Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 47/2002 vom 05.01.2002

Oberverwaltungsgericht NRW zur Geschossigkeit beim Beitrag

Das OVG NRW hat mit Urteil vom 28.08.2001 (15 A 465/99) in einem Fall zum Straßenbaubeitragsrecht entschieden, daß eine satzungsrechtliche Verteilungsregelung nicht eingreift, nach welcher dann, wenn wegen der Besonderheiten eines Bauwerks eine Geschosszahl nicht feststellbar ist, eine bestimmte fiktive Geschosszahl nach der Höhe des Bauwerks anzusetzen ist. Dieses gilt z.B. für gewerblich genutzte Hallen, die allein auf eine Ebene genutzt werden. Das OVG führt hierzu im wesentlichen aus:

Eine Satzungsregelung, wonach dann, wenn eine Geschosszahl wegen der Besonderheiten des Bauwerks nicht feststellbar ist, je angefangene 2,8 m Höhe des Bauwerks ein Vollgeschoß angesetzt wird, ist nicht zulässig. Ein Vollgeschoß wird durch die Räume auf der gleichen Ebene einschließlich der darüber liegenden Decke gebildet. Das Wesen der Mehrgeschossigkeit liegt also darin, daß Räume übereinander errichtet worden sind, so daß die benutzbare Fläche des Gebäudes bei gleicher überbauter Fläche vergrößert wird. Darin liegt auch der beitragsrechtlichrelevante Kern, der es rechtfertigt, in der Verteilung einen Geschoß-Zuschlag in Abhängigkeit von der Geschossigkeit vorzunehmen. Denn nach § 8 Abs. 6 Satz 1 KAG NRW sind Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen. Der wirtschaftliche Vorteile besteht darin, daß dem Eigentümer eines Grundstücks durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage Gebrauchsvorteile gewährt werden, die den Gebrauchswert des Grundstückes steigern (vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluß vom 25.02.2000, Az.: 15 A 3495/96 - NVWZ-RR 2000, S. 825 f). Bei einem durch hohe Geschossigkeit intensiver genutzten Grundstück liegt – so das OVG NRW - die durch den Ausbau vermittelte Gebrauchswertsteigerung höher als bei einem weniger intensiv genutzten Grundstück. Allerdings ist nach dem OVG NRW eine auf die Geschossigkeit abstellende Verteilungsregelung regelmäßig dahin zu verstehen, daß Geschosse über der Geländeoberfläche gemeint sind (vgl. § 2 Abs. 6 Bauordnung NRW). Im Gegensatz zu diesen Geschossen stellten Kellergeschosse nämlich regelmäßig kein Indiz für eine intensivere Nutzung des Grundstücks dar, die einen Geschoß-Zuschlag rechtfertigen.

Insgesamt ergibt sich daraus – so das OVG NRW -, daß allein die besondere Höhe eines Gebäudes grundsätzlich kein maßgeblicher Umstand für die Anwendung eines Geschoß-Zuschlags ist. Vielmehr kann ausnahmsweise eine Regelung, wonach auf die fiktive Geschoßzahl abgestellt wird nur dort eingreifen, wo eine besondere architektonische Gestaltung eines Gebäudes die Feststellbarkeit seiner Geschossigkeit und damit den beitragsrechtlichrelevanten Umstand einer intensiveren Nutzung durch Vergrößerung der Nutzfläche infolge übereinandergesetzte Räume hindere (vgl. OVG NRW, Urt. 25.05.1992 - 2 A 1645/90 -, KStZ 1992, S. 1996 - Verneinung der Anwendbarkeit der Ausnahmevorschrift für eine Kirche).

Im vorliegenden Fall – so das OVG NRW - sei ohnehin die tatsächliche Geschossigkeit des mit der Halle bebauten Grundstücks feststellbar. Die Halle als solche weise ein Geschoss im Sinne des Beitragsrechts aus. Das Sockelgeschoss sei kein Geschoss über der Geländeoberfläche und damit kein beitragsrechtlich mitzuzählendes Geschoss, da es nicht mehr als 1,6 m über die Geländeoberfläche hinausrage. Allerdings sei innerhalb der Halle ein zweigeschossiger Sozial- und Verwaltungstrakt errichtet worden, der der Geschossigkeit des Grundstücks zugrunde zu legen sei. Dabei sei es unerheblich, daß nicht das gesamte Grundstück in dieser Weise zweigeschossig bebaut sei, da es für den Geschoß-Zuschlag nach der Satzung der beklagten Gemeinde nicht auf die Geschossigkeit der Gebäude auf einzelnen Grundstücksteilen, sondern auf die Geschossigkeit auf dem Grundstück ankomme, so daß Gebäude mit der höchsten Geschossigkeit auf dem Grundstück für den Geschoß-Zuschlag hinsichtlich des gesamten Grundstückes entscheidend sei. Dieses sei rechtlich unbedenklich (vgl. OVG NRW, Beschluß vom 25.02.2000 - 15 A 3495/96, S. 6 des Amtlichen Umdrucks).

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, daß das Urteil des OVG NRW vom 28.08.2001 (Az.: 15 A 465/99) zwar zum Straßenbaubeitragsrecht ergangen ist. Die vom OVG NRW entschiedenen Grundsätze gelten aber gleichermaßen für das Kanalanschlußbeitragsrecht. Hieraus ist die Schlußfolgerung zu ziehen, daß die Regelung in § 15 Abs. 5 Buchstabe Satz 2 der Muster-Beitrags- und Gebührensatzung (Stand: 01.09.1999) nach dem OVG NRW nicht zulässig ist. In § 15 Abs. 5 Buchstabe b Satz 2 der Muster-Beitrags- und Gebührensatzung ist folgendes bestimmt: "Besteht ein Bauwerk nur aus einem Vollgeschß (z.B. eine Hochregal-Lagerhalle oder andere eingeschossige gewerblich oder industriell genutzte Werkhallen mit großen Geschoßhöhen), sowird auf der Grundlage der Gebäudehöhe pro angefangene ..... m ein Vollgeschoß zugrundegelegt, um die mit der Höhe des Bauwerks gesteigerte bauliche Ausnutzbarkeit des Grundstücks entsprechend des größeren wirtschaftlichen Vorteils angemessen zu berücksichtigen." Diese Regelung ist nach dem Urteil des OVG NRW vom 28.08.2001 (Az.: 15 A 465/99) nicht möglich, weil auf die tatsächliche Geschoßzahl abzustellen ist. Die Regelung in § 15 Abs. 5 Buchstabe Satz 2 der Muster-Beitrags- und Gebührensatzung (Stand: 01.09.1999) wird daher aus der Muster-Beitrags- und Gebührensatzung ersatzlos gestrichen. Das OVG NRW folgt damit offensichtlich nicht dem VG Arnsberg (Urteil vom 15.07.1999, Az.: 5 K 3910/95; siehe auch Fußnote 26 der Muster-Beitrags- und Gebührensatzung), wonach der Ermessensspielraum der Gemeinde auch umfaßt, eine satzungsrechtliche Regelung zu schaffen, nach der eingeschossige gewerblich oder industriell genutzte Werkhallen mit großen Geschoßhöhen durch eine "Umrechnungsformel" wie zwei-(oder mehrgeschossige) Gebäude behandelt werden.

Az.: II/2 24-22 qu/g

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