Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 721/2022 vom 23.12.2022

OLG Hamm zur Haftung für Einlaufgitter

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm) hat mit Urteil vom 02.09.2022 (Az. 11 U 185/21 – abrufbar unter www.justiz.nrw.de) entschieden, dass eine Gemeinde für einen eingetretenen Überschwemmungsschaden auf einem Anliegergrundstück haftet, wenn der Schaden dadurch verursacht worden ist, dass Niederschlagswasser aus einem Seitengraben nicht in einen öffentlichen Kanal wegen eines untauglichen Einlaufgitters eingeleitet werden konnte. Die Abwasserbeseitigungspflicht ist – so das OLG Hamm – eine hoheitliche Aufgabe, die durch eine öffentliche Abwasserentsorgungseinrichtung erfüllt wird. Für Fehler bei der Planung, der Herstellung und dem Betrieb von abwassertechnischen Anlagen haftet die Gemeinde daher nach Amtshaftungsgrundsätzen (so: BGH, Urteil vom 11.12.1997 – Az. III ZR 52/97).

Auch unter dem Gesichtspunkt des Hochwasserschutzes und der Verkehrssicherung ist die Gemeinde laut dem OLG Hamm verpflichtet, Wohngrundstücke im Rahmen des Zumutbaren vor den Gefahren zu schützen, die durch Überschwemmungen auftreten können, wenn etwa ein Graben oder ein Rohrdurchlass unter einem Feldweg anfallendes Wasser nicht mehr fasst und es deshalb zur Überschwemmung anliegender bebauter Grundstücke kommt (so: BGH, Urteil vom 18.02.1999 – Az. III ZR 272/96; BGH, Urteil vom 11.10.1990 – Az. III ZR 134/88).

Das OLG Hamm weist ausdrücklich darauf hin, dass die Gemeinde grundsätzlich nur ein ausreichend dimensioniertes Abwassersystem zu errichten und zu unterhalten hat, um den Schutz der Anlieger vor Hochwasserschäden in ausreichendem Maße zu gewährleisten. Allerdings sei eine Gemeinde nicht verpflichtet, eine Regenwasserkanalisation einzurichten und zu unterhalten, die alle denkbaren Niederschlagswassermengen bewältigen könne. Denn bereits aus wirtschaftlichen Gründen sind die Gemeinden – so das OLG Hamm - gezwungen, das Fassungsvolumen einer Regenwasserkanalisation nicht so groß zu bemessen, dass es auch für ganz selten auftretende, außergewöhnliche heftige Regenfälle ausreicht (so: BGH, Urtei vom 30.09.1982 -III ZR 110/81). Insbesondere eine Dimensionierung im Hinblick auf katastrophenartige Unwetter, wie sie erfahrungsgemäß nur in sehr großen Zeitabständen vorkommen würden, sei nicht erforderlich.

Dennoch hat das OLG Hamm in dem entschiedenen Fall einen Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB, Art. 34 GG) bejaht, weil der mögliche Einbau eines fachgerechten Einlaufgitters unterblieben war und dieses wiederum ursächlich dafür gewesen ist, dass es auf dem Grundstück des Klägers zu einem Überschwemmungsschaden gekommen ist. Ein Ausschluss der Haftung wegen eines ganz außergewöhnlichen Starkregens (Stichwort: höhere Gewalt) kam – so das OLG Hamm – ebenfalls nicht in Betracht. Hierzu müsse die Gemeinde darlegen und ggf. beweisen, dass sie alle technisch möglichen und mit wirtschaftlich zumutbarem Aufwand realisierbaren Sicherungsmaßnahmen ergriffen habe, um zu verhindern, dass in Folge des Überstaus des Seitengrabens Nachbargrundstücke überschwemmt werden oder dass sich der Schaden auch bei derartigen Maßnahmen ereignet hätte (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.2006 – Az. III ZR 121/05; OLG Hamm, Urteil vom 29.09.2021 – Az. 11 U 54/16). Die beklagte Gemeinde habe aber schon nicht vorgetragen, dass und aus welchem Grund es ihr nicht zumutbar gewesen sein solle, im Einlaufbereich der Rohrleitung ein Überlaufgitter einzubauen, welches den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen hätte, weshalb wegen des unzureichenden Einlaufgitters der Haftungstatbestand der Amtshaftung erfüllt sei.

Az.: 24.1.1 qu

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