Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 627/2006 vom 15.08.2006

OVG Lüneburg zur energetischen Verwertung von Einwegwindeln

Das OVG Lüneburg hat mit Beschluss vom 18.1.2006 (7 ME 136/05) das Urteil des VG Lüneburg vom 30.6.2005 (6 B 27/05) bestätigt, wonach benutzte Einwegwindeln im Müllheizkraftwerk Bremen einer energetischen Verwertung zugeführt werden können und damit nicht als Abfall zur Beseitigung einzustufen sind. Das OVG Lüneburg stellt in seinem Beschluss vom 18.1.2006 heraus, dass im Müllheizkraftwerk Bremen die eingesetzte Brennstoffenergie zu 99 % aus Abfällen und nur zu 1 % durch den Einsatz von Heizöl gewonnen wird, welches für die Stützfeuerung eingesetzt wird. Von den in das Fernwärmenetz eingespeisten Wärmemengen resultierten 96 % aus der Verbrennung von Abfällen im Müllheizwerk und lediglich 4 % aus der Verbrennung von Heizöl im sog. Spitzenheizwerk. Unbeachtlich sei, dass das Heizöl nicht auf dem Rost des Müllheizwerks, sondern in der Spitzenkesselanlage verbrannt werde. Diese diene dazu, die Wärmelieferungsverpflichtung auch dann zu erfüllen, wenn das Müllheizwerk – etwa bei einem Ausfall – nicht ausreichend Wärme erzeuge. Angesichts der bestehenden Abnahmeverträge führe eine Verminderung der Leistung des Müllheizwerkes zu einer Erhöhung der einzusetzenden Heizölmenge. Im Hinblick auf den Hauptzweck des Ersatzes von Rohstoffen durch Abfälle seien das Müllheizwerk und das Spitzenheizwerk zusammen zu betrachten. Die Hürden an den Hauptzweck einer (Entsorgungs-)Maßnahme würden zu hoch angesetzt, wenn die Austauschbarkeit von Abfall und Rohstoffen nicht bloß in der Gesamtanlage, sondern zusätzlich auch in Bezug auf den jeweiligen Anlagenteil, hier den jeweiligen Ofen, gegeben sein müsse. Maßgeblich sei aus der Sicht des Europäischen Abfallrechts lediglich, ob die Abfälle sinnvoll verwendet würden, indem sie unmittelbar andere Energieträger ersetzen würden. Dieses sei schon dann der Fall, wenn bei einem Ausbleiben von Abfällen unmittelbar auf andere Energieträger zurückgegriffen werden müsse, damit der Betrieb aufrechterhalten werden könne.

Der energetischen Verwertung der benutzten Einwegwindeln in dem Müllheizkraftwerk Bremen stehe auch nicht § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG entgegen, weil die benutzten Einwegwindeln als Abfall einen Heizwert von mindestens 11.000 kJ/kg nicht erreichen würden. Denn § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG könne keine Anwendung mehr finden, weil der Europäische Gerichtshof in seinen Urteilen vom 13.2.2003 (C-228/00 – belgische Zementöfen – NVwZ 2003, S. 455 und Az.: C 458/00 – NVwZ 2003, S. 457 - ) es für das Vorliegen einer energetischen Verwertung als ausreichend angesehen habe, wenn Abfälle als Ersatzbrennstoff und damit zur Schonung von natürlichen Rohstoffreserven eingesetzt würden. Ein Heizwert sei insoweit nicht gefordert, so dass infolge dieser europarechtlichen Vorgaben das Heizwertkriterium des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG bei der Unterscheidung von Verwertung und Beseitigung i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG außer Acht gelassen werden müsse.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, dass ein gleich gelagertes Verfahren auch vom OVG NRW noch zu entscheiden ist. Denn das VG Minden hat mit Urteil vom 14.7.2004 (Az.: 3 K 2815/03) ebenfalls entschieden, dass eine energetische Verwertung von benutzten Einwegwindeln im Müllheizkraftwerk Bremen möglich ist. Es bleibt daher abzuwarten, ob das OVG NRW sich der Rechtsprechungslinie des OVG Lüneburg (Beschluss vom 18.1.2006 (Az.: 7 ME 136/05 - ) anschließen wird. Unabhängig davon bleibt darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht die Frage der energetischen Verwertung in Müllverbrennungsanlagen noch nicht zu beurteilen hatte und das OVG des Saarlandes (Urteil vom 22.8.2003 – Az.: 3 R 1/03(3Q 71/01)) bislang unter Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 13.02.2003 – Az.: C 458/00 – NVwZ 2003, S. 457) sehr strikt den Rechtstandspunkt vertreten hatte, dass eine energetische Verwertung von Abfällen in Müllverbrennungsanlagen grundsätzlich nicht zulässig sei, weil diese Anlagen in erster Linie der Abfallbeseitigung dienen würden.
Vor diesem Hintergrund kann momentan in der obergerichtlichen Rechtsprechung eine klare und eindeutige Spruchpraxis noch nicht erkannt werden.

Az.: II/2 31-02 qu/hu

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