Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 66/2012 vom 18.01.2012

OLG Celle zur Nachforderung fehlender Erklärungen bei der Vergabe

Das Oberlandesgericht Celle hat mit Beschluss vom 16.06.2011 (13 Verg 3/11) zu einer Nachforderungsregel des Auftraggebers für fehlende Erklärungen wie folgt entschieden:

  1. Sehen Bewerbungsbedingungen vor, dass Unterlagen, die von der Vergabestelle nach Angebotsabgabe verlangt werden, zu einem von ihr bestimmten Zeitpunkt einzureichen sind und dass das Angebot andernfalls ausgeschlossen wird, sind sie mit § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A unvereinbar.
  2. § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ist auf Eignungserklärungen und -nachweise im Rahmen der formalen Eignungsprüfung analog anzuwenden.

Sachverhalt

Die Vergabestelle (VSt) schrieb europaweit im Offenen Verfahren die stationäre Verkehrslenkung für den Ausbau einer Bundesautobahn aus. Ziffer 3.3 der EU-Bewerbungsbedingungen sah vor, dass Unterlagen, die von der VSt nach Angebotsabgabe verlangt werden, zum von der VSt bestimmten Zeitpunkt einzureichen sind und das Angebot ausgeschlossen wird, wenn die Unterlagen nicht vollständig fristgerecht vorgelegt werden. Nach Angebotsöffnung forderte die VSt eine Bieterin dazu auf, innerhalb einer Frist aktuelle Einzelnachweise vorzulegen. Andernfalls werde ihr Angebot ausgeschlossen. Die Bieterin reichte nur einen Teil der Einzelnachweise fristgerecht ein, woraufhin die VSt ihr Angebot ausschloss. Die Bieterin rügte erfolglos, dass ihr keine Nachreichung ermöglicht worden sei. Ihr Nachprüfungsantrag blieb ebenfalls erfolglos. Die Beanstandung der unterbliebenen Nachforderung verfolgt die Bieterin mit der sofortigen Beschwerde weiter.

Entscheidung

Ohne Erfolg. Der Senat wendet zwar zunächst - der Kommentarliteratur folgend - § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A analog auf Eignungserklärungen und -nachweise an. Er lässt die sofortige Beschwerde nicht an diesem Punkt scheitern. Der Senat bestätigt aber die Auffassung der Vergabekammer, dass die Bieterin die Unvereinbarkeit der Ziff. 3.3 der Bewerbungsbedingungen zur Nachreichung fehlender Unterlagen hätte erkennen können. Wörtlich führt der Senat aus: "Die Antragstellerin hätte durch Lektüre des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ohne Weiteres feststellen können, dass der von der Antragsgegnerin in den Vergabeunterlagen vorgesehene "sofortige" Ausschluss vergaberechtswidrig war." Dadurch musste er zu dem Ergebnis kommen, dass die Bieterin den Punkt gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB bis zum Ablauf der Angebotsfrist hätte rügen müssen. Da dies unterblieben war, war ihr Nachprüfungsantrag unzulässig bzw. mangels rechtzeitiger Rüge des Vergabefehlers präkludiert.

Praxishinweis

Das OLG Celle bejaht deutlich - wenn auch in einer Rügekonstellation verpackt - die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A auf Erklärungen und Nachweise, die eine Vergabestelle erstmals nach Angebotsöffnung von den Bietern verlangt und die diese nicht vorlegen. Damit existiert eine erste obergerichtliche Rechtsprechung zur umstrittenen Frage, ob die Vergabestellen eigene Nachforderungsregelungen für Unterlagen, die nach Angebotsöffnung fehlen, aufstellen dürfen (so VK Sachsen, Beschluss vom 20.09.2011 - 1/SVK/0035-11) oder ob die Nachforderungspflicht des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A über die Angebotseröffnung hinaus fort gilt. (Quelle: ibr-online vom 04.01.2011)

Az.: II/1 608-00

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