Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 432/2008 vom 19.06.2008

Oberverwaltungsgericht Schleswig zur Abfallüberlassungspflicht

Das OVG Schleswig hat mit Urteil vom 22.04.2008 (Az.: 4 LB 7/06) entschieden, dass private Haushaltungen ihre Abfälle zur Verwertung nach § 13 Abs. 1 S. 1 Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) auch unter Einschaltung Dritter verwerten können. Damit hat das OVG Schleswig die Abfallüberlassungspflicht für Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen insgesamt in Frage gestellt. Die beklagte Stadt Kiel wird nunmehr das Bundesverwaltungsgericht anrufen, welches dann gegebenenfalls auch zu der Frage Stellung nehmen müsste, ob § 13 Abs. 1 S. 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz nur von einer Eigenverwertung von verwertbaren Abfällen durch den privaten Haushalt selbst ausgeht oder ob auch eine Überlassung von Abfällen zur Verwertung durch private Haushalte an Dritte (z.B. gewerbliche Abfallsammler möglich ist.

Die Geschäftsstelle weist darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bereits mit Urteil vom 21.07.1998 (Az.: 10 S 2614/97 – NVwZ 1998, S. 1200 ff.) zutreffend entschieden hat, dass die Abfallüberlassungspflicht der privaten Haushalte auch bei Abfällen zur Verwertung nur dann entfällt, wenn der private Haushalt eine Eigenverwertung von verwertbaren Abfällen durchführt. Dieses ist z.B. bei der Eigenkompostierung von Bioabfällen der Fall. Dieses folgt auch entgegen dem OVG Schleswig aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15.09.1993 (vgl. Bundestags-Drucksache 12/5672). Dort ist ausdrücklich bestimmt, dass „soweit der Besitzer von Rückständen (gemeint sind „Abfälle zur Verwertung“) aus Haushalten diese selber verwerten kann und will (z.B. Eigenkompostierung), dies zugelassen werden soll“. Außerdem wird zugleich klargestellt, dass bei einer nichtbestehenden Eigenentsorgung grundsätzlich wie bisher der Anschluss- und Benutzungszwang im Hinblick auf kommunale Einrichtungen besteht. Auch aus in dem Vorschlag und der Begründung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestages (Bundestags-Drucksache 12/7240; 12/7284) wird ausgeführt, dass § 13 Abs. 1 S. 1 Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz Überlassungspflichten für Rückstände (gemeint sind wiederum „Abfälle zur Verwertung“) aus privaten Haushaltungen anordnet. Ausnahmen würden nur bei einer Eigenverwertung von Sekundär-Rohstoffen bestehen (vgl. hierzu auch Queitsch in: Schink/Queitsch/Scholz, Landesabfallgesetz NRW, Loseblatt-Kommentar, Stand: April 2008, § 9 LabfG NRW Rz. 37ff. und 51ff.).

Insoweit hat der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber in § 9 Abs. 1 a Satz 2 Landesabfallgesetz NRW auch bestimmt, dass der Anschluss- und Benutzungszwang bei privaten Haushaltungen für alle Abfälle vorgeschrieben werden kann, soweit nicht Abfälle zur Verwertung durch den Abfallbesitzer selbst auf dem an die kommunale Abfallentsorgungseinrichtung angeschlossenen Grundstück ordnungsgemäß und schadlos im Sinne des § 5 Abs. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz verwertet werden (Eigenverwertung).

Vor diesem Hintergrund ist die Rechtsauslegung des OVG Schleswig insbesondere unter Hinzunahme der vorstehend genannten Gesetzesbegründungen nicht nachvollziehbar, zumal auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 21.07.1998 bereits klargestellt hat, dass § 13 Abs. 1 S. 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz dahin zu verstehen ist, dass lediglich eine Eigenverwertung von Abfällen die Abfallüberlassungspflicht in § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG entfallen lässt. Würde § 13 Abs. 1 S. 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz dahin ausgelegt, dass auch durch private Haushalte Abfälle zur Verwertung an Dritte überlassen werden könnten, so wären die Ausnahmeregelungen in § 13 Abs. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz überflüssig, in denen die Abfallüberlassungspflicht gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (Städte, Gemeinden und Landkreise) entfällt. Denn Ausnahmen von der Abfallüberlassungspflicht müssten nicht geregelt werden, wenn diese Ausnahmen bereits nicht erforderlich sind, weil von vornherein jeder private Haushalt nach der Sichtweise des OVG Schleswig Abfälle zur Verwertung nicht selbst wie z.B. durch Eigenkompostierung verwerten muss, sondern an beliebige Dritte abgeben kann.

Es wird nunmehr abzuwarten sein, wie das Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsfrage entscheiden wird. Bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes empfiehlt die Geschäftsstelle die seit 10 Jahren anerkannte Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 21.07.1998 - Az.: 10 S 2614/97 – NVwZ 1998, S. 1200 ff.; ebenso: Queitsch in: Schink/Queitsch/Scholz, Landesabfallgesetz NRW, Loseblatt-Kommentar, Stand: April 2008, § 9 LabfG NRW Rz. 53) zu vertreten.

Az.: II/2 31-02

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