Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 526/2004 vom 21.06.2004

Oberverwaltungsgericht NRW zur Grundgebühr

Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 30.4.2004 (Az.: 9 A 2714/03) grundlegende Aussagen zur Grundgebühr im Zusammenhang mit der Erhebung der Abwassergebühr getroffen.
<o:p> </o:p>
Nach dem OVG NRW ist es das Wesen der Grundgebühr, die Fixkosten, die unabhängig vom Verbrauch allein durch die Liefer- und Leistungsbereitschaft der öffentlichen Ab wasserentsorgungseinrichtung entstehen, ganz oder zum Teil vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen. Hierbei muss der Satzungsgeber wie bei einer reinen Verbrauchsgebühr nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW auf Bemessungsgrößen abstellen, die sich jedenfalls nach einer pauschalierenden Betrachtung des Zusammenhangs zwischen der Höhe der Gebühren und dem Maß der Inanspruchnahme als noch plausibel rechtfertigen lassen und ggf. sachgerechte Differenzierungen zulassen.
<o:p> </o:p>
Wegen der Verbrauchsunabhängigkeit der Grundgebühr ist Bezugspunkt für das Maß der Inanspruchnahme allerdings lediglich die von der Einrichtung erbrachte Vorhalteleistung der Lieferungs- und Leistungsbereitschaft.
<o:p> </o:p>
Das OVG NRW bestätigt in seinem Beschluss vom 30.4.2004 (Az.: 9 A 2714/03) ein Urteil des VG Münster vom 25.3.2003 (Az.: 7 K 1435/99) und erklärt die Grundgebühr der beklagten Gemeinde für rechtswidrig, weil im Fall dieser Gemeinde die Anschlussnehmer an die öffentliche Abwasseranlage nicht in annähernd gleichem Umfang die Vorhalteleistung in Anspruch nehmen. Das Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen, die mit einer Grundgebühr von 650 DM je Grundstücksanschluss abgedeckt werden sollen, ist nach dem OVG NRW bei den hier betroffenen Gebührenschuldnern so unterschiedlich, dass der erforderliche Zusammenhang zwischen der Höhe der Gebühr und dem Maß der Inanspruchnahme nicht mehr gegeben sei.
<o:p> </o:p>
Eine Rechtfertigung, die Vorhaltekosten auf jeden Grundstücksanschluss gleichmäßig umzulegen, besteht nach dem OVG NRW in dem entschiedenen Fall deshalb nicht, weil ein wesentlicher Teil der Vorhalteleistung nicht jedem Anschluss an die gemeindliche Abwasserentsorgungseinrichtung gleichmäßig zugerechnet werden kann. Denn nur für eine einzige Gebührenschuldnerin würden allein Reinigungskapazitäten von 2.500 Einwohnerwerten vorgehalten. Dieses Volumen entspreche der Kapazität, die für die Entwässerung aller privaten Haushalte über die Kläranlage in einem Ortsteil im Bereich der öffentlichen Einrichtung Abwasserentsorgung prognostiziert worden sei. Die restliche Kapazität des Klärwerks, die auf 6.000 Einwohnerwerte ausgelegt sei, entfiele neben einem geringen Anteil von 300 Einwohnerwerten, der für das Kleingewerbe vorgesehen worden sei, auf die Regenwasserbehandlung und die Behandlung für den inneren Kreislauf, käme also im wesentlichen allen zugute. Sei aber ein nicht unerheblicher Teil der Vorhalteleistung nur einer Gebührenschuldnerin zuzurechnen, der wie die meisten anderen Grundstückseigentümer nur über einen Anschluss verfüge, sei ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) zu bejahen, wenngleich von allen Gebührenschuldnern eine einheitliche Grundgebühr verlangt wird. Daraus folgt nach dem OVG NRW, dass die Annahme des Satzungsgebers, ein Abwasseranschluss eines Grundstücks biete allen Gebührenpflichten einen in etwa identischen Vorteil der Vorhalteleistung, hier nicht als Voraussetzung zugrunde gelegt werden könne. Denn in der dörflich geprägten Gemeinde bestimme sich die Vorhaltung für den prognostizierten Abwasseranfall je Abrechnungseinheit offensichtlich nicht nach der Zahl der Abwasseranschlüsse, sondern maßgeblich nach der mutmaßlichen Dauer und Intensität der Nutzung des Kanalanschlusses.
<o:p> </o:p>
Diese Ungleichbehandlung der Gebührenschuldner bei der Bemessung der Grundgebühr kann nach dem OVG NRW auch nicht mit sachlichen Gesichtspunkten wie den Grundsätzen der Verwaltungspraktikabilität und Pauschalierung (sog. Grundsatz der Typengerechtigkeit) gerechtfertigt werden. Zwar sei es dem Satzungsgeber bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Maßstabsregelungen grundsätzlich gestattet, an die Regelfälle des Sachbereichs anzuknüpfen und die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht zu lassen, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Einzelfälle dem Falltyp (Regelfall) widersprechen, auf den die Maßstabsregelung zugeschnitten sei. Zusätzlich müssten die Auswirkungen auf die Betroffenen nicht erheblich seien und Schwierigkeiten – insbesondere verwaltungspraktischer Art – bestehen, die Härten zu vermeiden.
<o:p> </o:p>
Diese Voraussetzungen lägen bei der beklagten Gemeinde nicht vor. 35,67 % der gesamten kalkulierten Vorhalteleistungen entfielen hier auf das Klärwerk, welches in großem Umfang von einer Gebührenschuldnerin benutzt werde. Da dieses Klärwerk im wesentlichen zur Hälfte für nur eine Gebührenschuldnerin vorgehalten werde, entfielen auf diese somit fast 18 % der gesamten Vorhaltekosten, während die restlichen gut 82 % auf 2.149 weitere Anschlüsse entfielen, d.h., auf jeden einzelnen sonstigen Anschluss nur ca. 0,04 %. Auch wenn der Satzungsgeber mit der Grundgebühr von 650 DM nicht die gesamten kalkulierten Vorhaltekosten zu 100 %, sondern nur 95,94 % der gesamten Vorhaltekosten über die Grundgebühr verteilt habe, betrage der von allen zu tragende Anteil der Vorhaltekosten, der nur auf eine einzige Gebührenschuldnerin entfällt, immer noch ca. 14 %. Dieser Anteil der Vorhaltekosten für eine einzige Gebührenschuldnerin sei damit so hoch, dass die Umlegung dieser Kosten auf alle Gebührenschuldner nicht unerheblich sei.
<o:p> </o:p>
Ergänzend weist die Geschäftsstelle auf folgendes hin:
<o:p> </o:p>
Durch den Beschluss des OVG NRW vom 30.04.2004 (Az.: 9 A 2714/03) wird grundsätzlich anerkannt, dass im Rahmen der Erhebung der Abwassergebühr eine Grundgebühr erhoben werden kann, mit welcher abwassermengenunabhängige ( fixe) Kosten auf die gebührenpflichtigen Benutzer verteilt werden können. Eine Umlage von 95,94 % der gesamten Fixkosten pro Grundstücksanschluss ist aber dann nach dem OVG NRW nicht mehr gerechtfertigt und stellt einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) aller gebührenpflichtigen Benutzer dar, wenn eine einzige gebührenpflichtige Benutzerin der gemeindlichen Abwasserentsorgungseinrichtung 14 % der Fixkosten (Vorhaltekosten) allein durch ihre Ableitung von Abwasser in die gemeindliche Abwasserentsorgungseinrichtung verursacht.
<o:p> </o:p>

Az.: II2 24-21

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search