Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 312/2005 vom 15.03.2005

Oberverwaltungsgericht Sachsen zu gewerblichen Abfallsammlungen

Das OVG Sachsen hat mit Beschluss vom 6.1.2005 (Az.: 4 BS 116/04) zur Frage der Zulässigkeit von gewerblichen Abfallsammlungen nach § 13 Abs. 3 Nr. 3 KrW-/AbfG entschieden. Dem Gerichtsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein gewerblicher Abfallsammler führte Sammlungen von Papier, Pappe, Karton aus privaten Haushaltungen durch. Dieses wurde ihm durch den Landkreis untersagt. Das VG Chemnitz hatte den Antrag des gewerblichen Sammlers auf Gewährung vorläufigen Rechtschutz abgelehnt. Auch das OVG Sachsen gab seinem Antrag nicht statt.

Nach dem OVG Sachsen hatte der Landkreis gemäß § 21 KrW-/AbfG als untere Abfallwirtschaftsbehörde die Befugnis, die gewerbliche Sammlung zu untersagen. Der Einwand des gewerblichen Sammlers, private Haushaltungen seien generell befugt, ihre Abfälle zur Verwertung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG an Dritte zur Verwertung abzugeben, greift nach dem OVG Sachsen nicht durch, weil vieles dafür spricht, dass im Rahmen des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG private Haushaltungen nur dann ihre Abfälle nicht an die Kommune als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger überlassen müssen, wenn sie diese Abfälle selbst verwerten (so: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.7.1998 NVwZ 1998, S. 1200; NdsOVG; Beschluss vom 10.6.2003, NVwZ-RR 2004, S. 175f.; von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, Stand: Dezember 2004, § 13 KrW-/AbfG Rz. 15; Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. S. 1809; Knopp, DÖV 2004, S. 604ff, S. 606; Schink NVwZ 1997, S. 435ff., S. 437f.; Queitsch, UPR 2005, S. 88ff. und UPR 1995, S. 412ff., S. 415f.; einschränkend: OVG Brandenburg, Beschluss vom 14.10.2004 Az.: 2 B 122/04; a.A. LG Berlin, Urteil vom 16.9.2003, Grundeigentum 2003, S. 1553f.)

Das OVG Sachsen führt weiterhin aus, dass nicht jede gewerbliche Sammlung von Abfällen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG durchgeführt werden kann, sondern nur eine solche, bei welcher die Abfälle einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden und keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. Als gewerbliche Sammlung im Sinne dieser Regelung sei zunächst jede Sammlung anzusehen, die von einem Gewerbetreibenden mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführt werde, ohne dass dieser hierzu von einem Entsorgungspflichtigen beauftragt worden sei. Ob dieses eine gewerbliche Sammlung im Rahmen längerfristige Abnahmeverträge generell ausschließe, hänge ebenso wie die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der überwiegenden öffentlichen Interessen wesentlich davon ab, ob dem KrW-/AbfG eine grundsätzliche Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsmonopols oder aber eine vorrangige Verantwortung der Abfallbesitzer/-erzeuger zugrunde liegen würde. Die Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen ende jedenfalls dort, wo das gesetzliche (öffentlich-rechtliche) Regelungsmodell für die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt wird (so auch: OVG Brandenburg, Beschluss vom 14.10.2004 – Az.: 2 B 122/04 -). Ein überwiegendes öffentliches Interesse, das gewerbliche Sammlungen ausschließe ist nach dem OVG Sachsen dann anzunehmen, wenn die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet wird. Eine endgültige Klärung müsse aber insoweit einem Klageverfahren vorbehalten bleiben und könne in einem Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht erfolgen.

Nach dem OVG Sachsen war die Untersagungsverfügung im Übrigen auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Dass die in Rede stehen Altpapier-Abfälle als Waren anzusehen seien, unterliege nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 9.7.1992 Rs C-2/90) keinem Zweifel. Ebenso wenig werde verkannt, dass die EU-Kommission in dem nach Aufhebung der maßgeblichen kommunalen Satzung nunmehr eingestellten – Beschwerdeverfahren Nr. 2002/4769 vom 3.4.2003 Einschränkungen der gewerblichen Sammlung von Altpapier aus privaten Haushaltungen durch § 13 Abs. 1 KrW-/AbfG gegenüber der Bundesrepublik Deutschland beanstandet habe. Gleichwohl führe diese nicht zu einem Erfolg für den gewerblichen Sammler, weil er nicht ansatzweise vorgetragen habe, dass er eine grenzüberschreitende Vermarktung des Altpapiers durchführe oder beabsichtige. Insoweit fehle bereits die erforderliche Darlegung zum sachlichen Anwendungsbereich des freien Warenverkehrs nach Art. 29 EG-Vertrag (EGV), wie er in der Rechtsprechung des EuGH anerkannt sei (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 11.7.1974, Rs 8/74 – Dassonville -). Entsprechendes gilt nach dem OVG Sachsen auch für die durch den gewerblichen Sammler geltend gemachte Verletzung des freien Wettbewerbs. Die in Art. 81 EG-Vertrag (EGV) genannten Handlungsweisen seien nicht generell, sondern nur dann verboten, wenn sie geeignet seien, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung komme nach ständiger Rechtsprechung des EuGH dabei nur in Betracht, wenn sich anhand einer Gesamtschau aller Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lasse, dass die Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig beeinträchtigt sein können (EuGH, Urteil vom 28.4.1998, Rs C-306/96 – Javico -). Auch hierfür fehle es an einem substantiierten Vortrag des gewerblichen Sammlers.

Der gewerbliche Sammler habe im Übrigen auch deshalb keinen Erfolg, weil er sich zudem kurzfristig entschieden habe, eine eigene PPK-Sammlung im Kreisgebiet durchzuführen, nachdem er den Zuschlag für die kommunale Altpapiersammlung im Rahmen einer Ausschreibung nicht erhalten habe. Mit der PPK-Sammlung bei einzelnen Wohnungsgesellschaften und Grundstückseigentümern unterlaufe der gewerbliche Sammler damit das durchgeführte Ausschreibungsverfahren, an dem er sich selbst – wenn auch erfolglos – beteiligt habe. Zudem sei es ihm nach Treu und Glauben als verwehrt anzusehen, eine wöchentliche kostenfreie Altpapierentsorgung zum Nachteil der öffentlichen Daseinsvorsorge und der berechtigten Interessen der Firma durchzuführen, die im Rahmen der Ausschreibung den Zuschlag erhalten habe und der gewerbliche Sammler das Angebot dieser Firma mit der Begründung abgelehnt habe, eine für den Landkreis kostenfreie PPK-Entsorgung im 2-Wochen-Rhythmus sei nicht wirtschaftlich durchführbar.

Es bleibt abzuwarten, wie die obergerichtliche Rechtsprechung sich fortentwickeln wird (vgl. zu den Beschlüssen des OVG Frankfurt/Odervom 14.10.2004 -Az.: 2 B 122/04 und 2 B 135/05: Mitt. StGB NRW Januar 2005 Nr. 64, S. 25f.).

Az.: II/2 31-02 qu/g

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