Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 389/2007 vom 22.05.2007

Oberverwaltungsgericht NRW zur Befreiung von einer Einleitungsbedingung

Das OVG NRW hat sich in einem Urteil vom 20.03.2007 (Az. 15 A 69/05) mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine Stadt einer Anschlussnehmerin eine Befreiung von Einleitungsbedingungen erteilen muss. Die Klägerin beantragte bei der Stadt eine Befreiung von den Begrenzungen für den CSB-Grenzwert dahin, dass sie einen durchschnittlichen CSB-Wert von 5000 mg/l bei der Einleitung ausnutzen dürfe. Dieses lehnte die beklagte Stadt ab, weil sie einen Grenzwert von 1000 mg/l in der Satzung geregelt hatte. Nach § 7 der Abwasserbeseitigungssatzung der beklagten Gemeinde konnte eine Befreiung unter anderem von den genannten Anforderungen erteilt werden, wenn sich anderenfalls eine nicht beabsichtigte Härte für den Verpflichteten (Anschlussnehmer) ergibt und Gründe des Wohls der Allgemeinheit der Befreiung nicht entgegen stehen.

Nach dem OVG NRW muss die beklagte Gemeinde nunmehr erneut prüfen, ob eine Befreiung zu erteilen ist. Der Klägerin wird – so das OVG – grundsätzlich eine Härte auferlegt, in dem ihr das satzungsrechtlich grundsätzlich gewährte Benutzungsrecht in Form der ungeklärten Einleitung von Abwasser in die städtische Kanalisation durch die satzungsrechtliche Einschränkung hinsichtlich des CSB-Wertes genommen und sie damit gezwungen wird, ihr Abwasser in einer eigenen Abwasserbehandlungsanlage vorbehandeln zu müssen. Die Notwendigkeit des Baus einer Abwasserbehandlungsanlage stellt allein schon wegen der Errichtungskosten eine Härte dar. Ob eine Härte auch bejaht werden kann, wenn – wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptet hat – die Gesamtzuckerfracht im Jahr nur etwa 100 kg beträgt und damit statt einer kostspieligen Vorbehandlungsanlage auch eine kostengünstige Vergleichmäßigung des Abwasserzulaufs in Betracht kommt, muss die Klägerin nach dem OVG NRW für die erneute Bescheidung im Rahmen ihrer Mitwirkungsobliegenheit schlüssig und nachprüfbar gegenüber der beklagten Gemeinde darzustellen.

Nach dem OVG NRW ist die – hier unterstellte Härte – auch nicht beabsichtigt, weil der von der beklagten Gemeinde genannte Grund für die Aufrechterhaltung des Einleitungsverbots (erhöhte Kosten des Betriebs der Kläranlage) nicht vom Normzweck des Einleitungsverbots gedeckt ist. Mit dem Betrieb der Kläranlage kommt die Stadt ihrer Abwasserbeseitigungspflicht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 LWG NRW nach. Danach haben die Gemeinden – so das OVG NRW - das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser zu beseitigen, und zwar grundsätzlich alles Abwasser, es sei denn, dass Wasserrecht trifft hinsichtlich der Beseitigungspflicht eine andere Regelung. Korrespondierend ist der Benutzungsberechtigte des Grundstücks gemäß § 53 Abs. 1 c Satz 1 LWG NRW verpflichtet, der Gemeinde das Abwasser zu überlassen. Eine andere Verteilung der Abwasserbeseitigungspflicht könnte nach dem OVG NRW hier möglicherweise nach § 53 Abs. 5 LWG NRW herbeigeführt werden, wenn das Abwasser aus dem gewerblichen Betrieb zur gemeinsamen Behandlung in einer öffentlichen Abwasseranlage ungeeignet ist oder zweckmäßiger getrennt beseitigt wird. Dieses mache die beklagte Gemeinde aber nicht geltend. Erst recht habe sie keinen Antrag auf Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht gestellt. Die Beseitigung des klägerischen Abwassers in der städtischen Kläranlage ist – so das OVG NRW - nach dem Vortrag der Gemeinde möglich, verursacht jedoch höhere Betriebskosten. Damit bestehe die Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinde auch hinsichtlich des Abwassers der Klägerin. Diese Pflicht begründet zwar keinen Erfüllungsanspruch privater Dritter und damit auch nicht für die Klägerin (vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.11.1994 – Az. 22 A 2466/93 -, NWVWl 1995, Seite 138). Gleichwohl beeinflusse das Wasserrecht die Auslegung des Begriffs der nicht beabsichtigten Härte in der Befreiungsregelung der Abwasserbeseitigungssatzung. Das der Betrieb von Abwasseranlagen Geld koste, lege auch das Wasserrecht zugrunde. In § 53 c LWG NRW werde die Finanzierung der Abwasserbeseitigung durch Erhebung von Benutzungsgebühren geregelt. Weder die Stadt noch die sonstigen Gebührenzahler müssten etwa durch die unvorbehandelte Einleitung der Klägerin höheren Betriebskosten, die nicht mit dem ohnehin von der Klägerin zu zahlenden Gebühr abgedeckt sind, tragen. Eine solche Erhöhung der Betriebskosten berechtige die Stadt alleine, diese durch eine entsprechende Gebührengestaltung gegenüber der Klägerin auszugleichen, nicht aber die Klägerin von der Benutzung auszuschließen. Daraus ergebe sich, dass die Erhöhung der Betriebskosten durch die Einleitung der Klägerin kein maßgeblicher Gesichtspunkt sein könne, das mit dem Grenzwert ausgesprochene Benutzungsverbot auch im Rahmen der Härtefallregelung aufrecht zu erhalten.

Auch aus abgabenrechtlichen Gründen sei – so das OVG NRW - die Ablehnung der Ausnahmegenehmigung rechtswidrig. Abgaben dürften nur aufgrund einer Satzung erhoben werden (§ 2 Abs. 1 Satz KAG NRW). Hier versuche die beklagte Gemeinde, das Gebot eine gebührensatzungsrechtliche Regelung zu schaffen dadurch zu umgehen, dass sie die Gewährung einer Befreiung vom Einleitungsverbot in unzulässiger Weise mit der Zahlung einer satzungsrechtlich nicht vorgesehenen Abgabe (Starkverschmutzer-Zuschlag) verkoppelt. Diese Motivation ergibt sich nach dem OVG NRW auch aus der Begründung des angegriffenen Bescheides selbst, wo mehrfach als Grund für die ablehnende Befreiung die fehlende Bereitschaft der Klägerin angesprochen wird, einen Starkverschmutzer-Zuschlag zu leisten. Das Recht der Gemeinde, Einleitungen bestimmter Abwässer in die öffentliche Kanalisation zu untersagen, bezweckt nach dem OVG NRW aber nicht, auf dem Weg der Gewährung einer Befreiung vom Einleitungsverbot die Zahlung nicht geschuldeter Abgaben (hier: Starkverschmutzer-Zuschlag) erzwingen zu können. Aus der gebotenen Abdeckung der möglichen Erhöhung der Betriebskosten durch eine entsprechende Gebührenregelung (Starkverschmutzer-Zuschlag) ergibt sich nach dem OVG NRW weiter, dass auch kein Grund des Wohls der Allgemeinheit der Befreiung entgegen gehalten werden kann. Vor diesem Hintergrund sah das OVG NRW die beklagten Gemeinde als verpflichtet an, im Rahmen ihres Ermessens unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin im Berufungsverfahren nach sachlich gerechtfertigten Gesichtspunkten erneut darüber zu entscheiden, ob die beantragte Befreiung ganz oder teilweise erteilt und ggfs. mit Nebenbestimmungen erteilt werden kann.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, dass das Urteil des OVG NRW nicht bedeutet, dass zukünftig keine Fettabscheider, Leichtflüssigkeitsabscheider und dergleichen auf den Grundstücken der Anschlussnehmer von der Gemeinde eingefordert werden können, weil sich der entschiedene Fall lediglich auf den CSB-Wert bezog und CSB in einer Kläranlage grundsätzlich – wenn auch unter erheblich erhöhten Kosten – abgebaut werden kann. Die Gemeinde kann mithin – wie es das OVG NRW auch ausgeführt hat – Benutzungsbedingungen nach wie vor in der Abwasserbeseitigungssatzung regeln, die verhindern, dass die Funktionstüchtigkeit der öffentlichen Abwasseranlage beeinträchtigt wird.

Az.: II/2 24-30 qu/ko

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