Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 145/2001 vom 20.02.2001

OVG Lüneburg zu Mehrkosten durch Privatisierungen

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG Lüneburg) hat in seinem Urteil vom 11. Mai 2000 (Az.: 9 L 5646/98) festgestellt, dass ein Landkreis die durch eine Privatisierung der Abfallbeseitigung entstehenden Mehrkosten jedenfalls dann nicht auf seine Bürger umlegen kann, wenn sich keine sachlichen Gründe dafür finden lassen, die Privatisierung trotz der Mehrkosten durchzuführen. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der beklagte Kreis entschloss sich, sein Abfallbeseitigungssystem zu privatisieren und das bisherige Abfallsammelsystem durch eine damals neue Technologie, das Multi-Service-Transport-System (MSTS) zu ersetzen. Der Kreis forderte acht Unternehmen zur Abgabe eines Angebots für eine Abfallbeseitigung mit dem System MSTS auf, von denen aber nur drei ein Angebot abgaben. Der Kreis verhandelte daraufhin mit nur einem der privaten Unternehmen weiter. Ein vom Kreis eingeholtes Gutachten prognostizierte infolge der beabsichtigten Privatisierung Mehrkosten in mehrfacher Millionenhöhe. Diese waren nach Auffassung der Gutachter auf das aufwendigere MSTS-System und die privatwirtschaftliche Kalkulation des Unternehmens zurückzuführen. Gleichwohl beauftragte der Kreis das private Unternehmen und führte das MSTS-System ein. Der Kläger wandte sich vor diesem Hintergrund gegen die ihm auferlegte Abfallbeseitigungsgebühr. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, der Gebührenbescheid sei rechtswidrig, weil die Beauftragung des Privaten ohne Ausschreibung erfolgt sei und die bezahlten Entgelte daher als überhöht anzusehen seien.

Das OVG Lüneburg führt in seinem Urteil vom 11. Mai 2000 aus, der Gebührenbescheid sei rechtswidrig, weil der Kreis die durch die Privatisierung der Abfallbeseitigung und die Einführung von MSTS entstandenen Mehrkosten nicht mit in die Gebührenkalkulation hätte einbeziehen dürfen. Dies folge aus dem gebührenrechtlichen Grundsatz der Erforderlichkeit, wonach eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung besonders dort geboten sei, wo das kommunale Handeln Gebührenpflichten auslöse. Zwar - so das OVG Lüneburg - könne sich die abfallbeseitigungspflichtige Körperschaft trotz etwaiger Mehrkosten für eine Privatisierung oder ein teureres System entscheiden. Jedoch könnten die entstehenden Mehrkosten nur dann auf den Bürger umgelegt werden, wenn für die getroffene Entscheidung sachliche Gründe bestanden hätten. Bei der Beurteilung, ob solche Gründe vorlägen, stehe der abfallbeseitigungspflichtigen Körperschaft ein Beurteilungsspielraum zu. Diese Beurteilungsspielraum werde aber dann überschritten, wenn sich keine triftigen Gründe mehr dafür finden ließen, trotz der Mehrkosten die Privatisierung durchzuführen oder das teurere System zu wählen. Je höher im Einzelfall die Mehrkosten seien, desto gewichtiger und überzeugender müssten die - vom Entsorgungsträger darzulegenden - Gründe für die Privatisierung oder die Wahl des teureren Systems sein. Diese trifftigen Gründe waren nach dem OVG Lüneburg im konkret entschiedenen Fall nicht gegeben, weil der Kreis nicht belegt habe, dass die verursachten Mehrkosten in mehrfacher Millionenhöhe sachlich gerechtfertigt gewesen seien. Zum einen habe der Kreis nur auf ein eingeholtes Sachverständigengutachten und auf Vergleichswerte aus anderen Landkreisen verwiesen. Zum anderen habe die Festlegung auf das MSTS-System dazu geführt, dass der Wettbewerb zumindest teilweise ausgeschaltet worden sei. Die Tatsache, dass nur drei von acht Unternehmen ein Angebot abgegeben hatten, hätte Anlass für den Kreis sein müssen, sein Konzept zu überdenken. Zwar könne der Kreis frei darüber entscheiden, mit welchen Mitteln er seiner Abfallbeseitigungspflicht nachkomme. Davon sei aber die hier streitentscheidende gebührenrechtliche Frage zu trennen, ob die hieraus resultierenden Mehrkosten auf den Bürger umgelegt werden könnten, was hier aus den dargestellten Gründen zu verneinen sei.

Az.: II/2 33-10

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