Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 496/2011 vom 06.10.2011

OLG-Anfrage an EuGH zu interkommunaler Kooperation und Vergaberecht

Der Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat mit Beschluss vom 06.07.2011 (Verg 39/11) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) folgende Frage zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist unter einem „öffentlichen Auftrag“ im Sinne des (…) europäischen Vergaberechts auch ein Vertrag zwischen zwei Gebietskörperschaften zu verstehen, durch den eine von ihnen der anderen eine eng begrenzte Zuständigkeit gegen Kostenerstattung überträgt, insbesondere dann, wenn die übertragene Aufgabe nicht die hoheitliche Tätigkeit als solche, sondern nur Hilfsgeschäfte betrifft?

Im zugrunde liegenden Sachverhalt beschloss ein Landkreis, der bisher mit der Antragstellerin Verträge über die Reinigung seiner Gebäude geschlossen hatte, nach Prüfung von Alternativen, die Reinigung zunächst für eine Pilotphase von zwei Jahren mit Wirkung zum 01.04.2011 im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung auf der Grundlage des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit des Landes Nordrhein-Westfalen auf die Stadt D. zu übertragen.

Die Verfahrensbeteiligten stritten sich darum, ob es sich bei der geplanten Vereinbarung um einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 GWB oder um eine Fallkonstellation der interkommunalen Zusammenarbeit handelt, die dem Vergaberecht entzogen ist. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich um eine so genannte delegierende Vereinbarung, durch die die Zuständigkeit für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe von einem Hoheitsträger auf einen anderen Hoheitsträger übertragen werde. Eine derartige Vereinbarung unterliege nicht dem Vergaberecht.

Das OLG Düsseldorf möchte nun mit der oben genannten Vorlagefrage wissen, ob es sich im Hinblick auf den Charakter der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung „Gebäudereinigung“ um einen „Öffentlichen Auftrag“ im Sinne des Art. 1 Abs. 2a der Richtlinie 2004/18/EG handelt oder nicht. Sollte es sich um einen öffentlichen Auftrag handeln, wäre der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zulässig und begründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten verweisen wir auf den Beschluss des OLG Düsseldorf, der im Internet unter www.dstgb-vis.de abrufbar ist.

Anmerkung:

Die Entscheidung des EuGH wird aus kommunaler Sicht mit Spannung zu erwarten sein. Auf der Grundlage seiner „Inhouse-Rechtsprechung“ hat der EuGH bereits in der Vergangenheit bestimmte Verträge nicht als öffentliche Aufträge im Sinne der Vergaberichtlinien angesehen, vgl. etwa die so genannte „Stadtreinigung Hamburg“-Entscheidung. In diesem Fall (Beschluss vom 09.06.2009 — C-480/06) hat der EuGH explizit eine Ausschreibungspflicht auch für die Fälle verneint, in denen sich Kommunen nicht zu einer gemeinsamen Einrichtung (Zweckverband, gemeinsame Gesellschaft etc.) zusammenfinden, sondern eine Kooperation auf gleichberechtigter Ebene rein vertraglich regeln.

Bei dieser Art der Kooperation passt das für Inhouse-Vergaben entwickelte Kriterium für eine Vergaberechtsfreiheit, nämlich die „Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle, ersichtlich nicht. Im Fall „Stadtreinigung Hamburg“ ging es allerdings um die gemeinsame Abfallentsorgung, also um eine Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften bei der Wahrnehmung einer ihnen allen obliegenden öffentlichen Aufgabe. In der zugrunde liegenden Vertragskonstellation waren darüber hinaus gegenseitige Verpflichtungen der Vertragspartner (Kommunen) vereinbart, die unter anderem auch Regelungen für Notfälle und damit insgesamt eine „gemeinsame Aufgabenwahrnehmung“ umschrieben.

Nunmehr gilt es zu klären, ob auch „klassische“ Einzelbeauftragungen, wie etwa Reinigungsdienstleistungen, als vergabefreies Inhouse-Geschäft betrachtet werden können. Die Geschäftsstelle wird über den weiteren Verfahrensfortgang berichten. (Quelle: DStGB)

Az.: II/1 608-00

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