Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 556/2006 vom 18.07.2006

Oberverwaltungsgericht Thüringen zur Abwasser-Grundgebühr

Das OVG des Landes Thüringen hat mit Beschluss vom 26.09.2005 (- 4 EO 817/03 -, KStZ 2006, S. 131 ff.) entschieden, dass als Gebührenmaßstab (Kostenverteilungsschlüssel) für die Schmutzwasser-Grundgebühr auch die Nennweite des Anschlusskanals in Betracht kommt. Nach dem OVG Thüringen ist es dem Satzungsermessen der Gemeinde überlassen, für welchen von mehreren grundsätzlich geeigneten Gebühren-Maßstäben sie sich auch unter Berücksichtigung von Praktikabilitätsaspekten entscheidet. Im Bereich der Abwasserbeseitigung sei es schwieriger als im Bereich der Wasserversorgung, einen tauglichen Anhaltspunkt für die wahrscheinliche Inanspruchnahme der Arbeits- und Vorhalteleistung der öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung zu finden (vgl. Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Lose-Blatt-Kommentar, § 6 Rdnr. 226). Die in der Rechtsprechung bisher als geeignet anerkannten Grundgebührenmaßstäbe für eine Abwasserentsorgungseinrichtung (z.B. nach der Nenngröße der verwendeten Wasserzähler oder der Anzahl der Wohneinheiten) geben ebenfalls – so das OVG Thüringen - nur ungefähre Anhaltspunkte für den wahrscheinlichen Umfang der in Anspruch genommenen Vorhalteleistung für die Abwasserbeseitigung wieder (vgl. Schulte/Wiesemann, a.a.O., § 6, Rdnr. 367). So lasse etwa der Maßstab nach der Nenngröße der Wasserzähler gewisse Rückschlüsse auf den wahrscheinlichen Umfang der Schmutzwasserbeseitigung zu (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.10.2001 – 9 BN 4.01 – NVwZ RR 2003, S. 300), biete aber keine Anhaltspunkte für die bei einer einheitlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung ebenfalls vorgehaltene Leistung der Niederschlagswasserbeseitigung.

Jedenfalls ist die Erhebung einer Grundgebühr bei der Abwassergebühr nach der Nennweite des Anschlusskanals nach dem OVG Thüringen rechtlich zulässig. Gleichwohl bedarf es bei der Nennweite, also dem Innendurchmesser des Abwasserkanals als Anknüpfungspunkt für die Staffelung der Abwasser-Grundgebühr noch einer Umrechnung in die jeweils möglichen Durchflussmengen, die erst einen Rückschluss auf die entsprechende Vorhalteleistung des Einrichtungsträgers rechtfertigen. Insoweit hatte die beklagte Gemeinde nach dem OVG Thüringen zutreffend vorgetragen, dass ein Anschlusskanal der Größe DN 300 (entsprechend einem Rohr-Innendurchmesser von 300 mm oder 30 cm) zwar nur den doppelten Durchmesser eines Anschlusskanals der Größe DN 150 (entsprechend einem Rohr-Innendurchmesser von 150 mm oder 15 cm) aufweist, jedoch das vierfache Volumen fasst, also die vierfache Abwassermenge ermöglicht. Ein Anschlusskanal der Größe DN 200 (entsprechend einem Rohr-Innendurchmesser von 200 mm oder 20 cm) weise den 1,33-fachen Durchmesser eines Anschlusskanals der Größe DN 150 auf, fasse jedoch die 1,78-fache Durchflussmenge. Diese arbeitsleistungsbezogene, an der höchst möglichen Abwassermenge orientierte Gewichtung bei der Staffelung der Grundgebührensätze steht deshalb nach dem OVG Thüringen nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zur wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Entwässerungseinrichtung und ist auch nicht willkürlich.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf folgendes hin:

Rechtsprechung des OVG NRW liegt zur Erhebung einer Grundgebühr im Bereich der Abwasser-Schmutzwassergebühr noch nicht vor. Es ist deshalb fraglich, ob das OVG NRW einen solchen differenzierten Grundgebührenmaßstab (Nennweite des Anschlusskanals) einfordern wird. Grundsätzlich ist es auch denkbar, eine Grundgebühr im Rahmen der Schmutzwassergebühr pro Grundstück oder pro Anschlusskanal zu erheben. Ein solcher schlichter Gebührenmaßstab (pro Grundstück bzw. pro Grundstücksanschluss) könnte jedenfalls dann noch als gerechtfertigt angesehen werden, wenn nicht mehr als 30 % von 100 % Fixkosten in die Kalkulation der Grundgebühr eingestellt werden. Das OVG Lüneburg hat jedenfalls mit Urteil vom 24.06.1998 (11 K 1147/00) zum Bereich der Abfallentsorgung entschieden, dass keine weitere Differenzierung innerhalb der Grundgebühr unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) bzw. des Grundsatzes der Abgabengerechtigkeit erforderlich sei, wenn nur 30 % der gesamten Fixkosten in die Grundgebühr eingestellt werden, weil dieses ein Fixkosten-Anteil sei, den jeder gebührenpflichtige Benutzer im Rahmen der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung verursache. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in Nordrhein-Westfalen Grundgebühren im Rahmen der Schmutzwasser-Abwassergebühr bislang nur in denjenigen Städten und Gemeinden erhoben werden, in denen ein erheblicher Anteil von Zweitwohnsitzen oder aber ein erheblicher Rückgang der Frischwasserverbräuche festzustellen ist. Die überwiegende Mehrzahl der Städte und Gemeinden erhebt bei der Schmutzwassergebühr z.Zt. keine Grundgebühr. Es ist allerdings auch bekannt geworden, dass das VG Aachen bei der Erhebung einer Grundgebühr mit Blick auf die Schmutzwassergebühr eine Differenzierung nach der Nennweite des Anschlusskanals für erforderlich hält. Rechtsprechung der anderen Verwaltungsgerichte in NRW ist z.Zt. nicht bekannt.

Az.: II/2 24-21

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