Grundstück regelmäßig schon deshalb zu bejahen, weil in diesem Fall ein Notleitungsrecht bestehe ( vgl. dazu, dass auch ein Notleitungsrecht als ausreichende Sicherung des Anschlusses ausreicht: OVG NRW, Beschluss vom 21.12.1998 – Az.: 15 A 2828/96).

Solange ein solcher tatsächlicher Anschluss aber nicht besteht, kann nach dem OVG NRW unter dem Gesichtspunkt der beitragsrechtlich zu fordernden Gesichertheit der Inanspruchnahmemöglichkeit nicht angenommen werden, dass eine alleine auf eine Durchleitung über ein Vorderlieger-Grundstück bezogene Baulast zu Gunsten eines Hinterlieger-Grundstücks bereits bewirkt, dass die Möglichkeit des Anschlusses nur noch vom Willen des Eigentümers dieses Grundstücks abhängt. Das gelte selbst für den Fall, dass man dem Baulastbegünstigten gegen die Bauaufsichtsbehörde einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung bezüglich eines Einschreitens gegen den Baulastverpflichteten zuerkennen wolle. Denn auch dann wäre der Anschluss nicht nur vom Willen des Eigentümers des Hinterlieger-Grundstücks , sondern auch von der Kooperation der Bauaufsichtsbehörde abhängig.

Erst recht – so das OVG NRW in seinem Urteil vom 2.3.2004 – reichen bloß schuldrechtliche Verpflichtungen auf Duldung einer Durchleitung durch ein Vorderlieger-Grundstück nicht aus. Denn diese schuldrechtlichen Verpflichtungen bestehen nach dem OVG NRW lediglich gegenüber den jeweilig schuldrechtlich Gebundenen, hätten also bei einem Eigentümerwechsel hinsichtlich des Vorderlieger-Grundstücks keinen Bestand. Eine gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit liegt aber – so das OVG NRW – nur dann vor, wenn sie dauerhaft ist und sich nicht nur auf einen Zeitrahmen mit der Gefahr der jederzeitigen Beendigung beschränkt.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin: In Anbetracht dieser Rechtsprechung des OVG NRW sollte stets darauf geachtet werden, dass bei Hinterlieger-Grundstücken das Durchleitungsrecht durch eine Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) abgesichert ist, die im Grundbuch einzutragen ist. Denn in diesem Fall bewirkt ein Eigentümerwechsel bei dem Vorderlieger-Grundstück, dass auch der neue Grundstückseigentümer des Vorderlieger-Grundstücks über die grundbuchrechtlich gesicherte und im Grundbuch eingetragene Grunddienstbarkeit das Durchleitungsrecht in vollem Umfang akzeptieren muss (vgl. hierzu auch: Dietzel in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblatt-Kommentar, § 8 Rz. 542 a)..

Az.: II/2 24-22 qu/qu

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