Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 490/2008 vom 07.07.2008

Oberverwaltungsgericht Schleswig zur Abfallüberlassungspflicht

Das OVG Schleswig hat mit Urteil vom 22.4.2008 (Az.: 4 LB 7/06) entschieden, private Haushalte könnten ihre Abfälle zur Verwertung „jedem beliebigen Dritten überlassen“. Damit hat das OVG Schleswig die Abfallüberlassungspflicht für Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen gegenüber den Städten und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in Frage gestellt. Das Urteil ist nicht rechtkräftig. Es liegt zwischenzeitlich dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist nunmehr erforderlich, weil die vom OVG Schleswig aufgeworfene Fragestellung in der Vergangenheit von anderen Obergerichten anders beurteilt worden ist (so: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.1998 – Az.: 10 S 2614/97 – NVwZ 1998, S. 1200; OVG Lüneburg, Beschluss vom 10.6.2003 – Az.: 9 ME 1/03 – NVwZ-RR 2004, S. 175; OVG NRW, Urteil vom 10.8.1998 – Az.: 22 A 5429/96 – StGRat 1998, S. 304f.).

Gleichwohl kann entgegen dem OVG Schleswig grundsätzlich nur der Nachweis einer Eigenverwertung von Abfällen auf dem an die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung angeschlossenen Grundstück (z.B. im Falle der praktizierten Eigenkompostierung) eine Ausnahme vom Anschluss- und Benutzungszwang herbeiführen (so auch: § 9 Abs. 1 a Satz 2 LAbfG NRW). Denn § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz KrW-/AbfG normiert seinem Wortlaut nach ausdrücklich, dass „sie“, also die privaten Haushaltungen selbst und keine (beauftragten) Dritten, zu einer Verwertung der Abfälle in der Lage sein müssen. Eine Eigenverbringung der Abfälle an andere Orte oder durch Übergabe an Dritte z.B. an private Abfallentsorgungsunternehmen, die unabhängig von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern in eigener Regie tätig werden, ist vor diesem Hintergrund als unzulässig anzusehen (so: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.1998 – Az.: 10 S 2614/97 – NVwZ 1998, S. 1200; OVG Lüneburg, Beschluss vom 10.6.2003 – Az.: 9 ME 1/03 – NVwZ-RR 2004, S. 175; OVG NRW, Urteil vom 10.8.1998 – Az.: 22 A 5429/96 – StGRat 1998, S. 304f.). Anderenfalls würde das in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG verankerte öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip als Ordnungsprinzip zum Schutze der Volksgesundheit ausgehöhlt und der Sinn und Zweck des Anschluss- und Benutzungszwanges an die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung leer laufen, weil jeder Abfallbesitzer seine Abfälle auf beliebige und damit nicht mehr kontrollierbare Weise entsorgen könnte. Eine solche generelle Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsprinzips liegt der Regelungssystematik der §§ 13 - 18 KrW-/AbfG auch erkennbar nicht zugrunde. Vielmehr schreibt § 15 Abs.1 Satz 1 KrW-/AbfG das bestehende öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip ausdrücklich fest, in dem bestimmt wird, dass die abfallentsorgungspflichtigen Städte, Gemeinden und Kreise als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen zu entsorgen haben. Dabei korrespondiert § 15 Abs.1 Satz 1 KrW-/AbfG mit der in § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG verankerten Abfallüberlassungspflicht der privaten Haushaltungen.

a. Gesetzesmaterialien

Diese Regelungs- und abfallrechtliche Ordnungssystematik kann auch aus den Gesetzesmaterialien nachvollziehbar entnommen werden. In der Bundestags-Drucksache 12/5672 wird ausdrücklich ausgeführt, dass „soweit der Besitzer von Rückständen (gemeint sind Abfälle) aus Haushaltungen diese selber verwerten kann und will (z.B. Eigenkompostierung), dieses zugelassen werden soll.“ In diesem Zusammenhang wird auch aus der Bundestags-Drucksache 12/7240 und 12/7284 deutlich, dass Ausnahmen bei Abfällen zur Verwertung aus privaten Haushaltungen nur bei einer Eigenverwertung bestehen sollen bzw. bei einer Abgabe von Abfällen zur Verwertung u.a. an gemeinnützige Sammlungen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG). In diesem Zusammenhang werden dann auch beispielhaft die Altkleiderspenden für die Caritas genannt. Hieraus folgt, dass allein durch § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG diejenigen Fallgestaltungen geregelt werden sollten, in denen Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen unter den dort genannten Voraussetzungen an Dritte abgegeben werden können und in der Folge hierzu auch nur in diesen Fällen die Abfallüberlassungspflicht gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG entfällt.

b. Nachweisverordnung und abfallrechtliche Überwachung

Die vorstehende Regelungs- und Ordnungssystematik wird auch durch die Regelungen zur abfallrechtlichen Überwachung bestätigt. In den §§ 40 ff. KrW-/AbfG wird das abfallrechtliche Überwachungsregime für gefährliche und nicht gefährliche Abfälle (§ 41 KrW-/AbfG). Gefährliche Abfälle sind dabei diejenigen Abfälle, die in der Abfall-Verzeichnis-Verordnung (AVV) mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet sind (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AVV). Abfallbesitzer/-erzeuger haben für gefährliche Abfälle zwingend (§§ 42, 43 KrW-/AbfG) und für nicht gefährliche Abfälle auf Anordnung der Behörde (§§ 42, 44 KrW-/AbfG) ein sog. Entsorgungsregister zu führen, in welchem die ordnungsgemäße Entsorgung der Abfälle dokumentiert wird. Die näheren Einzelheiten regelt die auf der Grundlage des § 45 KrW-/AbfG erlassene Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen (Nachweis-Verordnung – NachwV). Sowohl in § 43 Abs. 4 KrW-/AbfG als auch in § 44 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG wird allerdings ausdrücklich bestimmt, dass private Haushaltungen als Abfallbesitzer/-erzeuger von der Pflicht zur Nachweisführung ausgenommen sind. Auch in § 1 Abs. 3 der Nachweis-Verordnung wird abermals bestätigt, dass die Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen nicht für die privaten Haushaltungen gilt. Dieses Herausnehmen aus der Nachweispflicht korrespondiert mit der Abfallüberlassungspflicht der privaten Haushaltungen in § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Private Haushaltungen haben die bei ihnen anfallenden Abfälle zur Beseitigung und Abfälle zur Verwertung den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassen. Bei Abfällen zur Verwertung prüft der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, ob eine ordnungsgemäße und schadlose Eigenverwertung der Abfälle durch den privaten Haushalt erfolgt, so dass auch unter dem Gesichtspunkt der abfallrechtlichen Überwachung von einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung im Sinne des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG ausgegangen werden kann. Eine Kontrolle der Abfallströme aus privaten Haushaltungen durch die Führung von Entsorgungsnachweisen ist folglich deshalb nicht erforderlich, weil zum einen die Eigenverwertung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger kontrolliert wird. Zum anderen flankieren die Voraussetzungen in § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG mit den dort geregelten Maßgaben die ordnungsgemäße Verwertung von Abfällen aus privaten Haushaltungen, denn es wird mit diesen Voraussetzungen klargestellt, in welchen Fällen, private Haushaltungen die bei ihnen angefallenen Abfälle zur Verwertung ausnahmsweise an Dritte abgeben können.

Letzten Endes wird abzuwarten sein, wie das Bundesverwaltungsgericht die Sach- und Rechtslage beurteilen wird. Jedenfalls wollte der Bundesgesetzgeber ausweislich der Ausführungen in der Bundestags-Drucksache 12/5672 mit § 13 KrW-/AbfG den Anschluss- und Benutzungszwang an kommunale Entsorgungseinrichtungen aufrechterhalten. Nur soweit private Haushaltungen Abfälle selber verwerten können und dieses wollen (z.B. durch Eigenkompostierung), sollte dieses zugelassen werden. Eine beliebige Überlassung von Abfällen zur Verwertung durch private Haushaltungen an Dritte sollte es nicht geben, wie der Wortlaut und der Regelungsgehalt des § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG ausdrücklich erkennen lassen, weil lediglich in diesen Fällen, die Abfallüberlassungspflicht auch unter dem Gesichtspunkt der lückenlosen abfallrechtlichen Überwachung entfallen sollte. Letzteres hat der Bundesgesetzgeber und Bundes-Verordnungsgeber durch die Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes und die Neufassung der Nachweis-Verordnung zum 1.2.2007 (BGBl. I 2006, S. 2619) abermals ausdrücklich dokumentiert.

Az.: II/2 31-02

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