Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 568/2001 vom 05.09.2001

Oberverwaltungsgericht NRW zur Verrechnung der Abwasserabgabe

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat mit Urteil vom 13. Dezember 2000 (Az.: 9 A 2055/99) entschieden, daß eine Verrechnung der zu zahlenden Abwasserabgabe mit Kanalbaumaßnahmen dann nicht in Betracht kommt, wenn das in den Kanalleitungen transportierte Abwasser in eine Kläranlage eingeleitet wird, die nicht den anerkannten Regeln der Technik i.S.d. § 18 b Wasserhaushaltsgesetz entspricht. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende Stadt hatte für die von ihr durchgeführten Kanalbaumaßnahmen eine Verrechnung mit der Abwasserabgabe begehrt (§ 10 Abs. 4 Abwasserabgabengesetz). Diese Verrechnung wurde vom Landesumweltamt mit der Begründung abgelehnt, das Abwasser in den gebauten Kanälen werde einer Kläranlage eines Abwasserverbandes zugeführt, welche im Zeitpunkt des Anschlusses der Kanalleitungen nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprach. Vor diesem Hintergrund ergebe sich keine Verminderung der Schadstofffracht. Diese sei aber Voraussetzung für eine Verrechnung der Kanalbau-Investitionen mit der zu zahlenden Abwasserabgabe. Diese Rechtsansicht des Landesumweltamtes wurde sowohl vom OVG NRW (Urteil vom 13.12.2000 , Az.: 9 A 2055/99) als auch vom Bundesverwaltungsgericht (Beschluß vom 06. Mai 2001 - Az.: 9 B 12.01) bestätigt.

Im einzelnen führt das OVG NRW aus:

Voraussetzung für eine Verrechnung von Kanalbaumaßnahmen nach § 10 Abs. 4 Abwasserabgabengesetz sei, daß neben dem Bau einer Zuführungsleitung (Kanalleitung) auch die Kläranlage, in welche das Abwasser eingeleitet wird, den Anforderungen des § 18 b des Wasserhaushaltsgesetzes entspricht oder an diese Anforderungen angepaßt wird. Durch den Bau der Kanäle sei zwar eine Zuführungsleitung zur Kläranlage gebaut worden. Es müsse aber auch die Kläranlage im Zeitpunkt des Anschlusses der neuen Kanäle (i.Sd. der erstmaligen Zuführung von Abwasser) den Anforderungen des § 18 b Wasserhaushaltsgesetz entsprechen oder an diese Anforderungen angepaßt werden. Denn der "Inbetriebnahme" i.S.d. § 10 Abs. 3 Satz 1 Abwasserabgabengesetz entspreche im Falle der Verrechnung nach § 10 Abs. 4 Abwasserabgabengesetz die erstmalige Zuführung des Abwassers zu einer Abwasserbehandlungsanlage und die damit verbundene Minderung der Schadstofffracht.-

Die Kläranlage des Wasserverbandes habe aber im zu entscheidenden Fall im Zeitpunkt des Anschlusses der Kanäle nicht den Anforderungen des § 18 b Wasserhaushaltsgesetz entsprochen. Die Anforderungen des § 18 b Wasserhaushaltsgesetz müßten im maßgeblichen Zeitpunkt des Anschlusses der neu gebauten Kanäle (und damit ungeachtet bestehender Genehmigungen und Erlaubnisse) erfüllt sein. Zwar beschreibe das Abwasserabgabengesetz in § 10 Abs. 4 nicht, was unter den Worten "angepaßt wird" zu verstehen sei. Durch den Wortlaut "angepaßt wird" werde zwar klargestellt, daß die Anpassung im Verrechnungszeitraum noch nicht vollständig durchgeführt sein müsse. Es werde aber deutlich gemacht, daß jedenfalls eine tatsächlich oder rechtlich gesicherte und in absehbarer Zeit erfolgende Anpassung der Abwasseranlage an die Anforderungen des § 18 b Wasserhaushaltsgesetz Voraussetzung für die Verrechnung sei. Ein "irgendwann" der Anpassung genüge also nicht.

Ausreichend wäre – so das OVG NRW - insoweit nur gewesen, wenn mit den notwendigen Baumaßnahmen zur Anpassung der Kläranlage an den technischen Stand des § 18 b Wasserhaushaltsgesetz begonnen worden wäre und damit verrechnungsfähige Aufwendungen entstanden seien oder wenn eine Feststellung der Anpassungspflicht in einem wasserrechtlichen Bescheid (Sanierungsbescheid) existiert hätte. Beides sei nicht der Fall gewesen. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt des Anschlusses der Kanäle an die Kläranlage sei weder mit Baumaßnahmen zur Anpassung der Kläranlage des Abwasserverbandes an die Anforderungen des § 18 b Wasserhaushaltsgesetz begonnen gewesen noch habe im Zeitpunkt des Anschlusses ein wasserrechtlicher Bescheid die Anpassungspflicht festgelegt.

Das OVG NRW sieht auch keinen Anlass dafür, die Regelungen in § 10 Abs. 3 Satz 4 Abwasserabgabengesetz weit auszulegen. Der Gesetzgeber habe bei Abgabenprivilegierung (hier: der Regelung der Voraussetzungen für eine Verrechnung) einen weitreichenden auch von den Gerichten zu respektierenden Gestaltungsspielraum. Danach sei es allein Sache des Gesetzgebers, ggf. Fallgestaltungen wie den zu entscheidenden Fall zusätzlich in die gesetzliche Regelung einzubeziehen.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf folgendes hin:

Die enge Auslegung des Verrechnungstatbestandes in § 10 Abs. 4 Abwasserabgabengesetz führt dazu, daß diejenigen Städte und Gemeinden die im Bereich eines Abwasserverbandes liegen, der die Kläranlagen betreibt, bei dem Bau von Kanälen sorgsam prüfen müssen, ob die Kläranlage, in welcher die Abwässer durch die neu zu bauenden Kanäle eingeleitet werden, den Anforderungen des § 18 b Wasserhaushaltsgesetz entsprechen. Anderenfalls kann nach der Rechtsprechung des OVG NRW und des Bundesverwaltungsgerichtes die Verrechnungsmöglichkeit verloren gehen. Hintergrund hierfür ist, daß die Verrechnung von Investitionen im Abwasserbereich mit der zu zahlenden Abwasserabgabe nach § 10 Abs. 3 Satz 4 Abwasserabgabengesetz zum Gegenstand hat, daß die Abwassersituation sich insgesamt verbessert (Minderung der Schafstofffracht). Dieses ist nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung nicht der Fall, wenn die Kläranlage, in der das Abwasser eingeleitet wird, nicht den anerkannten Regeln der i.S.d. § 18 b Wasserhaushaltsgesetz entspricht. Aus der vorstehend zitierten Rechtsprechung kann daher nur die Schlußfolgerung gezogen werden, daß es sich empfiehlt, den Bau von Kanälen, mit denen Abwässer in Verbandskläranlagen eingeleitet werden, grundsätzlich zeitlich daraufhin abzustimmen, daß die Verbandskläranlage auf jeden Fall den Anforderungen des § 18 b Wasserhaushaltsgesetz entspricht.

Az.: II/2 24-40

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