Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 101/2014 vom 03.12.2013

OLG Düsseldorf zu so genannten geheimen Kriterien im Vergaberecht

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 19.06.2013 folgendes entschieden: 

  1. Die Verpflichtung zur Festlegung von Unterkriterien im Vergaberecht hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Unterkriterien sind jedenfalls dann erforderlich, wenn die Bieter ansonsten nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten der Wertung informiert werden.
  2. Sofern der Auftraggeber Zuschlagskriterien, Unterkriterien, Gewichtungsregeln oder Bewertungsmatrizen festlegt, sind diese den Bietern vollständig mitzuteilen.

Der Auftraggeber (AG) hat im Jahr 2012 zunächst im Offenen Verfahren die Lieferung von 16 Löschfahrzeugen, unterteilt in zwei Lose, ausgeschrieben. Das Los 2 betraf den „Aufbau Löschfahrzeug". Nachdem zunächst lediglich der niedrigste Preis als Zuschlagskriterium festgelegt worden war, änderte der AG dies im Laufe des Verfahrens für das Los 2 dahingehend, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erfolgen sollte, wobei der Preis mit 60 % und die Qualität mit 40 % in die Wertung eingehen sollten; das Qualitätskriterium war wiederum untergliedert in die (Unter-)Unterkriterien Technische Unterlagen 5 %, Fahrer- und Mannschaftsraum 40 %, Aufbau 25 %, Löschtechnik 20 % und Wartung 10 %.

Nach einer längeren Verfahrensodyssee gab schließlich auch der Bieter ein Angebot ab, welches vom AG unter anderem mit dem Hinweis ausgeschlossen wurde, dass es in einer Vielzahl von Punkten nicht den technischen Anforderungen der Leistungsbeschreibung entspreche. Der Bieter sah dies anders und bemängelte im Übrigen das Bewertungssystem des AG sowie die fehlende bzw. verspätete Mitteilung der Bewertungsmaßstäbe für die Unterkriterien.

Das OLG bestätigt erneut, dass der öffentliche Auftraggeber den Bietern bereits mit Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen, spätestens jedoch rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist, die maßgeblichen Zuschlagskriterien sowie deren Gewichtung bekannt geben müsse. Überdies betont der Senat, dass aus Gründen der Transparenz des Verfahrens und der Chancengleichheit der Bieter „alle Zuschlagskriterien" zu benennen seien, das heißt auch Unterkriterien, Gewichtungsregeln oder Bewertungsmatrizen, sofern diese vom AG aufgestellt worden seien. Insbesondere beim Kriterium Qualität sei es erforderlich, dass der Bieter erkennen könne, auf welche Qualitätsmaßstäbe es dem AG ankomme.

Das OLG sieht es in diesem Fall als nicht ausreichend an, dass den Bietern schlicht die Unter-Unterkriterien nebst Gewichtung mitgeteilt worden seien. Exemplarisch wird am Unter-Unterkriterium „Wartung" dargestellt, dass dieses keineswegs selbsterklärend sei, sondern vom AG dargelegt werden müsse, wenn es ihm insoweit z. B. auf Wartungsfreundlichkeit ankomme. Soweit eine Bemusterung im Rahmen der Angebotswertung berücksichtigt werden solle, müsse auch offengelegt werden, für welche Unterkriterien die Bemusterung eine Rolle spiele. Wenn der AG ein differenziertes Bewertungsschema entwickelt habe, müsse er dieses den Bietern auch so rechtzeitig bekannt geben, dass diese sich bei der Angebotsvorbereitung hierauf einrichten könnten. 

Die Entscheidung ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Auftraggeber sich keinen Gefallen damit tun, aus ihren Wertungsmodalitäten ein streng behütetes Geheimnis zu machen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Angebote in der Regel die Bedürfnisse des Auftraggebers viel eher treffen, wenn der Bieter erkennt, worauf es dem Auftraggeber im Rahmen der Wertung ankommt. Dies bedingt die Bekanntgabe sämtlicher für die Zuschlagswertung maßgeblichen Umstände. Das OLG hat bestätigt, dass das, was tatsächlich und wirtschaftlich sinnvoll ist, auch rechtlich zwingend geboten ist.

Az.: II/1 608-00

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