Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 86/2014 vom 24.01.2014

OLG Düsseldorf zur Vergabe auf das wirtschaftlichste Angebot

Soll der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot ergehen und legt der Auftraggeber als Unterkriterien zu 95 % den Preis und zu 5 % die Terminplanung fest, ist der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz des § 97 Abs. 5 GWB und die Selbstbindung des Auftraggebers an das in der Bekanntmachung angegebene Zuschlagskriterium verletzt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2013 - Verg 20/13). Sollte sich diese Rechtsprechung durchsetzen, hat dies auch bei der Vorgabe von Zuschlagskriterien von Kommunen gravierende Folgen.

Problem / Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) schreibt den dreigleisigen Ausbau eines Teilstücks der Bahnstrecke Freilassing-Salzburg im offenen Verfahren nach der SektVO aus. Gemäß der Angebotsaufforderung soll der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot ergehen. Als Kriterien dafür sind angegeben der Preis (Angebotsendsumme) mit einer Gewichtung von 95 % und die Terminplanung mit einer Gewichtung von 5 %. Nebenangebote sind zugelassen. Am Verfahren beteiligt sich Bieter B. Nachdem ihm durch Vorabinformation mitgeteilt wird, dass er den Zuschlag nicht erhalten solle, stellt er einen Nachprüfungsantrag. Diesen Antrag begründet er (unter anderem) damit, dass die Gewichtung der Zuschlagskriterien vergaberechtswidrig sei. Wenn sich der AG dazu entschlossen habe, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste (und nicht auf das preisgünstigste) Angebot zu erteilen, dürfe er nicht den Preis mit 95 % in die Wertung einfließen lassen.

Entscheidung

Der AG hat das neben dem Preis festgelegte Unterkriterium Terminplanung für die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots auf ein unbedeutendes Maß (nämlich 5 %) herabgestuft. Damit richtet sich die Vergabeentscheidung faktisch allein nach dem Angebotspreis. Denn durch die Terminplanung ist die Preiswertung praktisch nicht mehr umzukehren. Das Kriterium der Terminplanung hat nunmehr eine Alibifunktion. Das verstößt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 97 Abs. 5 GWB, wonach der Preis bei einer Ausschreibung auf das wirtschaftlichste Angebot keine unwesentliche (unter 30 %), aber auch keine (faktisch) absolute Bedeutung haben darf. Im Ergebnis hält sich der AG damit nicht mehr an die ausgeschriebenen Wertungskriterien, weil er praktisch nur den Preis, und nicht das wirtschaftlichste Angebot gewertet hat.

Praxishinweis

Das OLG Düsseldorf hatte im Jahr 2010 entschieden, dass Nebenangebote bei Niedrigstpreisvergaben unzulässig seien. Die Vergabepraxis hat darauf reagiert und legt seitdem, wenn Nebenangebote zugelassen werden sollen, neben dem Preis häufig „Alibikriterien" fest, die nicht entscheidungserheblich sind. Dieser Ausweichstrategie will das OLG Düsseldorf anscheinend einen Riegel vorschieben. Danach muss der Auftraggeber neben dem Preis weitere entscheidungserhebliche Kriterien in nicht unmaßgeblichem Umfang festlegen. Der Preis darf dann zumindest  nicht absolut vorrangig mit prozentual 95 Prozentpunkten gewertet werden.

Die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf ist aus Sicht des StGB NRW problematisch, da sie die Entscheidungsfreiheit des Auftraggebers zur eigenverantwortlichen Gestaltung der Zuschlagskriterien durch den Auftraggeber beschneidet. Auch wird nicht klar, wie stark im Einzelnen die Gewichtung der jeweiligen Zuschlagskriterien sein darf. Umgekehrt besteht häufig ein sachliches Bedürfnis des Auftraggebers, neben dem Preis auch andere Kriterien, wie die Umwelteigenschaft oder die Lieferungs- und Ausführungsfrist, also die Terminsicherheit, wenn auch mit geringen Prozentpunkten in seine Wertung einzubringen. Es bleibt daher abzuwarten, ob sich die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf durchsetzt. (Quelle: ibr-online, IBR 2014, 102)

Az.: II/1 608-00

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