Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 202/2006 vom 02.02.2006

Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt zur Abfalleigenschaft von Kompost

Das OVG Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 20.06.2005 (Az: 4/2 L 494/04) zur Frage der Abfalleigenschaft von aus Klärschlamm und anderen Stoffen bestehendem Kompost Stellung genommen. Der aus Klärschlamm und anderen Stoffen hervorgegangene Kompost eines Anlagenbetreibers, welcher für eine Endverwendung in Form der Rekultivierung im Landschaftsbau vorgesehen ist, ist danach regelmäßig kein Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG). Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin betreibt im Gebiet des beklagten Landkreises fünf Kompostanlagen, in denen als Ausgangsmaterialien vor allem Klärschlamm, tierische Nebenprodukte und Grünabfälle Verwendung fanden. Der Kompost war ausschließlich für die Rekultivierung im Landschaftsbau vorgesehen. Er überschritt weder die von der Klärschlammverordnung des Bundes noch die nach der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung geforderten Werte und war mit dem RAL-Gütezeichen (Veredelungsprodukte aus Abwasserschlamm) zertifiziert.

Der betreffende Landkreis als zuständige Aufsichtsbehörde bewertete den Kompost hingegen als Abfall und verfügte, dass die Klägerin für die im Rahmen der Kompostierung bearbeiteten Klärschlämme und für die hergestellten Komposte Nachweise über die Entsorgung von überwachungsbedürftigen Abfällen (vereinfachter Nachweis) zu führen habe und berief sich hierbei auf unterschiedliche Vorschriften des KrW-/AbfG sowie auf § 25 der Nachweisverordnung. Die Überwachungsbedürftigkeit ergebe sich aus § 41 Abs. 1, 3 Nr. 2 KrW-/AbfG in Verbindung mit der Abfall-Schlüsselnummer 19 08 05, weil es sich um Klärschlamm aus der Behandlung von kommunalem Abwasser handele.

Das OVG Sachsen-Anhalt hat sich der Auffassung der Klägerin angeschlossen und entschieden, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Kompost nicht um Abfall handelt. Es fehle dem beklagten Landkreis bereits an einer Eingriffsbefugnis für die Verfügung nach § 21 KrW-/AbfG. Die Klägerin sei keine „Abfallbesitzerin“ und unterliege daher nicht den Pflichten zur Aufbewahrung von Belegen bei Umgang mit Abfällen zur Verwertung.

Zwar sei kommunaler Klärschlamm bei seiner Entstehung in der Abwasserbehandlungsanlage und auch bei der Anlieferung bei der Klägerin „Abfall“ im Sinne des § 3 KrW-/AbfG. Im Hinblick auf die Überwachungsbedürftigkeit sei allerdings die sog. Bestimmungsverordnung für überwachungsbedürftiger Abfälle zur Verwertung, und dort die Abfall-Schlüsselnummer 19 08 05 einschlägig. Im vorliegenden Fall werde der Klärschlamm jedoch in der Anlage der Klägerin „verwertet“. Die Klägerin sei mithin keine Abfallbesitzerin und deshalb auch nicht nachweispflichtig.

Maßgeblich sei der gesetzliche Verwertungsbegriff. Diesbezüglich sei anerkannt, dass das abfallrechtliche Regime ende, wenn eine Verwertung durchgeführt worden sei. Dieses sei gemäß § 4 Abs. 2 KrW-/AbfG immer dann der Fall, wenn Stoffe aus dem Abfall gewonnen würden, welche Rohstoffe ersetzen, weil dieses der Hauptzweck der Maßnahme sei. Der gewonnene Kompost sei vorliegend bereits als verkehrsfähig einzustufen. Er ersetze in der vorgesehenen Verwendung Mutterboden als Rohstoff, der sonst anderweitig hätte entnommen werden müssen. Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe dieser Einordnung nicht entgegen, da sie nur die Ablagerung von Abfällen für den Fall ausschließe, dass kein Rohstoff ersetzt werden solle. Folglich hätte eine nationale Nachweispflicht nur dann bestehen können, wenn der Klärschlamm durch die Kompostierung seine Schädlichkeit nicht verloren hätte. Vorliegend habe der Kompost jedoch die einschlägig geforderten Richtwerte deutlich unterschritten und sei hinsichtlich der Umweltverträglichkeit zertifiziert gewesen. Schließlich lasse der Verwertungsprozess den Kompost auch nicht selbstständig neu als Abfall erscheinen, da die betreffende Anlage keine Abwasser- sondern eine Abfallbehandlungsanlage sei, so dass die Klärschlammverordnung nicht einschlägig sei.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf folgendes hin:

Das OVG Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 20.06.2005 erstmalig zu der Frage Stellung genommen, ob Kompost aus Kompostierungsanlagen noch als Abfall anzusehen ist oder bereits als Produkt eingestuft werden kann. Das Urteil des OVG Sachsen-Anhalt bewegt sich in der bislang bekannten Rechtsprechungslinie des Europäischen Gerichthofes (Urteil vom 19.6.2003 – Az.: C 444/00 – DVBl. 2003, S. 1047) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19.11.1998 – Az.: 7 C 31.97 – Abfall. Praxis 1999, S. 63ff.), wonach die Abfalleigenschaft einer beweglichen Sache dann endet, wenn der Verwertungs- bzw. Beseitigungserfolg eingetreten ist. Das OVG Sachsen-Anhalt sieht in der Herstellung von Kompost den Verwertungserfolg im Hinblick auf den eingesetzten Klärschlamm im Rahmen des Kompostierungsvorganges als gegeben an, so dass der aus der Kompostierung hervorgegangene Kompost als verkehrsfähig und damit als Produkt und nicht als Abfall einzustufen ist. Dieses gilt jedenfalls dann, wenn der erzeugte Kompost die einschlägig geforderten Richtwerte einhält, was in dem entschiedenen Fall gegeben war, weil der Kompost weder die von der Klärschlammverordnung des Bundes noch die nach der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung geforderten Werte überschritten hat und mit dem RAL-Gütezeichen (Veredelungsprodukte aus Abwasserschlamm) zertifiziert war. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, ob Kompost als Produkt oder als Abfall einzuordnen ist, liegt allerdings bislang noch nicht vor.

Az.: II/2 31-02 qu/g

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